Tomas Dolana | Die Kultfigur blickt vor seinen letzten Einsätzen mit dem EHC Visp auf zwölf ereignisreiche Playoff-Jahre
Stiller Geschichtenschreiber

Der Abschied naht. Tomas Dolana und seine starken Erinnerungen an eine Ära.
Foto: Rico Alberski

Dolana erinnert sich … an die wilden Meisterfeiern 2011 und 2014.
Foto: zvg

Dolana erinnert sich an die magische Sturmlinie mit Triulzi (links im Bild) und Brunold (Mitte).
Foto: zvg

Dolana erinnert sich an den von seiner Frau Tereza frisch gebackenen Kuchen um 3 Uhr morgens.
Foto: zvg

Dolana erinnert sich an die verlorene Liga-Quali gegen Ambri-Piotta 2011.
Foto: zvg

Dolana erinnert sich an den Meistertitel 2010/11 trotz drei Trainern in einer Saison: Réal Paiement, Michel Zeiter und Bob Mongrain (Bild).
Foto: zvg
Nach zwölf Saisons verlässt der 34-jährige Stürmer Tomas Dolana den EHC Visp und stösst zum HC Siders. Erst blickt er im WB aber auf prägende Momente und Figuren in seiner Visper Zeit zurück.
Die wilden Meisterfeiern
«2011 nach dem Finalsieg über Lausanne haben wir in der Ausrüstung samt Schlittschuhen im ‹Insider›-Pub von Visp die ganze Nacht durchgefeiert. Ich weiss bis heute nicht, wie es möglich war, mit denselben Kufen in der anschliessenden Liga-Qualifikation gegen Ambri anzutreten. Unser Materialchef hat da einen Top-Job gemacht (lacht). Oder vor dem siebten Spiel in Langnau beim Meistertitel 2014: Das Busunternehmen Zerzuben stellte uns einen neuen Car zur Verfügung. Wir wussten, dass das keine gute Idee war – unabhängig vom Ausgang der ‹Belle›. Ich glaube, der Bus riecht heute noch nach Bier und Rauch. Triulzi und Heldstab legten Schlager auf. Ich mochte diese Musik nicht wirklich, versuchte aber mitzusingen – und nach der ersten Flasche Wein ging es schon besser. Es ist immer speziell, wenn man Meister in der zweithöchsten Liga wird, weil die Saison danach nicht zu Ende ist, das Messen mit dem Oberklassigen wartet. Wir schafften es jeweils rechtzeitig, den Fokus wieder auf das Wesentliche zu richten. Man muss die Feste aber feiern, wie sie fallen.»
Die drei Tenöre
«Die Sturmlinie mit Triulzi (links im Bild) und Brunold (Mitte) war magisch, wir verstanden uns blind. Uns musste kein Trainer, Sportchef oder Verwaltungsrat pushen, weil wir so besessen waren, Erfolg zu haben. In den Playoffs ist es uns oft gelungen, noch einen Zacken zuzulegen. Ich kann mich gut an ein Tor in Spiel 4 der Finalserie 2011 erinnern: Ich hatte die Scheibe im eigenen Drittel, spielte einen blinden Zwei-Linien-Pass, weil ich wusste, dass Triulzi ‹fliegt›, das hiess bei uns so viel wie in die Tiefe gehen. Dann hat er den Torhüter in seiner unnachahmlichen Art mit einer Finte getäuscht und die Scheibe zwischen seinen Schonern im Tor versorgt – wie er das in seiner Karriere gefühlt hundert Mal gemacht hat. Zwischen den Serien gingen wir immer ins Restaurant Post in Naters ‹heisser Stein› essen. Das war unser Ritual. Keiner musste ansprechen, ob wir gehen wollen, wir haben uns nur angeschaut, gegrinst und die Zeit abgemacht. Heute bin ich der Einzige von uns dreien, der noch spielt. Wenn meine Saison beendet ist, fliegen wir wie jedes Jahr für ein paar Tage gemeinsam ins Ausland.»
Meine Frau Tereza
«Die Playoffs sind keine einfache Zeit für meine Frau Tereza (rechts im Bild). Ich bin im Tunnel und es gibt für mich eigentlich nur das Eis und die Garderobe. Sie hatte da immer ein tolles Gespür, mir den Rücken freigehalten und sich sehr tolerant gezeigt. Wenn du in dieser Zeit zu Hause Stress hast, ist es unmöglich, im Spiel die Leistung zu bringen. Eine Geschichte mit ihr werde ich im Zusammenhang mit den Playoffs nie vergessen: Als wir 2014 aus Langnau zurückfuhren, rief sie mich an, ob wir bei der Ankunft etwas brauchen. Ich antwortete, dass etwas zu essen neben dem ganzen Bier und Wein nicht schlecht wäre, damit wir etwas ‹Boden› für die lange Nacht haben. Als wir in Visp morgens um 3 Uhr ausstiegen, stand sie mit frisch gebackenem Kuchen für die ganze Mannschaft da.»
Die Visper Fans
«Generell liegt es beim Oberwalliser an uns, dass er Stimmung macht. Der Funke muss vom Eis aufs Publikum überspringen. Das ist auch richtig so, und gerade in den Playoffs haben wir oft von ihrer Kraft profitiert. Ein Erlebnis ist mir in all den Jahren geblieben: Nach dem Meistertitel 2011 gegen Lausanne kam ein Fan mitten in der Nacht zu mir und erzählte, dass er seit 30 Jahren kein einziges Heimspiel verpasst habe. Es sei auch vorgekommen, dass er mal krank war oder nicht so Lust hatte. Gekommen sei er trotzdem immer. Da dachte ich zu mir ‹wow, Chapeau!›. Auch für diese Menschen spielen wir Eishockey. In den Playoffs und dann vor allem bei Feierlichkeiten spürt man die Nähe zu den Zuschauern am intensivsten.»
2015–2019
«Wenn ich auf meine Tiefpunkte zurückblicke, erinnere ich mich an die letzten fünf Saisons, als wir immer im Viertelfinal ausgeschieden sind. Gerade das 0:4 in der letzten Saison gegen Olten hat sehr sehr wehgetan. Es gibt Leute, die sagen, man müsse Niederlagen auch mal akzeptieren. So bin ich aber nicht, ich will immer gewinnen. Wir arbeiten ab Mai zehn Monate, um für den Playoff-Start bereit zu sein. Am Ende kein einziges Spiel zu gewinnen, ist die Höchststrafe. Ich hatte die Schnauze voll. Ich war überzeugt von unserer Qualität, doch wir schafften es nicht, sie auf dem Eis zu zeigen. Das will ich nie mehr erleben.»
Die Liga-Quali gegen Ambri-Piotta
«In den Spielen gegen Ambri-Piotta in der Liga-Qualifikation 2011 erreichten wir wohl unser höchstes Niveau in meiner Visper Zeit. In Spiel 4 beim Stand von 3:1 in der Serie für die Tessiner stand es lange 0:0. Dann kam die 38. Minute und ich hatte die Möglichkeit, mit meinem Penalty für die mental wichtige Führung zu sorgen. Ich wollte Backhand abschliessen, verlor dabei aber die Kontrolle über die Scheibe. Der gegnerische Torhüter Thomas Bäumle irritierte mich zudem mit seinem Stock. Danach verloren wir das Spiel in der Verlängerung mit 0:1 und die Serie mit 1:4. Wenn wir diese Partie gewonnen hätten, hätte ich gerne gesehen, wie die Serie ausgeht. Wir hätten die Möglichkeit gehabt, vor eigenem Anhang auszugleichen. Die Ambri-Spieler hatten grossen Respekt, ja Angst vor uns. Das haben wir gespürt. Am Ende hatten sie wohl mehr Erfahrung. Es war insgesamt trotzdem einfach eine geile Serie.»
Die Rolle der Trainer
«Es heisst ja immer, dass Kontinuität auf den Führungspositionen zu sportlichem Erfolg führt. Wir lieferten einen seltenen Gegenbeweis mit dem Meistertitel 2010/11. In dieser Saison hatten wir mit Réal Paiement, Michel Zeiter und Bob Mongrain (Bild) gleich drei verschiedene Trainer. Gerade Mongrain trug mit seinen Emotionen einen wesentlichen Teil zum Titel bei. Ich erinnere mich an ein Auswärtsspiel in der Halbfinal-Serie gegen La Chaux-de-Fonds. Nach einem schwachen Startdrittel hat Mongrain den Tisch in der Mitte der Garderobe kurz und klein geschlagen. Gefühlt hat er die ganze Kabine auf den Kopf gestellt. Dabei flog ein Sack mit ‹Isostar›-Pulver in Richtung von Torhüter Reto Lory, der danach von oben bis unten weiss war. Dieses Bild werde ich nie vergessen. Im Anschluss haben wir prompt eine Rechnung für den Tisch bekommen.»
Der Abschied
«Wehmut ist bisher nicht aufgekommen. Ich will es einfach noch einmal richtig geniessen und Spass haben. Es gilt, so erfolgreich wie möglich zu sein. Die Playoffs werden zeigen, wie stark diese Mannschaft wirklich ist. Es spielt keine Rolle, ob wir eine Serie 4:3 oder 4:0 gewinnen, aber wir müssen sie gewinnen. Ein Check kann eine ganze Serie verändern, dessen müssen wir uns bewusst sein. Und wir brauchen ‹Helden› aus der dritten oder vierten Linie, die in der Qualifikation nicht im Mittelpunkt standen. So wie es Michaël Loichat in der Halbfinalserie 2011 mit seinem Treffer in der Verlängerung im siebten Spiel gegen La Chaux-de-Fonds war. Im Moment gibt es in der Mannschaft Sprüche über meinen Wechsel zu Siders. Ich habe meinen Kollegen vor dem Derby vom vergangenen Sonntag etwa gesagt, dass sie es geniessen sollen, weil es in den nächsten zwei Jahren schwieriger sein wird, Siders zu bezwingen. Mir ist wichtig, dass die Leute in meiner letzten Saison nicht das Gefühl hatten, dass ich nicht mehr alles gebe, mit dem Kopf schon in Siders bin. Mir ist erneut eine konstante Saison gelungen, die ich in den Playoffs krönen will. Ich denke, dass hier in Visp niemand sagen kann, dass ich nicht immer alles gegeben habe. Das ist nicht so schlecht.»
David Taugwalder
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar