Region | Weil Druck auf den Berufsstand steigt

Amtliche Sozialhilfe findet nur schwer qualifizierte Mitarbeiter

Der gesellschaftliche Druck auf die Mitarbeiter des Sozialdienstes steigt.
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Der gesellschaftliche Druck auf die Mitarbeiter des Sozialdienstes steigt.
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Die amtliche Sozialhilfe hat auch im Oberwallis Mühe, qualifiziertes Personal zur rekrutieren. Mit ein Grund dafür ist das angekratzte Image des Berufs, ist der Geschäftsleiter des sozialmedizinischen Zentrums Oberwallis überzeugt. 

Die Sozialhilfe steht in der Schweiz regelmässig in der Kritik. Immer wieder sogen Fälle von Missbrauch und explodierende Kosten für Schlagzeilen, bürgerliche Parteien haben das Thema längst als Wahlkampf- und Abstimmungsthema für sich entdeckt. Die Kritik an der Einrichtung Sozialhilfe hat jedoch nicht nur Auswirkungen auf die Bezüger, auch die Angestellten der amtlichen Sozialhilfe spüren den gesellschaftlichen Druck.

Schwierige Personalrekrutierung

Das äussert sich vor allem darin, dass der Beruf des Sozialarbeiters bei der gesetzlichen Sozialhilfe immer unattraktiver zu werden scheint. Der Geschäftsleiter des Sozialmedizinischen Zentrums Oberwallis (SMZO), Willy Loretan, hat denn auch zunehmend Mühe, offene Stellen bei der Sozialhilfe zu besetzen. «Es war für junge Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sicher schon attraktiver bei der gesetzlichen Sozialarbeit zu arbeiten, als es dies heute der Fall ist», sagt er daher. «Wenn wir in diesem Bereich Stellen ausschreiben, so bewerben sich teilweise nur sehr wenige Leute mit den entsprechenden Qualifikationen, weshalb wir vermehrt auch auf Quereinsteiger zurückgreifen.» Diese Entwicklung steht indes diametral entgegen der Beliebtheit des Studiengangs «Soziale Arbeit». So gibt es bei der Hochschule Wallis für diesen Studiengang beispielsweise mehr interessierte Leute, als Studienplätze zu Verfügung stehen, weshalb bereits Wartelisten eingeführt wurden. «Die Herausforderung in der gesetzlichen Sozialhilfe besteht im Umgang mit verschiedenen Anspruchsgruppen», führt Willy Loretan aus. «Auf der einen Seite sind dies natürlich die Ansprüche der Bezüger selbst, auf der anderen Seite der gesellschaftliche, politische und finanzielle Druck. Das ist nicht für jeden ein Arbeitsumfeld, das attraktiv erscheint.» Um drohendem Personalmangel bei der Sozialhilfe etwas entgegen wirken zu können, hat das SMZO inzwischen reagiert und beschäftigt künftig durchgehend zwei Praktikanten im Bereich«Soziale Arbeit».

Zunehmende Bürokratie

Doch nicht nur die Rekrutierung von fachlich qualifiziertem Personal beschäftigt Willy Loretan in punkto Sozialhilfe, auch die generellen Entwicklungen geben dem SMZO-Geschäftsleiter Anlass zumNachdenken. Eigentlich befindet sich die Sozialhilfe im Oberwallis zwar in einer einigermassen komfortablen Situation. Der Beschäftigungsgrad ist äusserst hoch, es herrscht fast Vollbeschäftigung. «Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch, dass es sich bei denjenigen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, umkomplexe Fälle handelt, zum Beispiel grosse gesundheitliche oder psychische Probleme bestehen» sagt Willy Loretan. «Diese Menschen wieder in denArbeitsmarkt und in das gesellschaftliche Leben zu integrieren, was ja das eigentliche Ziel der Sozialhilfe ist, ist daher nicht leicht.» Für diese Leute müsste eigentlich mehr Zeit investiert werden, als für «einfache» Fälle, führt der SMZO-Geschäftsleiter aus. «Dies gestaltet sich jedoch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunehmend schwierig, da auf Grund des gestiegenen Drucks auf die Sozialhilfe immer mehr bürokratische Hürden auf uns zukommen», sagt Loretan und verweist in diesem Zusammenhang auf das kürzlich eingeführte Vier-Augen-Prinzip bei Auszahlungen an Sozialhilfebezüger. «Solche Vorgänge binden natürlich Ressourcen, die für die eigentlichen Aufgaben der amtlichen Sozialhilfe dann fehlen.»

Sorgenkind Ü55

Um eine Gruppe macht sich Loretan in diesem Zusammenhang besonders Sorgen. «Werden Leute in einem gesetzten Alter aus dem Arbeitsmarkt gedrängt, so ist es eine grosse Herausforderung für die Sozialhilfe diese Menschen nochmals zu integrieren», sagt Loretan.«Sozialhilferentner» ist das Schlagwort, dass der SMZO-Geschäftsleiter in diesem Zusammenhang verwendet. «Weil wir davon ausgehen, dass solche Fälle in Zukunft zunehmen, müssen wir uns dieser Entwicklung verstärkt widmen», sagt Loretan und macht jedoch auch unmissverständlich klar, dass diese Aufgabe durch seineInstitution nicht alleine zu bewältigen ist. «Die Gesellschaft muss gesamthaft eine Antwort drauf finden. Letztlich geht es hier um die Würde des einzelnen Menschen.» Dazu fehlten gerade im Oberwallis jedoch Angebote für Beschäftigungsmöglichkeiten, wie sie das kantonale Sozialhilfegesetz eigentlich vorsehe und wie diese im Unterwallis bestehen würden.

Martin Meul

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