Leukerbad | Poetisch und lakonisch: Mitternachtslesung mit Arno Camenisch

«Die Gemmi ist wie die Alp d’Huez der Literatur»

Arno Camenisch.Foto Janosch Abel
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Arno Camenisch.Foto Janosch Abel
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Am Literaturfestival Leukerbad werden über 30 Autoren erwartet.
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Am Literaturfestival Leukerbad werden über 30 Autoren erwartet.
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Quelle: RZ 0

Leukerbad Am Literaturfestival in der Bäderstadt gibt es vom 29. Juni bis 1. Juli über 30 Autorinnen und Autoren zu entdecken. Darunter literarische Schwergewichte, eine Fülle von Poetischem und immer wieder Möglichkeiten, die Natur zu erkunden – sei es zu Fuss mit literarischer Begleitung oder zwischen den Buchdeckeln. Die beliebte Mitternachtslesung auf der Gemmi hält in diesem Jahr der Bündner Schriftsteller Arno Camenisch.

Herr Camenisch, Sie sind heuer zum dritten Mal in Leukerbad dabei. Was macht für Sie den besonderen Charakter dieses Literaturfestivals aus?

Einerseits die Lage, eingebettet in diese eindrückliche Berglandschaft. Dann die verschiedenen Orte, die bespielt werden, wie beispielsweise das Bad oder Hotelgärten, die Wanderlesung oder die Gemmi – die verschiedenen Spielorte machen einen besonderen Reiz aus. Das ganze Dorf lebt in diesen Tagen die Literatur. Die ­Atmosphäre ist jedes Mal wunderbar. Und dann ist da natürlich das Festivalprogramm, das jedes Mal sehr international gehalten ist.

Was haben Sie für Erlebnisse und Erfahrungen mit dem Wallis?

Ich bin gerne im Wallis, ich mag die Leute und die Landschaft, es fühlt sich gut an, hier zu sein. Und der Walliser Dialekt ist natürlich wunderbar, den höre ich unheimlich gerne!

Wo sehen Sie die Gemeinsamkeiten der Bündner mit den Wallisern?

Die Walliser und die Bündner sind einander sehr nahe, denke ich, von der Art her und auch von der Mentalität, und zudem haben wir gemeinsame Themen, die uns beschäftigen, wie zum Beispiel die Sorgen in den Dörfer, wo die Jungen wegziehen, die Post zugeht, die Schulen schliessen, der Dorfladen verschwindet und auch die Beizen zumachen. Das sind Themen, die ich auch in «Der letzte Schnee» aufgreife.

Gibt es auch Unterschiede?

Ich setze mich lieber mit den Gemeinsamkeiten auseinander. Das ist auch eine Frage, die mich in meinen Büchern beschäftigt – was verbindet uns? Im Kern verhandeln meine Bücher existenzielle Fragen, die universell sind und uns alle ­etwas angehen.

In Ihrem neuen Buch «Der letzte Schnee» ­thematisieren Sie das Leben in den Bergen. Haben Sie bewusst eine melancholische ­Liebeserklärung an Ihre Heimat geschrieben?

In meinem Roman «Der letzte Schnee» setze ich mich mit dem Leben in den Bergen auseinander – es ist ein Buch über das Ende und das Verschwinden, aber auch über den Wandel, konkret über den Klimawandel. Der Klimawandel ist ­etwas, was mich sehr beschäftigt, und er ist auch der Grund, warum ich «Der letzte Schnee» ­geschrieben habe. Die extremste Veränderung, die wir zu erleben beginnen, ist der Klimawandel – es wird immer wärmer, die Gletscher schmelzen, das ewige Eis am Nord- und Südpol ver­mindert sich stetig, der Meeresspiegel steigt. Das stellt uns alle vor unheimliche Herausforde­-rungen.

Ihre Lesungen sind Kult. Sie beeindrucken durch melodiöse Sprachgewalt, unterstützt und begleitet von einer lebhaften Mimik und Gestik. Wie ist eigentlich dieser unvergleichliche, melancholisch-humorvolle «Camenisch-Stil» entstanden?

Die Bühne ist ein wunderbarer Ort, den ich sehr liebe. Auf der Bühne geht es um Präsenz und Energie. Wenn ich da oben stehe, bin ich ganz in der Sprache. Und ich liebe es, die Texte zu intonieren, das ist für mich wie ein Konzert. Und auf der Bühne geht es immer um Emotionen, ich will die Leute mit dem, was ich mache, berühren.

Sie halten in diesem Jahr die Mitternachts­lesung auf der Gemmi, wo mitunter auch ein Bartgeier seine Kreise dreht…

Auf die Mitternachtslesung auf der Gemmi freue ich mich! Die Gemmi ist wie die Alp d’Huez der Literatur. Und um Mitternacht zu lesen, ist immer ein Erlebnis.

Sie lieben auch Fussball. Sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen der Literatur und dem Fussball und wie sieht Ihr Weltmeister-Tipp aus?

Auch im Sport geht es immer um Emotionen, wie in der Kunst auch. Bisher habe ich einige Spiele der WM gesehen – aber wer die Krone davon trägt, hm, diffizil. Am besten haben mir bisher glaube ich die Kroaten gefallen. Die spielen mit viel Herz, und die Mittelfeldstrategen Luka Modric und Ivan Rakitic sind sensationell. Es ist eine Freude, ihnen beim Spielen zuzuschauen. Kroatien ist für mich jedenfalls ein Geheimfavorit, aber ich hoffe natürlich, dass die Schweizer sehr weit kommen!

Frank O. Salzgeber

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