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«Der Tierschutz nimmt niemandem sein Tier weg»

Sylvia Nanzer
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Sylvia Nanzer
Foto: RZ

Quelle: RZ 9

Sylvia Nanzer (65) führt derzeit den Tierschutz Oberwallis als Vizepräsidentin. Im Interview spricht die Tierpsychologin über Tiere als Weihnachtsgeschenk, kastrierte Katzen und die Rettung von Hunden im Ausland.

Sylvia Nanzer, verstehen Sie als Tierpsychologin Tiere besser als Menschen?
Ja, ich denke schon. Tiere sind aber auch einfacher zu verstehen als Menschen (lacht).

Warum das?
Nun, ein Tier ist immer ehrlich, es kommuniziert auf seine Weise seine Bedürfnisse und seine Stimmung. Ein Tier lügt nicht, es hat keine unlauteren Absichten und ist nicht hinterhältig dem Menschen gegenüber. Das ist natürlich ein Vorteil, wenn man ein Lebewesen verstehen und lesen lernen will.

Haben Sie ein Lieblingstier?
Hunde liegen mir natürlich sehr am Herzen. Ich bin mit ihnen aufgewachsen und so hat sich eine lebenslange Zuneigung entwicket. Darum bin ich beim Tierschutz Oberwallis auch für das Ressort Hunde verantwortlich. Aber ich mag auch Katzen und Pferde sehr gerne.

«Tiere sind einfacher zu verstehen als Menschen»

Wie sieht es mit exotischen Tieren aus?
Natürlich schätze ich jedes Tier. Aber exotische Tiere wie Schlangen oder dergleichen würde ich mir persönlich nie halten. Das liegt aber nicht daran, dass ich sie nicht mag, sondern daran, dass ich ein Tier streicheln und knuddeln können muss. Das geht bei Schlangen oder Spinnen halt nicht so gut.

Warum wird man eigentlich Tierpsychologin und was macht man mit diesem Titel?
Ich habe mich zur Tierpsychologin ausbilden lassen, weil ich in Diskussionen mehr Gewicht haben wollte. Sehen Sie, es ist ja so, dass in jeder Diskussion um und über Tiere die Hauptakteure Menschen sind.
Eine Ausbildung zur Tierpsychologin hilft, seinen
Argumenten Gewicht zu verleihen. Meine Hauptaufgabe in dieser Funktion besteht heute darin, dass ich die obligatorischen Kurse für den Sachkundenachweis für Hundehalter durchführe. Daneben berate ich in Einzelfällen auch Tierhalter, wenn sie ein spezielles Problem haben. Und natürlich kommt mir meine Ausbildung auch bei meiner Arbeit als Tierschützerin zugute.

Stichwort Tierschutz. Haben Sie Angst vor der Weihnachtzeit, weil vielleicht wieder Tiere verschenkt werden?
Ein bisschen schon. Jedes Kind wünscht sich irgendwann in seinem Leben einmal ein Tier. Aber die Anschaffung eines Tiers ist ein gewaltiger Schritt und will wirklich gut überlegt sein. Die erste Euphorie legt sich schnell wieder und dann hat man das Tier «am Hals». Darum rate ich Familien, sich intensiv mit der Haltung eines Haustiers auseinanderzusetzen. Wenn man sich für ein Tier entscheidet, sollte man das nicht während der positiven Stimmung zu Weihnachten machen. Was ich ganz und gar ablehne, ist das Verschenken von Tieren an Kinder, ohne dass die Eltern einverstanden sind. Das führt unweigerlich zu Streitigkeiten und am Schluss leidet das Tier. Das geht gar nicht.

Wird der Tierschutz nach Weihnachten also mehr Arbeit haben?
Ich hoffe es nicht.

Vielen Menschen gehen die schlechten Bedingungen für Hunde in anderen Ländern, wie beispielsweise Ungarn, sehr ans Herz. Wie stehen Sie zur Rettung von Hunden aus dem Ausland?
Hunde aus anderen Ländern zu retten, ist absoluter Blödsinn. Die Tierheime bei uns sind voll mit Hunden, die ein neues Zuhause suchen. Ich bin vielmehr dafür, dass man den Tieren vor Ort hilft. Das wirkt dem Problem erstens einmal besser entgegen und ist zweitens auch besser für die Tiere.

Wie das? Denen geht es ja dort nicht besonders gut.
Ein Hund, der sein ganzes Leben auf der Strasse verbracht hat, wird nicht von heute auf morgen zu einem Wohnungshund. Das kann ganz schön ins Auge gehen und die Halter überfordern. Dann landet der Hund plötzlich doch im Tierheim und was hat man dann erreicht? Nichts! Auf der Strasse ist der Hund wenigstens frei. Hinzu kommen die sprachlichen Schwierigkeiten, wenn man einen Hund in ein anderes Land umsiedelt. Und bedenken Sie die ganze Reise, stundenlanges oder schlimmer tagelanges Eingesperrtsein in engen Kisten, Untersuchungen, alles fremde Leute. Da kriegt man als Hund Panik.

Sprachliche Schwierigkeiten?
Auch ein Hund «spricht» sozusagen die Landessprache. Wenn ein Hund Kommandos auf Französisch gelernt hat, dann muss man ihm, wenn er plötzlich hier lebt, auf Deutsch alles neu beibringen. Das kann auch einen Hund verwirren und Probleme in der Beziehung zwischen Mensch und Tier verursachen. Und dies gilt es zu vermeiden.

«Hunde aus anderen Ländern zu retten, ist Blödsinn»

Sind denn Hunde die Hauptaufgabe des Tierschutzes Oberwallis?
Nein, das sind ganz klar Katzen. Es kommt immer wieder vor, dass sich im Oberwallis wilde Katzen­populationen entwickeln. Dann schreitet der Tierschutz ein. Da heisst, wir fangen die Tiere ein und kastrieren sie. Junge Katzen versuchen wir dann zu vermitteln, die älteren setzen wir kastriert wieder aus, da sie nicht mehr gezähmt werden können. Leider haben wir viel zu wenig Plätze, wo wir junge Katzen temporär unterbringen können. Das ist ein gros­ses Thema für uns beim Tierschutz Oberwallis. Wir suchen ständig nach Helferinnen und Helfern.

Warum entstehen solche wilden Katzenpopulationen?
Einige Leute glauben einfach, dass kastrierte Katzen nicht mehr mausen. Das ist Schwachsinn, genauso wie manche glauben, dass kastrierte Hunde nicht jagen. Ich habe selber Katzen, die sind kastriert und bringen jeden Tag Mäuse nach Hause.

Der Tierschutz geniesst nicht überall einen guten Ruf. Es heisst, man würde den Leuten die Tiere wegnehmen.
Der Tierschutz nimmt niemandem sein Tier weg. Das können wir gar nicht. Wir kontrollieren nur und gehen Meldungen über schlechte Tierhaltung nach. Was wir aber tun, wir informieren in schlimmen Fällen das kantonale Veterinäramt. Das ist aber immer der äusserste Schritt. In erster Linie suchen wir immer das Gespräch mit den Tierhaltern und weisen sie darauf hin, wie sie die Haltungsbedingungen verbessern können. Erst wenn dann nichts passiert, machen wir Meldung in Sitten. Wir sind schliesslich der Tierschutz, bei uns steht immer das Wohl des Tieres an erster Stelle. Wenn das Veterinäramt dann aber feststellt, dass eine grobe Missachtung der Tierschutzgesetze vorliegt, dann kann dieses schon Bussen aussprechen oder dem Halter die Tiere wegnehmen. Aber das ist eine behördliche Angelegenheit und nicht die Sache des Tierschutzes.

«Eine kastrierte Katze jagt genauso wie jede andere»

Wie werden Sie empfangen, wenn Sie einem Hinweis auf schlechte Tierhaltung nachgehen?
Sehr unterschiedlich. Bei vielen Tierhaltern entstehen die schlechten Haltungsbedingungen durch
Unwissenheit. Das neue Tierschutzgesetz hat einige Änderungen mit sich gebracht, die manchen unbekannt sind. Bei solchen Leuten stossen wir auch auf Verständnis und finden zusammen eine Lösung. Dann gibt es die Uneinsichtigen, die sehr aggressiv und stur reagieren können. Kommt man zu solchen Leuten, hat man schon manchmal ein mulmiges Gefühl. Aber da müssen wir durch. Denn die Tiere können sich nicht selbst helfen. Dies sind dann auch die Fälle, in denen ich kein bisschen Mühe habe, eine Anzeige zu machen.

Der Posten des Präsidenten beim Oberwalliser Tierschutz ist derzeit vakant. Warum gibt es schon wieder einen Wechsel an der Spitze?
Unser alter Präsident hat entschieden, dass er sein Amt zur Verfügung stellen möchte. Das ist sein gutes Recht, und wir sind jetzt auf der Suche nach einem neuen Präsidenten. Man muss sich immer vor Augen führen, dass die Arbeit für den Tierschutz nicht leicht ist. Wir unterscheiden uns sehr von anderen Ver­­einen. Wir haben es immer mit Fällen zu tun, wo etwas nicht so läuft wie es sollte und Erfolge können wir nur in kleinem Masse feiern. Anders als zum Beispiel ein Fussballclub. Darum ist die Arbeit für den Tierschutz nicht immer so einfach und kann unsere Mitglieder, auch die vom Vorstand, an ihre Grenzen führen. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass die Arbeit in unserem Vorstand besonders schwierig ist und die Verweildauer der Mitglieder kürzer als bei anderen Vereinen sein kann.

Martin Meul

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Infos

Vorname Sylvia
Name Nanzer
Geburtsdatum 16. Juni 1950
Familie verwitwet, drei Kinder
Funktion Vize-Präsidentin Tierschutz Oberwallis
Hobbies Malen, Musik
Viele Tierhalter hätten besser keine Tiere. Joker
Die Strafen für schlechte Tierhaltung sollten härter sein. Ja
Die meisten Tierschutzfälle sind Bagatellen. Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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Kommentare

  • Rocky - 22

    Endlich mal eine ehrliche Stimme zum Thema Tiere aus dem Ausland! Bravo!
    Niemanden hilft es wenn wir die Tiere aus Spanien, Ungarn etc in die Schweiz karren damit sie hier im Tierheim landen! Wir haben genug Hunde und vorallem Katzen die ein schönes zu Hause brauchen. Aber es klingt halt besser wenn man sagen kann "ich habe einen Hund aus Spanien gerettet" statt "ja mein Hund kommt aus einem Schweizer Tierheim."
    Helft den Menschen vor Ort für ihre Tiere zu sorgen. Spendet Geld für Kastrationen und für Ortansässige Tierheime.

    • Neuhaus Angie - 20

      Alle ausländischen Tierheime geben ihren Hund NUR mit Schutzvertrag ab, d.h auch unter anderem, dass die Tiere weder in ein Tierheim abgegeben noch weiterverkauft werden dürfen. Es wird sogar eine Vorkontrolle beim neuen Besitzer gemacht, was ein CH Züchter sicher nicht macht. Ich habe selber schon viele Hundeli aus Spanien vermittelt und von denen ist nicht ein einziges im Tierheim gelandet. Klar gibt es auch unseriöse Tiervermittlungen, aber von so einer kauft man auch kein Hund. Zudem sind das praktisch alles Mischlinge und wie viele ausländische Mischlinge sitzen in Tierheimen??? Viele Rassehunde vom Züchter landen genau so im Tierheim. Und noch etwas, alle Hunde aus dem Ausland kommen KASTRIERT, gechipt und geimpft in die Schweiz. Das sind viele Schweizer, die ihre Hunde und Katzen, die aus der CH kommen nicht kastrieren. Sag das mal den Bauern, sie sollen endlich ihre Katzen kastrieren, dann haben wir ein Problem weniger

  • Horst Kummer - 63

    Das überzogen nationale Moment im Kopf vieler Mitbürger macht nicht einmal vor der Tierwelt halt. Und, Entschuldigung liebe Frau Nanzer, ein Wochenendseminar für die Ausbildung zur Tierpsychologin verleiht ihren teils recht wirren Thesen in meinen Augen keinerlei zusätzliches Gewicht. Ihre Selbstdarstellung regt eher zum Fremdschämen an.

  • Magu - 71

    Also das mit dem "Verstehen die Sprache nicht" ist wohl das lustigste Argument das mir bisher untergekommen ist???Was machen denn all die Pferde-, Hunde- und anderen Flüsterer? Tiere kommunizieren bekanntlich non-verbal oder lieg ich da falsch? Ich bin der Meinung jedes Tier egal ob "Ausländer" oder nicht, hat Anrecht auf ein warmes Körbchen und ein gutes Zuhause, wir haben seit Jahren Tiere aus dem ausländischen Tierschutz und nur die besten Erfahrungen gemacht!!!

  • Nicole - 51

    Ähm ja stimmt meine portugiesischen Tierschutzhunde verstehen mich nicht. Die Körpersprache der Hunde und ich lehne mich weit aus dem Fenster und behaupte der anderen Tiere, ist International. Besser mal einige Züchter genauer unter die Lupe nehmen.
    Ich durfte mein Leben bis jetzt mit 4 verschiedenen Hunden teilen, 2 aus dem Tierheim und 2 Auslandshunde, es waren die Hunde aus den Tierheimen die mich vor schwierige Aufgaben gestellt haben und nicht die Strassenhunde aus dem Ausland. Übrigens ist ein Welpe ist bei der Umsiedlung zu seiner neuen Familie genau so ängstlich wie ein Tier aus dem Tierheim oder aus dem Ausland. Bei jedem Hund braucht es Zeit und Geduld bis sich das neue Familienmitglied in das neue zu Hause eingelebt hat. Ja man kann sie nicht alle retten aber den Einen den man aufnimmt hat ein gutes Leben. Übrigens die seriösen Tierschutzvereine die Tiere in die Schweiz vermitteln leisten auch im Ausland Aufklärunsarbeit und Kastrationsprojekte.

  • Mirjam Rebmann - 103

    Hmm, da ich als Berufstätige kein Hund aus einem Schweizer TH bekomme, werde ich aus dem Ausland adoptieren. Die Schweizer Tierheime handeln nach dem Giesskannen- Prinzip, alle Berufstätige sind keine guten Hundehalter.
    Dies mit der Sprache ist wohl ein Witz oder?

  • Neuhaus Angie - 130

    Noch etwas liebe Frau "Tierpsychologin" ich bin Schweizerin, wir haben vier Landessprachen in der Schweiz, was mache ich jetzt, wenn ich ein Hund im Tessin, Welschland oder im Bündnerland kaufen möchte, da verstehen die Hunde ja auch nur italienisch, französisch und rätoromanisch!!!!! Merken Sie nicht, was für einen Blödsinn Sie da erzählen.

  • Neuhaus Angie - 112

    Sehr geehrte Frau Nanzer, ich habe seit 20 Jahren nur Tierschutzhunde aus Spanien, sogenannte ehemalige Strassenhunde, ich habe sie alle aus den Tötungen, momentan habe ich noch 5 Hunde. Die Strassenhunde sind die besten Hunde, sozialisiert, sind absolut nicht agressiv und sind die dankbarsten Hunde, die es überhaupt gibt. Auch einheimische gezüchtete Hunde können im Tierheim landen. Und die Sprache, sowie der Gehorsam lernen sie sehr schnell. Ich möchte kein anderer Hund mehr als ein Ausland-Tierschutzhund.

  • Sabine Wesseln - 110

    sehr geehrte Frau Nanzer,
    seit vielen Jahren bin ich im Auslandstierschutz tätig und ich weiss, dass es unterschiedliche Meinungen darüber gibt.
    Ganz klar ist dass die Mehrzahl der Tiere aus dem Ausland ein wesentlich besseres Sozialverhalten haben und ganz hervorragend mit neuen Umgebungen und Menschen zurechtkommen - und - ich finde alles ist besser als hier getötet zu werden!
    Es gibt eben leider keine Tierheime in Spanien und die Hunde haben eine gewisse Frist - dann wird gnadenlos durch nicht sonders feine Methoden getötet!
    Ebenso ist der Auslandstierschutz immer bemüht schon gleich Endstellen zu finden - unser Ziel ist es nicht die Hunde in Deutschland im Tierheim landen zu lassen und alle Organisationen die ich kenne kümmern sich um einen neuen Platz sollte es Schwierigkeiten geben.
    so - aber - mit allem Verlauf, Frau Nanzer, dieser Satz von Ihnen ist absoluter Käse:
    ... Hinzu kommen die sprachlichen Schwierigkeiten, wenn man einen Hund in ein anderes Land umsiedelt..... - also mehr an den Haaren herbeiziehen kann man Gründe wohl kaum!
    grosse Güte ..,. ich muss aufhören zu schreiben ... ich muss ganz arg lachen....
    lieben Gruss aus Spanien
    Sabine Wesseln

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