Tourismus | Bellwald befindet über 3-Millionen-Kredit für Seilbahnverbindung Fiesch-Bellwald
«Die Bahnverbindung wäre unsere Lebensversicherung»

Ambitioniert. Martin Bittel, Gemeindepräsident von Bellwald, hofft, dass die Bahn bis Ende 2020 gebaut werden kann.
Foto: Walliser Bote
Bellwald | Der Gemeinderat von Bellwald hat grosse Ambitionen. In nicht einmal zwei Jahren möchte er mit einer Seilbahnverbindung von Fiesch nach Bellwald den Anschluss an den ÖV-Hub, der derzeit in Fiesch entsteht, schaffen. Die Urversammlung stimmt heute über den dafür notwendigen Kredit ab.
Es ist ein überstrapazierter Begriff: Überall dort, wo grössere Seilbahnprojekte anstehen, sprechen die Verantwortlichen geradezu inflationär von einem «Jahrhundertprojekt». Nicht so Martin Bittel, Gemeindepräsident von Bellwald. Gerade in Bellwald würde der Begriff aber zutreffen – vermutlich mehr als andernorts.
Wer von Jahrhundertprojekten spricht, will bei seinen Adressaten den Pioniergeist wecken. Will sie für etwas Aussergewöhnliches, ein Abenteuer begeistern. In Bellwald aber ist die Dramaturgie eine andere. Bittel kämpft gegen die grosse Abwanderung im Ort. Und gegen das Abdriften in die touristische Bedeutungslosigkeit. Das benachbarte Aletschplateau hat sich durch die Fusion der Bahnen und mit dem aktuellen Bau des ÖV-Hubs in Fiesch in eine hervorragende Ausgangslage gebracht. Mit einer Seilbahnverbindung von Fiesch nach Bellwald will Bittel verhindern, dass sein Dorf den Anschluss verpasst. Ohne werde es sehr schwierig, ist er überzeugt. «Die Bahnverbindung wäre unsere Lebensversicherung», bringt er es auf den Punkt.
Jetzt oder nie?
Die neue Verbindung wäre auch der Ersatzbau für die Luftseilbahn Fürgangen-Bellwald (LFB). Obwohl deren Betriebskonzession noch bis 2032 läuft, scheint die Ausgangslage für den Neubau günstig wie nie. Da der Bahnhof in Fürgangen gegenwärtig nicht behindertengerecht ist, müsste die MGBahn diesen bis 2023 umbauen. Eine neue Seilbahn Fiesch-Bellwald würde diesen Umbau jedoch überflüssig machen.
Dazu weht auch aus politischer Sicht ein günstiger Wind. Denn die LFB stammt aus dem Jahr 1956 und entspricht den damaligen lokalen Gegebenheiten und Bedürfnissen, wie sich Stefan Burgener, Sektionschef Verkehr bei der kantonalen Dienststelle für Mobilität, vergangenes Jahr im WB äusserte. In den über 60 Jahren, die seither verstrichen sind, hätten sich diese örtlichen Verhältnisse, der Tourismus und die Mobilität jedoch stark verändert. Der Kanton hat sich deshalb mündlich zum Projekt bekannt. Positive Signale kämen auch vonseiten des Bundesamts für Verkehr (BAV), so Bittel.
Kreditbeschluss der Urversammlung
Doch es herrscht Zeitdruck. Sei es, weil die MGBahn ansonsten mit der Planung des Bahnhofumbaus beginnen müsste, aber auch weil die Talstation auf dem geplanten Gebäudekomplex vis-à-vis des ÖV-Hubs zu stehen käme. Mit einer Gondelbahn auf dem Dach müsste dieses Gebäude verständlicherweise etwas umgeplant werden. Damit die Gemeinde beim vorgesehenen Zeitplan nicht ins Hintertreffen gerät, lässt sie die Bevölkerung bereits an der Urversammlung von heute Abend über den Kreditbeschluss im Umfang von drei Millionen abstimmen. Bei einem Ja stehen die Gelder zur Verfügung, die für die weiteren Abklärungen nötig sind. Und mit dem Kreditbeschluss würde die Urversammlung auch den Finanzierungsanteil der Gemeinde sprechen, der sich auf gut 2,9 Millionen belaufen soll.
Bittel geht davon aus, dass der Beschluss eine hohe Zustimmung erfahren wird. Bei der letzten Abstimmung zum Seilbahnprojekt seien über 90 Prozent dafür gewesen. In Anbetracht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1700 Franken sei das Projekt für die Gemeinde absolut finanzierbar, so der Gemeindepräsident. Damit trägt die Gemeinde 15 Prozent der Gesamtkosten. Die geplante 10er-Gondelbahn kostet gemäss einer aktuellen Schätzung des Ingenieurbüros Schmidhalter Partner Ingenieure AG 19,5 Millionen Franken – inklusive einer halben Million für Unvorhergesehenes. Die Hälfte, also 9,75 Millionen, soll aus dem Bahninfrastrukturfonds FABI (Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur) kommen, die übrigen rund 6,8 Millionen vom Kanton. «Beim BAV sagt man grundsätzlich Ja zu einer Finanzierung über den FABI-Topf», sagt Bittel.
Folgekosten als Sorge
«Die Investition ist aber nur der eine Teil. Auch die Folgekosten müssen gedeckt sein», nennt Bittel seine derzeit grösste Sorge. Aufgrund der Erschliessungsfunktion der Seilbahn beteiligen sich Bund und Kanton gegenwärtig mit 420 000 Franken pro Jahr am Betrieb der LFB. «Für die 10er-Gondelbahn brauchen wir aber quasi den doppelten Betrag, damit wir sie kostendeckend betreiben können», sagt der Gemeindepräsident. Am 3. April steht eine Sitzung mit dem BAV an, an der Bittel die Zuständigen beim Bund von der höheren Abgeltung überzeugen will: «Wir hoffen auf ein klares Zeichen aus Bern.»
Martin Schmidt
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