Spitalwesen | Lange Wartezeiten

«Ich musste 36 Stunden auf meine Operation warten»

Werner Weidmann: «Ich hatte Albträume und Halluzinationen.»
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Werner Weidmann: «Ich hatte Albträume und Halluzinationen.»
Foto: RZ

Quelle: RZ 10

Werner Weidmann (82) kann es immer noch nicht fassen: 36 (!) Stunden musste er auf eine Operation warten. Für den Rentner eine körperliche und seelische Tortur.

Januar 2016: Werner Weidmann wird von seinem Hausarzt notfallmässig ins Spital eingewiesen. Der Grund: Eine Infektion in einem Zeh, die sich ins Bein ausgeweitet hat. In den Spitälern Brig und Visp wird der Infekt behandelt. In dieser Zeit wird Weidmann zweimal operiert. Als sich ein Abszess auf dem Fussrist bildet, entschliessen sich die behandelnden Ärzte im Spital Visp für eine erneute Operation.

Albträume und Halluzinationen

Donnerstag, 17. März 2016: Die zuständige Krankenschwester macht Werner Weidmann darauf aufmerksam, dass er anderntags schon früh operiert wird. «Sie sagte zu mir, dass ich ab Mitternacht nüchtern bleiben soll», erklärt er später, immer noch sichtlich aufgewühlt durch die Ereignisse. Freitagmorgen, nach 7.00 Uhr: Weidmann wird mitgeteilt, dass er erst am späteren Vormittag operiert wird. «Dann hiess es am frühen Nachmittag, dann noch vor dem Abend.» Werner Weidmann wird immer wieder vertröstet. Mittlerweile ist es 22.00 Uhr. Seit 24 Stunden ist der Rentner nüchtern und hat während dieser Zeit nichts gegessen und getrunken. «Ich hatte grossen Durst und war schlechter Laune», schildert er seinen Gemütszustand. Schliesslich wird ihm mitgeteilt, dass die OP anderntags durchgeführt wird. «In der Nacht hatte ich schreckliche Albträume und richtige Halluzinationen», sagt Weidmann, dem seine Gedanken einen Streich spielten. «Ich habe geträumt, ich sei in einer Wüste und stünde vor einem Wasserfall.» Als er anderntags aufwacht und wieder vertröstet wird, beschliesst er, das Heft selbst in die Hand zu nehmen.

Arzt entschuldigt sich

Weidmann setzt sich im Spitalhemd auf einen Stuhl im Gang und protestiert so gegen die lange Warterei. «Ich hatte gelinde gesagt die Schnauze voll», sagt der rüstige Mann. Nur widerwillig folgt er der Anweisung einer Krankenschwester, wieder zurück ins Zimmer zu gehen. Gegen 9.30 Uhr kommt schliesslich einer der behandelnden Ärzte ans Krankenbett und fällt aus allen Wolken. «Er konnte nicht glauben, dass man mich vergessen hat und hat sich mehrmals bei mir entschuldigt», erklärt Weidmann. Keine zehn Minuten später liegt er auf dem Operationstisch und wird, mehr als 24 Stunden nach dem angesagten Termin, endlich operiert. Eine Nachfrage beim zuständigen Direktor des ärztlichen Dienstes, Dr. Reinhard Zenhäusern, bestätigt den peinlichen Vorfall. «Nach einer chi­rurgischen Visite am 17. März wurde die Operation auf den 18. März nachmittags angesetzt. Aufgrund von Notfällen konnte die geplante Operation aber nicht wie vorgesehen durchgeführt werden, fand aber am 19. März um 10.00 Uhr statt», schreibt Dr. Zenhäusern. Demgegenüber bleibt Werner Weidmann bei seiner Aussage, wonach die Operation bereits am 18. März am frühen Morgen angesetzt gewesen sei. «Die Krankenschwester hat mich am 17. März nach 21.00 Uhr kontaktiert und mir mitgeteilt, dass ich anderntags als Erster unters Messer komme. Schliesslich musste ich fast 36 Stunden auf die Operation warten», beklagt sich der Pensionär.

Unklarheit aus dem Weg räumen

Für die Ärzteschaft indessen scheint der Vorfall nicht weiter tragisch zu sein. Dr. Reinhard Zenhäusern gibt jedoch zu, dass «Herr W. am 18. März den Tag über nüchtern blieb». Gemäss Pflegedossier sei er aber mit der Operation zufrieden gewesen, «und der Chirurg hat sich persönlich bei Herrn W. entschuldigt und die Verschiebung erklärt». Werner Weidmann ist zwar mittlerweile zu Hause und es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Vergessen kann er den Vorfall aber immer noch nicht. «Ich habe zwar durchaus Verständnis, dass ein Notfall vorgeht. Was ich aber immer noch nicht verstehen kann, ist die Tatsache, dass ein Patient fast 36 Stunden auf eine OP warten muss.» Dr. Zenhäusern seinerseits zeigt sich gewillt, die Unklarheiten aus dem Weg zu räumen. «Bei Fragen stehe ich für ein klärendes Gespräch gerne zur Verfügung», sagt er der RZ.

Walter Bellwald

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Kommentare

  • Aldo - 10

    Hier werden Sachen vermischt.
    1. zu Herrn W. :
    Ich kann absolut nachvollziehen wei es Herrn W. ergangen ist. Auch ich war schon mal in einer ähnlichen Situation, allerdings war ich damals erst 13 jährig.
    Am Vorabend hiess es ich müsst nüchtern bleiben da ich als erster operiert werde. Am Morgen 06.30h erhielt ich die sogenante "dibidäbi Spritze. ich sollte ja bereits um 07.30h unters Messer. Nix war's. Ich kam erst um ca. 17.00h auf den Tisch. Keiner, der das noch nie durchgemacht hat weiss was das bedeutet. Durst Durst und nochmal Durst und du kriegst nichts. Ist schon ganz schön hart aber keine Lebensbedrohung. Zumindest nicht in dem Alter.
    2. Notfall Visp:
    Drei mal war ich da.
    Einmal mit einem, bis auf den Knochen, aufgetrennten Finger, also nichts Lebensbedrohliches. Damals habe ich auch 2 Stunden gewartet. Die hatten wichtigeres zutun. Logisch
    Einmal war ich mit Lungenembolie und Lungenentzündung da. Hei Leute da ging es ganz schön zur Sache. Nichts mit warten. die waren um 02.00h ganz schön auf Trab.
    Einmal war ich mit verdacht auf Herzinfarkt da. Das Personal hat praktisch alles fallen und liegen lassen und ich wurde keine Minute alleine gelassen. Beruhigend wenn man so behandelt wird. Es hat sich dann Got sei Dank als harmlos herausgestellt.
    Was ich damit sagen will ist: Im Spital und vorallem im Notfall müssen Prioritäten gesetzt werden.
    PS: vlt musst wegen mir ein anderer Patient zwei lange Stunden warten.
    Ein grosses DANKESCHÖN an das Spitalpersonal

  • Mekkao Pakackpopo - 20

    Ungeduld war nie eine Tugend, oder?

  • Ben Seeber - 159

    Schon mal was von Triage gehört?
    Muss denn jeder gleich innert 10 Minuten operiert werden? Wollen wir nicht lieber Geduld haben als wegen solchen komplizierten Gästen das Doppelte an KK Prämien bezahlen?
    Sorry aber Fehler werden überall gemacht. Und mit jedem ungeduligen Etlebniss gleich zur Presse rennen?

    • Alles Normal - 126

      Herr Seeber, wenn ich als alter Mann im Spital liege und auf meine OP warte und man mir dann sagt, man hätte meine OP auf den folgenden Tag verschieben müssen, dann ist das kein grosses Ding. Dann habe ich wenigstens die Möglichkeit etwas zu essen und zu trinken. Wenn man mich aber, wie in besagtem Fall, **vergisst** dann ist das unverzeihlich. Umso mehr, weil der Patient diese ganze Zeit nur vertröstet wurde und die ganze Zeit über nüchtern bleiben musste. Im Alter trocknet ein Körper, je nach Gesundheitszustand schneller aus, darum wahrscheinlich auch die Alpträume. Was Sie als Theater bezeichnen wurde nicht von dem Patienten veranstaltet, sondern vom Spital und das kann lebensgefährlich sein.

      Und ganz nebenbei Herr Seeber, es ist leider nicht das erste und bestimmt auch nicht das letzte mal, das das geschieht. Doch das interessiert ja keinen, der Zahltag ist auf dem Konto und die Versicherungen zahlen, also was solls?

    • Ben Seeber - 77

      Ich war selber schwer krank im St. Maria und musste auch Geduld haben. Also nichts von Bagatelle. Herz- Lungen und Hirnnotfälle und komplizierte Bruch und Brandverletzungen haben nun mal Vorrang. Das ist nun mal so. Oder was meinen sie wenn jeder schwer kranke Patient in der Onkologie ein solches Theater veranstalten würde. Woanders sind auch nicht Götter am Werk.

    • Alles Normal - 118

      Natürlich, einen Artikel lesen und sich denken, ach so eine Bagatelle. Doch wenn es dann einmal Sie selbst betrifft....?

  • Ruth Stebler - 276

    Vielleicht sollte man sich auch einmal bewusst werden über den Dauerstress, dem das Spitalpersonal (Aerzte und Pflege) dauernd ausgesetzt sind. Man hat immer nur mit den Patienten Mitleid, aber die Spitalangestellten leiden ebenso unter der immer mehr werdenden Arbeit für jeden einzelnen, weil überall Kosten gespart werden müssen. Da ist es ja vorprogrammiert, dass ab und zu etwas schief läuft. Solange es sich nicht um lebensbedrohende Situationen handelt kann man da sicher auch einmal einwenig tolerant sein, ohne jedes Mal eine Riesengeschichte daraus zu machen. Sicher ist es für die Betroffenen nicht angenehm, aber die Hauptsache ist doch, dass alles gut gekommen ist.

  • Alles Normal - 2316

    Wenn das denn ein Einzelfall wäre... doch leider sind solche Horrorszenarien im Spital in Visp beinahe an der Tagesordnung. Wer einmal in der sogenannten Nofallaufnahme landet, der weiss danach, wovon ich rede.

    • Richi - 43

      Hr. oder Fr. Alles Normal,
      Was sind für sie Horrorszenarien, wissen sie was sie da sagen!!!!
      wenn sie dies mit Warten verknüpfen tut es mir nur leid ,
      Wissen sie überhaupt wie in einem Notfall gearbeitet wird das ist nun mal kein Migros

    • hugo - 2315

      Ich kann dem nur zustimmen, so was ist in Visp die gängige Praxis ( im Notfall Wartezeiten von 2 und mehr Stunden). Ich weiß beim besten Willen nicht wieso diese beiden Spitäler immer so gut bewertet werden.

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