Brig-Glis | Frontalinterview mit Adrian Arnold

«Ich bin Brückenbauer zwischen der Nati und der Bevölkerung»

Adrian Arnold ist neu Leiter Unternehmenskommunikation beim Schweizerischen Fussballverband.
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Adrian Arnold ist neu Leiter Unternehmenskommunikation beim Schweizerischen Fussballverband.
Foto: Alain Amherd

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Adrian Arnold ist neu Leiter Unternehmenskommunikation beim Schweizerischen Fussballverband.
Foto: Alain Amherd

Quelle: RZ 0

Adrian Arnold (47) ist bekannt als langjähriger SRF-Korrespondent in Paris, Berlin und im Bundeshaus. Seit dem 1. Februar arbeitet er neu als Leiter Unternehmenskommunikation beim Schweizerischen Fussballverband. Im Interview spricht er über den Jobwechsel, seine Aufgaben und welche Persönlichkeiten aus der Politik ihn am meisten beeindruckt haben.

Herr Arnold, Sie haben jahrelang als Politjournalist gearbeitet. Jetzt wechselten Sie als Leiter Unternehmenskommunikation zum Schweizerischen Fussballverband. Wieso dieser Wechsel?

Nach 20 Jahren beim Schweizer Fernsehen habe ich eine neue berufliche Herausforderung gesucht. Ich sagte mir, ich will etwas tun, was mir Spass macht, wo ich die Materie kenne und was ein Teil meines Lebens ist. Und das ist der Fussball immer gewesen.

Wie kamen Sie zum Job Medienchef beim Fussballverband?

Es hat sich überraschend und schnell ergeben, ohne dass ich es aktiv gesucht habe. Dem Verband nahestehende Leute haben mich auf den Job hingewiesen und ermutigt, mich zu bewerben. Der Fussball war schon immer meine Leidenschaft. So habe ich mich relativ kurzfristig entschieden, diese neue Herausforderung zu packen. Letztlich war der Jobwechsel ein Bauchentscheid. Ich bin keiner, der strategisch plant.

Es war also nicht so, dass Ihnen die Aufgabe als Bundeshauskorrespondent beim Schweizer Fernsehen nicht mehr gefallen hat?

Klar, die Auslandberichterstattung war immer mein bevorzugtes Feld. Ich hatte tolle Zeiten in Paris und Berlin. Aber auch die Arbeit im Bundeshaus ist sehr spannend, und das Fernsehen gab mir die Möglichkeit, viele interessante Sachen zu machen wie einen Dokufilm oder eine eigene Sendung…

… Sie meinen das «Interview zum Tag»?

Genau. Ein fünfminütiges Interview mit der wichtigsten Person über das wichtigste Thema des Tages.
Das wird jetzt Urs Leuthard übernehmen, es soll bald losgehen. Ich hätte schon Lust gehabt, diese Sendung zu machen. Aber als das Angebot vom Fussballverband kam, habe ich spontan zugegriffen.

Letztlich war der Jobwechsel ein Bauchentscheid

Was sind Ihre Aufgaben beim Fussballverband?

Meine Hauptaufgabe ist es, für den gesamten Fussballverband die Kommunikation zu regeln. Dafür habe ich neu auch ein grösseres Team von insgesamt zehn Leuten zur Verfügung. Wir sind für die Medienarbeit der Fussball-Nationalmannschaft verantwortlich, aber ebenso für den Breitenfussball. Dort sind immerhin 280 000 Leute betroffen. Zudem habe ich als Mitglied der Geschäftsleitung die Möglichkeit, mich bei allen wichtigen Entscheidungen einzubringen.

Was lief denn vorher schief, dass der Kommunikationsbereich beim Fussballverband neu organisiert wird?

Nach der Doppeladler-Affäre an der WM in Russland wurde die Situation analysiert und man kam zum Schluss, dass die Struktur der Kommunikationsabteilung angepasst werden muss. Bisher war eigentlich fast nur ein Mann zuständig für die Aussenwirkung des Verbands. Das entspricht nicht mehr der Norm.

Wie haben Sie damals, 2018, die Doppeladler-Affäre erlebt?

Ich habe den Match zusammen mit vielen anderen Schweizern in der Botschaft in Berlin geschaut. Mir wurde relativ schnell bewusst, was für Folgen dieser Torjubel haben kann. Ich habe mich immer schon dafür interessiert, welche Auswirkungen der Sport auf Politik und Gesellschaft haben kann. Ich denke, die Spieler wurden im Vorfeld zu wenig sensibilisiert. Darin sehe ich künftig die Aufgabe von uns Medienleuten beim Verband: mögliche Szenarien zu antizipieren und vor dem Match mit den Spielern darüber zu reden und sie zu besonnenem Handeln anzuleiten. Durch die Doppeladler-Affäre ging der Fokus auf das Fussballerische verloren. Trainer Vladimir Petkovic sagt heute, dass dies möglicherweise mit einer der Gründe sei für das Scheitern im Achtelfinale gegen Schweden.

Stichwort Nati-Trainer: Petkovic wird vorgeworfen, er sei etwas verstockt und schwach in der Kommunikation.

Das Bild, das die Medien von Petkovic zeichnen, stimmt überhaupt nicht mit dem überein, wie ich den Menschen Petkovic wahrnehme. Er ist sehr offen und zugänglich, sehr menschlich und bescheiden, einfühlsam und auch bei den Spielern sehr beliebt. Das sind alles Seiten des Nationalcoaches, die man so zu wenig kennt. Es gab sicher auch Missverständnisse. Nach der Doppeladler-Affäre befand sich der Verband in einer Schockstarre, Petkovic konzentrierte sich aufs Sportliche, und das Mediale wurde vernachlässigt.

Machen Sie deshalb jetzt mit Petkovic ein Medientraining?

Es ist eine meiner Aufgaben, den Nati-Coach kommunikativ wieder in die Spur zu bringen und zusammen mit ihm eine gute Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Wir haben uns aufgeteilt: Ich betreue den Nationaltrainer Petkovic, den Direktor der Nationalmannschaft Pierluigi Tami sowie den Präsidenten und den Generalsekretär des Fussballverbands. Die Spieler werden von meinem Kollegen Stefan Baumgartner betreut. Wir starten auch eine neue Social-Media-Kampagne. Ich sehe mich als Brückenbauer zwischen der Nationalmannschaft und der Schweizer Bevölkerung.

Als Folge des Coronavirus werden zurzeit die allermeisten Sportveranstaltungen unterbrochen oder ganz abgesagt. Diesen Sommer hätte die Fussball-Europameisterschaft stattfinden sollen. Nun ist die EM auf den Sommer 2021 verschoben worden. Was bedeutet dies jetzt für die Schweizer Nationalmannschaft?

Die ganze Fussballwelt ist abhängig von politischen Entscheidungen. Gewisse Dinge müssen abgesagt, verschoben oder umorganisiert werden. Aber grundsätzlich ist es eine gute Lösung, auch für die Nationalmannschaft. Wir können im nächsten Jahr in den bereits gebuchten Hotels und Anlagen wohnen, trainieren und arbeiten. Es verschiebt sich einfach alles um ein Jahr nach hinten, was in der momentanen Situation mit dem Coronavirus natürlich absolut nachvollziehbar und auch sinnvoll ist.

Sie haben als Fernsehkorrespondent einige Jahre in Paris und Berlin gelebt. Jetzt wohnen Sie wieder in Glis. Fehlt Ihnen nicht das Leben in der Grossstadt?

Ich habe in Berlin und Paris immer meine Familie und meine Freunde aus dem Wallis vermisst. Die habe ich jetzt wieder und ich habe gemerkt, wie wichtig und wertvoll das ist, wenn man sie nah bei sich hat. Deswegen hält sich mein Fernweh nach den Weltstädten Paris und Berlin in Grenzen. Klar, beides sind tolle Städte.

Wo hat es Ihnen besser gefallen?

(lacht) Diese Frage wurde mir immer wieder gestellt. Berlin ist in dem Sinn besser, als dass es für Familien mit Kindern eine tolle Stadt zum Leben ist, wohingegen Paris im Vergleich dazu eine eher schwierige Stadt zum Leben ist. Die Wohnungen sind in Berlin preiswerter, es ist viel kinderfreundlicher, es hat mehr Angebote für Kinder. Die Lebensqualität in Berlin ist besser als diejenige in Paris. Aber ich betrachte es als grosses Privileg, dass ich in diesen beiden tollen Städten jahrelang leben und arbeiten durfte.

In der deutschen Hauptstadt hat Angela Merkel als Bundeskanzlerin seit 2005 die Politik massgeblich mitgeprägt. Im nächsten Jahr tritt sie nicht mehr an. Wie geht es weiter in Deutschland?

Ich denke, der neue Parteivorsitzende der CDU wird auch deren Kanzlerkandidat werden. Beim Duell Friedrich Merz gegen Armin Laschet schätze ich die Chancen von Laschet im Moment höher ein. Gesundheitsminister Jens Spahn gebe ich grosses Potenzial für die Zukunft.

Die grosse Koalition CDU und SPD wird es wohl kaum mehr geben. Wie sieht die neue Regierung in Deutschland aus nach den Wahlen 2021?

Wie die Stimmungslage gegenwärtig in unserem Nachbarland ist, tippe ich auf eine schwarz-grüne Koalitionsregierung, also CDU/CSU mit den Grünen.

Und wird es mit dem Pragmatiker Robert Habeck erstmals einen grünen Bundeskanzler geben?

Viele sehen ihn als künftigen Kanzler. Aber ich denke, Deutschland ist noch nicht reif für einen grünen Bundeskanzler.

Ein Wort zur AfD. Sie haben als Korrespondent den Aufstieg dieser 2013 gegründeten rechtspopulistischen Partei erlebt.

Die AfD ist zurzeit die drittstärkste Kraft im Land. Das hätte vor fünf Jahren niemand gedacht. Ihre Zukunft hängt davon ab, in welche Richtung sie sich entwickelt. Wenn sie sich weiter in Richtung einer völkischen Partei radikalisiert, so gebe ich ihr langfristig keine grosse Chance, weiter zu wachsen. Wenn sie sich mässigt und für unzufriedene CDUler einer Alternative ist, so liegen wohl noch einige Prozent drin. Im Moment scheint sie sich aber weiter zu radikalisieren.

Durch Ihre Arbeit als Politjournalist sind Sie mit vielen wichtigen Menschen zusammen gekommen. Die Begegnung mit welchem Politiker hat Sie am meisten beeindruckt?

Es gab einige, die mich beeindruckt haben. Allerdings gab es auch nicht wenige, von denen war ich beeindruckt, bis ich sie einmal persönlich kennengelernt habe – dann nicht mehr. Eine meiner prägendsten Begegnungen war die mit dem früheren deutschen Aussenminister Hans-Dietrich Genscher, zusammen mit Kanzler Kohl der Architekt der Deutschen Einheit. Dann durfte ich den früheren sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschow interviewen, der massgeblich dazu beigetragen hat, den Kalten Krieg zu beenden. Zu nennen ist aber auch Angela Merkel, die mich immer wieder nachhaltig beeindruckt hat.

Frank O. Salzgeber

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Infos

Zur Person

Vorname Adrian
Name Arnold
Geburtsdatum 7. November 1973
Familie verheiratet, 2 Kinder
Funktion Leiter Unternehmenskommunikation Schweizerischer Fussballverband
Hobbies Fussball spielen und schauen, lesen, Familie

Nachgehakt

Mit mir als Medienchef hätte der Fuss-
ballverband die Doppeladler-Affäre
besser gemanagt.
Joker
Trainer Vladimir Petkovic muss
an seiner Kommunikation arbeiten.
Ja
Irgendwann werde ich in den Polit
journalismus zurückkehren.
Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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