Neue Stiftung | Gründung der «Fondation Léonard Gianadda Mécénat»
«Das letzte Hemd hat keine Taschen»

Léonard Gianadda will, dass sein Mäzenatentum in seinem Sinn weitergeführt wird.
Foto: Thomas Andenmatten
MARTINACH | Léonard Gianadda hat eine neue Stiftung gegründet. Anlässlich seines 84. Geburtstags rief er die «Fondation Léonard Gianadda Mécénat» ins Leben. Am Mittwoch stellte er die Stiftung und ihren Zweck einem kleinen Kreis Medienschaffender vor.
«Reich zu sterben, ist dumm», sagte Léonard Gianadda anlässlich einer Medienorientierung im Skulpturengarten der Fondation Pierre Gianadda. Diese Worte kamen aus dem Mund eines Philanthropen, der in den letzten 40 Jahren rund 110 Millionen Franken in lokale Projekte mit sozialem oder kulturellem Hintergrund gesteckt hat. Die Stiftung «Fondation Léonard Gianadda Mécénat» ist bereits die dritte, die von ihm ins Leben gerufen wurde. «Mein ganzes Vermögen, das nach der grosszügigen Berücksichtigung meiner Kinder noch vorhanden gewesen ist, fliesst in diese Stiftung.» Wie viel das ist, wollte er nicht benennen. Er sagte dazu nur so viel: «Es ist sehr, sehr, sehr viel Geld.» Er besitze nun ausser zwei Bildern, die einen emotionalen Wert für ihn hätten, rein gar nichts mehr. «Nicht einmal die Wohnung, in der ich lebe, gehört noch mir», sagte Gianadda.
In seinem Sinn weiterführen
Stiftungszweck sei es, das Mäzenat weiterzuführen. Léonard Gianadda will damit sicherstellen, dass auch nach seinem Ableben seine uneigennützigen Unterstützungen eine Fortsetzung finden. Was für ihn das Mäzenatentum charakterisiere, bezeichnete Léonard Gianadda so: «Es ist in erster Linie eine Form von Altruismus. Man muss seine Interessen, seinen Geschmack, seine Freuden mit seinem Umfeld, aber auch mit jenen teilen wollen, die nicht die gleichen Möglichkeiten haben.»
Die neu gegründete Stiftung soll die Bestrebungen Gianaddas in seinem Geist fortsetzen. Dabei soll die gleiche Linie, Logik und Philosophie eingehalten werden, wie sie von Léonard Gianadda vorgegeben wurde. Neun Personen sind Mitglieder des Stiftungsrats – Vertrauenspersonen und langjährige Mitarbeitende. Sie sind mit der Verwaltung der Stiftung und der Verteilung der Gelder betraut. Léonard Gianadda ist Präsident. Das Mäzenat kann Bereiche wie Kultur, Soziales, Karitatives, Technologie, Sport oder andere umfassen. Im Prinzip sollte es sich dabei um lokale oder regionale Objekte oder Projekte handeln, aber globale sind nicht ausgeschlossen. Léonard Gianadda wusste zu seinem Engagement im Ausland eine Anekdote zu erzählen. Er pflege gute Kontakte zur Stadt Domodossola und sei sogar Ehrenburger. Deshalb spendete er der Gemeinde 50 000 Euro, um einen Platz mit einem Brunnen zu sanieren. Bei der Einweihung des Platzes sah Gianadda, dass die Fassade der anliegenden Kapelle renovationsbedürftig war. Er sprach den Gemeindepräsidenten darauf an und bat ihn, ihm eine Offerte zukommen zu lassen. Daraufhin spendete Gianadda 150 000 Euro für die Renovation der Fassade. Bei der Feierlichkeit zur Beendung der Arbeiten stellte Gianadda fest, dass nur drei Seiten renoviert wurden. «Für die vierte Seite reichte das Geld nicht mehr», erklärte der Sindaco. Also schickte Gianadda weitere 50 000 Franken nach Oberitalien. «Als mich der Pfarrer bei der Einweihung fragte, ob ich mir den Innenraum der Kapelle ansehen möchte, sagte ich: Nein! Nein! Lieber nicht!», erzählte Gianadda und lachte.
Teilen als grösster Reichtum
Die erste Stiftung, die Léonard Gianadda ins Leben rief, war die Fondation Pierre Gianadda. Léonard Gianadda sagt darüber: «Während 15 Jahren habe ich intensiv als Ingenieur gearbeitet und dabei gutes Geld verdient. Im Jahr 1975 wollte ich in Martinach eine neue Immobilie bauen. Beim Aushub stiessen wir auf Überreste eines galloromanischen Tempels. Obwohl ich die Bewilligung hatte, weiterzubauen, wollte ich den Tempel nicht zerstören. Als mein Bruder Pierre im Jahr 1976 bei einem Flugzeugunfall verstarb, beschloss ich, eine Stiftung mit seinem Namen zu gründen und die Überreste des Tempels zu erhalten.» Die Fondation Pierre Gianadda wurde über den Ruinen des Tempels gebaut. Die Räumlichkeiten beherbergen aber auch Kunstausstellungen und Konzerte von höchster Qualität. Die Werke der ganz grossen Namen wie van Gogh, Cézanne, Rodin, Picasso und viele andere mehr lockten in den letzten 41 Jahren über zehn Millionen Besucher nach Martinach. Im Garten der Fondation Gianadda errichtete Léonard Gianadda einen Skulpturengarten, wie er seinesgleichen sucht.
Uneigennützige Unterstützung
2009 gründete der Humanist die zweite Stiftung, die «Fondation Annette et Léonard Gianadda». Stiftungszweck ist das soziale Engagement. Gianadda zeigte sich immer schon sensibel für soziale Fragen. Um sein Engagement macht er jedoch wenig Aufhebens. «Das letzte Hemd hat keine Taschen», sagt er dazu. «Ich praktiziere den Sozialismus und sehe im Teilen den grössten Reichtum.»
Nathalie Benelli
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