Konkurs | Lieferanten eines Zermatter Restaurants warten auf Zahlungen. Sie sind nicht die Einzigen
Sébastien B. hat erneut zugeschlagen
Nichts gesehen, nichts gesagt. Im Dorf habe man von Beginn an Zweifel an Sébastien B. gehegt.
Foto: Symbolbild Keystone
Zermatt | Ein Restaurant in Zermatt ist pleite. Eigentlich nichts Besonderes, wenn das Ganze nicht System hätte und für viele im Dorf absehbar war. Der Eigentümer-Familie steht eine schwierige Zeit bevor.
Die Meldung machte im Matterhorndorf unter den Einheimischen und in Gastronomen-kreisen schnell die Runde: Ein erst vor wenigen Jahren renoviertes Restaurant an zentraler Lage ist pleite. Der Betrieb durch das Konkursamt amtlich versiegelt. Feierabend.
Zulieferer blieben auf ihren Rechnungen sitzen, auch Handwerker, die an den Umbauarbeiten beteiligt waren, warten noch auf Zahlungen. Die Angestellten beklagen, sie hätten seit geraumer Zeit keinen Lohn mehr erhalten. Der «Walliser Bote» hat mit mehreren Akteuren, die auf irgendeine Art und Weise geschäftlich mit dem Betrieb zu tun hatten, gesprochen. Der Grundtenor: Im Nachhinein sei man zwar immer schlauer, aber im Dorf habe es bereits von Beginn an Zweifel gegeben, als der Eigentümer seinen neuen starken Mann vorstellte. Und die Zweifel waren begründet.
Sébastien B. heisst der junge Mann, sportlich, charismatisch, einnehmend. «Als der Umbau fertig war und das Restaurant eröffnet wurde, war der plötzlich da», erinnert sich ein Zermatter Gastronom, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Der Name Sébastien B. stand im Frühjahr 2016 sehr oft in den Westschweizer Medien. Der junge Mann aus Sitten, in normalen Verhältnissen aufgewachsen, wird beschuldigt, eine beträchtliche Anzahl an Leuten um ihr Geld gebracht zu haben. Er trat als Vermögensverwalter auf, gab sich als Investor einer Start-up-Firma aus, war in der Wein-Szene bewandert. Das Verfahren gegen ihn ist immer noch offen. Kein Wunder: Gemäss WB-Informationen klagen Dutzende Parteien gegen Sébastien B. Wie die Westschweizer Zeitung «Le Temps» damals berichtete, soll er allein zwei Familien um jeweils gut zehn Millionen Franken erleichtert haben. Eine davon aus dem Zentralwallis, die aber ursprünglich auch aus Zermatt stammt. Ob Sébastien B. durch diesen Kontakt seinen Weg ins Matterhorndorf fand? Die Eigentümerfamilie, total perplex durch die Ereignisse in den letzten Tagen und Wochen, wollte sich gestern auf Anfrage nicht zum Fall äussern. Fakt ist: Bereits im Sommer 2015 sass B. wegen der Vorwürfe sechs Monate lang in Untersuchungshaft. Bereits damals kündigte die Staatsanwaltschaft in den Medien an, dass die Ermittlungen wohl «sehr lange» dauern dürften.
Sébastien B. ist der Verkäufer-Typ, der einem Eskimo eine Kühltruhe verkaufen würde. Dieser Eindruck entsteht, wenn man mit ihm spricht. Es gehe ja lediglich um eine Rechnung von gut 5000 Franken, die nicht bezahlt wurde, sagt er. Also, es seien noch mehr Rechnungen offen, aber die eine Rechnung sei der Auslöser für das Konkursverfahren gewesen. Aber er, so sagt er, sei gerade dabei, einen Käufer zu präsentieren, der dann das Ganze übernehmen würde. Also, zumindest habe er einen Kontakt hergestellt mit einem potenziellen Käufer, sagt Sébastien B., der schnell spricht und sich dann oft wieder selbst korrigiert. Gut möglich, dass der Betrieb bereits nächste Woche wieder aufmache, sagt er. Man solle doch erst dann einen Artikel hierzu verfassen. «Nun denken Sie doch an das Image von Zermatt, das ja sonst leiden würde.» Diese Sorgen von Sébastien B. sind wohl unbegründet. Die Eigentümerfamilie, die nun vor einem Scherbenhaufen steht, hat er im Gespräch hingegen nicht einmal erwähnt.
David Biner








Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar