Region | ETH-Professor Kissling warnt

«Das nächste grosse Erdbeben könnte bald kommen»

ETH-Professor Edi Kissling warnt: «Ort und Zeitpunkt eines Erdbebens kann man nicht voraussagen.»
1/1

ETH-Professor Edi Kissling warnt: «Ort und Zeitpunkt eines Erdbebens kann man nicht voraussagen.»
Foto: RZ

Quelle: RZ 0

Um zu erforschen, wie die Alpen beschaffen sind, sammelt ETH-Professor Edi Kissling Daten von Erdbeben. Das erdbebengefährdete Wallis ist für ihn von besonderem Interesse.

Das Wallis gilt, was Erdbeben betrifft, schweizweit als besonders gefährdet. «Es ist sogar mit ähnlich starken Erdbeben wie in Mittelitalien zu rechnen», warnt Edi Kissling, Professor an der ETH in Zürich und Präsident der Schweizerischen Geophysikalischen Kommission und prophezeit: «Das nächste grosse Erdbeben könnte schon bald kommen.» Seit dem grossen Erdbeben in Visp im Jahr 1955 mit Stärke 6,1 sind bereits über 150 Jahre vergangen. Ein etwas schwächeres Beben mit Magnitude 5,6 hat 1946 in Siders schwere Schäden verursacht.

150 Kilometer Tiefe

Erdbeben geben dem Forscher einen Einblick in die Beschaffenheit des Untergrunds und die Entstehung der Alpen. Um die Gebirgsbildung und deren Verbindung zur Erdbebenaktivität besser zu verstehen, will er nun die Erdkruste und darunterliegende Schichten bis in eine Tiefe von 150 Kilometern mit Sensoren gleich einem Computertomografen durchleuchten. Für Edi Kissling ist klar: «Unsere Berge werden nicht nur durch die Erosion geformt, sondern ebenso stark auch von dem, was in der Tiefe passiert.» Weil sich die Erdkruste aber nicht einfach röntgen lässt, muss er auf Erdbeben warten, um die durch seismische Sensoren aufgefangenen Schwingungen zu messen. Solche Erdbeben können lokal stattfinden oder sich ab einer Magnitude von 5 sogar weltweit ereignen. Grössere Schäden an Gebäuden oder gar Tote sind ab einer Magnitude von 5 oder 6 zu befürchten.

Vier Stationen im Wallis

Für diese Untersuchung hat Kisslings Forschungsgruppe allein im Wallis vier Messstationen in nicht mehr genutzten Alphütten oder verlassenen Militäranlagen eingerichtet – zusätzlich zu den etwa 25 Stationen, die der Schweizerische Erdbebendienst (SED) im Wallis bereits unterhält. Von Monaco bis Slowenien, einschliesslich 200 Kilometer rund um den Alpenbogen, wurden sogar etwa 600 Sensoren platziert. Weil im Wallis eine besonders hohe seismische Aktivität gemessen wird, sollen die vier Stationen in Walliser Alphütten sogar zu permanenten Stationen des SED aufgewertet werden.

Keine Voraussagen möglich

Wenn Kissling besser versteht, wie die Alpen entstanden und aufgebaut sind, könnte ihm das helfen, die Erdbebengefährdung im Wallis genauer zu erfassen. «Ort und Zeitpunkt eines Erdbebens vorauszusagen, wird aber auch in Zukunft nicht möglich sein», betont Kissling, der für eine Erdbeben-Vorsorge plädiert. «Dazu müssen Bauvorschriften erlassen werden, damit auch bei einem starken Erdbeben keine Menschen umkommen», sagt der Fachmann. Bei einem grösseren Beben machen Kissling die Stauseen am meisten Sorgen. Die Dämme seien zwar dynamisch genug gebaut und sicher, gefährlich werden könnte es aber, wenn ein Erdbeben einen Felssturz auslöst und viel Material in den See fällt. «Das könnte verheerende Auswirkungen haben», so Kissling.

Christian Zufferey

Artikel

Kommentare

Noch kein Kommentar

Kommentar

schreiben

Loggen Sie sich ein, um Kommentare schreiben zu können.

zum Login

Sitemap

Impressum

MENGIS GRUPPE

Pomonastrasse 12
3930 Visp
Tel. +41 (0)27 948 30 30
Fax. +41 (0)27 948 30 31