Spitex | APH Englischgruss reicht Verwaltungsbeschwerde ein
Kanton verwehrt Altersheim eigene Spitex

Zuversichtlich. Heimleiter Daniel Kalbermatten (links) und Stiftungsratspräsident Christian Perrig denken nicht, dass die Argumente des kantonalen Gesundheitsamts stichhaltig sind.
Foto: Walliser Bote
Das Gliser Altersheim «englischgruss – leben im alter» würde gerne einen eigenen Spitex-Dienst anbieten. Der Kanton verweigert dafür allerdings die Bewilligung – nun könnte der Fall vor Kantonsgericht landen.
Das Alters- und Pflegeheim (APH) Englischgruss hat sich entschieden. Seine Pflegedienstleistungen möchte es nicht nur im Hause selbst anbieten, sondern mittels einer privaten Spitex auch in der Region. Dies entspreche denn auch einem Bedürfnis, wie Heimleiter Daniel Kalbermatten erklärt. «Im Gespräch mit Senioren haben wir bemerkt, dass sich viele einen zentralen Dienstleister wünschen, der sie sowohl ambulant (per Spitex) als auch stationär (im APH) betreuen kann und sie so während des gesamten Prozesses begleitet.»
Ermutigt fühlte sich das APH Englischgruss auch durch den kantonalen Bericht zur Langzeitpflegeplanung 2016–2020. Darin ist unter anderem das Ziel definiert, dass pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich zu Hause wohnen sollen. Was dementsprechend nach einem Ausbau der Spitex verlangt. Stiftungsratspräsident Christian Perrig dazu: «Das, was der Staatsrat in seiner Langzeitpflegeplanung vorschlägt, lässt sich am besten umsetzen, indem ein Altersheim einen Spitex-Dienst anbietet. Damit wüsste man genau, wann der Zeitpunkt da ist, um ins Altersheim zu ziehen.» Zudem, sagt Heimleiter Kalbermatten, wolle man den Senioren auch eine Wahlmöglichkeit zwischen der öffentlichen, vom sozialmedizinischen Zentrum angebotenen Spitex und privaten Dienstleistern anbieten. «Es sollte einen Markt geben, auf dem man sich positionieren kann.»
Wer ist besser geeignet als wir?
Erste Kontaktaufnahmen mit dem Departement für Gesundheit, Soziales und Kultur (DGSK) zwecks Anfrage einer Betriebsbewilligung für die «Spitex Englischgruss Care» seien denn auch durchaus positiv verlaufen. Irgendwann habe man schliesslich aber realisiert, dass der Kanton auf die Bremse treten würde, sagt Perrig. Nach einigem Hin und Her, darunter auch mündliche Unterredungen mit der Departementsvorsteherin Esther Waeber-Kalbermatten, verlangte das APH Englischgruss schliesslich nach Ausstellung einer Bewilligung oder aber einer beschwerdefähigen Verfügung. Neun Monate nach Eingabe des Gesuchs erhielt das Altersheim vorigen Monat dann den Bescheid der Dienststelle für Gesundheitswesen: Das Gesuch zum Betrieb einer privaten Spitex wurde nicht bewilligt.
Ein Entscheid, der aus Sicht des APH Englischgruss weder aus fachlicher noch aus juristischer Sicht nachvollziehbar ist. Wer, wenn nicht ein Altersheim, sei besser geeignet zur Pflege gebrechlicher Personen?, fragt Kalbermatten rhetorisch. Zumal ja die Hürden für die Betriebsbewilligung eines Altersheims um einiges höher liegen würden als für eine private Spitex.
Schützt der Kanton «seine» Spitex?
Gar «an den Haaren herbeigezogen» sei die juristische Begründung des negativen Entscheids, findet Stiftungsratspräsident und Rechtsanwalt Perrig. Seiner Meinung nach handelt es sich beim fraglichen Gesuch nämlich um eine Polizeibewilligung. Also eine, auf die automatisch Anspruch hat, wer die Voraussetzungen erfüllt. Und: «Wir erfüllen die Bewilligungsvoraussetzungen. Das wird von der Vorinstanz auch nicht bestritten.» Stattdessen vermutet man im APH Englischgruss, dass der Kanton «seine» Spitex schützen möchte. Solche wirtschaftspolitischen Argumente seien hier allerdings nicht erlaubt.
Eine Vermutung, der Esther Waeber-Kalbermatten widerspricht. Der Kanton habe bereits mehreren privaten Spitex-Organisationen eine Betriebsbewilligung erteilt. Zum konkreten Fall äussert sich die Staatsrätin allerdings nicht: «Zu einem laufenden Verfahren beziehen wir keine Stellung.» Anhaltspunkte für die ablehnende Haltung des Kantons gibt dafür der negative Entscheid der Dienststelle für Gesundheitswesen, welcher der Zeitung vorliegt.
Ähnliche Fälle existieren bereits
Darin ist zu lesen, dass eine als gemeinnützig anerkannte Gesundheitseinrichtung, welche von staatlichen Subventionen profitiere, keinen gewinnbringenden Geschäftstätigkeiten nachgehen dürfe. Dies sehe auch das Bundesgericht so: Altersheime, welche kantonale Subventionen erhalten, müssten auf die volle Ausübung ihrer wirtschaftlichen Freiheit verzichten.
Im APH Englischgruss nimmt man dies zur Kenntnis, kontert die Ausführungen allerdings mit einem Gegenargument: Perrig führt das Beispiel des Sozialmedizinischen Zentrums (und damit auch der Spitex) der Region Siders an, welches bald sein eigenes Altersheim «La Plantzette» führen dürfe. Hier – in umgekehrter Rolle – habe der Staatsrat der Verwaltung eines APH durch die Spitex sogar eine «Vorreiterrolle» zugeschrieben. Ausserdem verfüge auch das Spital Wallis, ebenfalls ein subventionierter Betrieb, über eine Bewilligung zum Betrieb einer privaten Spitex. Damit sei das Gebot der Gleichbehandlung verletzt, mahnt Perrig.
Im Gegenzug moniert der Kanton aber auch, dass das Projekt der APH-eigenen Spitex den Zielen der Langzeitpflegeplanung schade. Dies, indem ein ausschliesslich in der Region Brig tätiger Anbieter nachträglich den Fusionsbemühungen der sozialmedizinischen Zentren von Brig und Visp entgegenlaufe, ebenso wie der Koordination zwischen den verschiedenen Pflegeeinrichtungen. Es ist die Rede von einer «schädlichen und unlauteren Verwechslung der Rollen». Schliesslich, argumentiert die Dienststelle für Gesundheitswesen, könne das Projekt auch die Verwaltung des Altersheims erheblich beeinträchtigen. Eine Kritik, die man im Englischgruss nicht nachvollziehen kann. Insbesondere die Langzeitpflegeplanung verlange ja eben genau nach einem Ausbau der Spitex.
Schliesslich wird im negativen Entscheid auch die Befürchtung kundgetan, dass andere Altersheime dem Beispiel des APH Englischgruss folgen und ebenfalls private Spitex-Dienstleistungen, «limitiert für gute Patienten in den Städten», anbieten könnten. Auch hier widerspricht Perrig. Erstens verbiete das Gesetz die Auswahl von «guten» – also kostengünstigen – Patienten nicht. Und zweitens sei man durchaus offen, darüber zu diskutieren, wie die öffentliche Spitex sämtliche Anfragen anzunehmen.
Dementsprechend zeigt man sich in Glis überzeugt, dass die Argumente des Gesundheitsdepartementes einer gerichtlichen Untersuchung nicht standhalten werden. Mit Datum vom 1. April haben die Verantwortlichen des Altersheims deshalb Verwaltungsbeschwerde eingereicht. Diese landet zunächst auf dem Tisch des Staatsrates, dessen Präsidentin hinter dem negativen Entscheid steht. Schliesst sich die Regierung der Meinung Waeber-Kalbermattens an, wäre die nächste Instanz das Kantonsgericht. «Das würde uns ein, zwei Jahre aufhalten», befürchtet Perrig. Zweifel an den Erfolgschancen sind im Altersheim allerdings keine auszumachen.
Zuversichtlich. Heimleiter Daniel Kalbermatten (links) und Stiftungsratspräsident Christian Perrig denken nicht, dass die Argumente des kantonalen Gesundheitsamtes stichhaltig sind.
Fabio Pacozzi
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