Kolumne | Diese Woche zum Thema

Soll die Nationalbank den Franken härter machen?

Peter Bodenmann und Oskar Freysinger schreiben in der Rhonezeitung.
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Peter Bodenmann und Oskar Freysinger schreiben in der Rhonezeitung.
Foto: Mengis Media

Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger im Wortgefecht.

Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier

Die Aufhebung der Negativzinsen schadet niemandem mehr als dem Wallis

Im Herbst 2014 begann die SVP mit ihrer Jagd auf Thomas Jordan. Ihr Ziel: Aufhebung des Mindestkurses, damit die Reichen und Superreichen samt ihren Banken mehr Geld verdienen.

Die SVP war leider erfolgreich. Niemand – mit Ausnahme der Gewerkschaften und der SP – verteidigte 2015 entschieden den Mindestkurs. Der damalige Walliser Staatsrat – Oskar Freysinger war mit im Boot – bewegte sich nicht. Obwohl die Aufhebung des Mindestkurses keinem Kanton mehr schadete als dem Wallis.

Warum? Wir sind ein exportorientierter Kanton. Unsere Industrie verkauft ihre Waren in alle Welt. Hotels und Bergbahnen stehen im Konkurrenzkampf mit anderen Destinationen in den Alpen.

Der Frankenkurs geriet spekulationsgetrieben ausser Kontrolle. Die Nationalbank musste mehr Geld drucken als in den Zeiten des Mindestkurses. Und zog verspätet mit den Negativzinsen die Handbremse.

Jetzt droht sich diese Geschichte zu wiederholen. Im Herbst 2018 nahm Herrliberg die Nationalbank wieder unter Beschuss. Und leider machen bei der faktenfreien Hatz auf die Nationalbank diesmal auch halbwegs linke Medien wie die «Republik» und «Infosperber» mit.

«Pausenclowns aus dem Tiefschlaf wecken»

Wahr ist: Die Nationalbank schwimmt im Geld. Sie ist längst ein Staatsfonds. Sie besitzt mehr Facebook-Aktien als Mark Zuckerberg.

Früher oder später muss man der Nationalbank mindestens 500 Milliarden wegnehmen und diese – wie die Norweger – in einem Staatsfonds anlegen. Um so die AHV zu sichern und die Krankenkassenprämien zu senken.

Bei den Zinsen kommt es immer auf die realen Zinsen an. Das, was nach dem Abzug der Teuerung im Rest bleibt. In den letzten Monaten sind die realen Zinsen in Ländern wie Deutschland und Österreich gesunken. Wenn die Nationalbank die Negativzinsen aufhebt, bekäme das Wallis massive Probleme:

Schadenposten 1: Unternehmen wie Lonza und Scintilla würden unter Druck geraten. Weil ihre Kosten in Franken anfallen, ihre Erträge aber in Euro und Dollar.

Schadenposten 2: Der sich langsam etwas erholende Tourismus käme innert fünf Jahren ein zweites Mal unter die Räder.

Schadenposten 3: Dank der tiefen Zinsen konnten sich viele junge Familien den Bau eines Einfamilienhauses oder den Kauf einer Wohnung leisten. Sie können alles brauchen, aber nicht einen erneuten Erfolg der SVP.

Unsere Staats- und Nationalräte waren, sind und bleiben wie schon 2015 orientierungslos. Wird der neue Delegierte des Wallis in Bern unsere Pausenclowns aus ihrem Tiefschlaf wecken? Die Hoffnung stirbt zuletzt.


Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller

Soll die SNB den Franken wieder härter machen?

Anders gefragt: Soll sich die SNB den Umständen anpassen und ihrem verfassungsrechtlich und gesetzlich vorgegebenen Auftrag der Preisstabilität durch ein Wechselkurssystem gerecht werden, das tendenzmässig den Franken stärkt, oder soll der Schweizer Franken durch die Festlegung eines Mindestkurses künstlich tief gehalten werden?

Zuerst einmal ist festzuhalten, dass unser Land seit Jahrzehnten mit Wechselkursen gut gefahren ist. Die unabhängige und flexible Geldpolitik unserer Notenbank ­bescherte unserer Wirtschaft im Vergleich zu anderen Ländern ­tiefere Inflationsraten (im Schnitt 2 Prozent) und ein stabileres Wirtschaftswachstum. Durch eine tiefere Teuerung profitierten unsere Unternehmen zudem von einem erheblichen Realzinsvorteil.

Zwischen 2013 und 2015 machte die BNS eine ernüchternde Erfahrung mit einem auf 1.20 festgelegten Mindestkurs. Durch die Anbindung des Schweizer Frankens an den Euro konnte die Schweizer Indus­trie ihre Produkte in Europa zwar zu einem attraktiveren Preis anbieten und die Schweizer Tourismusbranche füllte ihre Betten mit Euro-Kunden, die ohne Unter­grenze anderswohin gereist wären, doch die Übung hatte eine Kehr­seite: Da die SNB die erworbenen Euro-Milliarden in Euro-Staatspapiere investierte, kaufte sie im grossen Stil Schulden der Euro-Länder auf und finanzierte eigentlich deren Schuldloch mit. Im Grunde gab die SNB den Euro-Ländern die Mittel zum Kauf von Schweizer Exportprodukten wie Maschinen und ­Ferien. Dadurch entstand aber zugleich ein Klumpenrisiko, das mit der Zeit nicht mehr verantwortet werden konnte. Um den Mindestkurs dauerhaft aufrechtzuerhalten, hätte die SNB ihre Bilanz ums Zehnfache auf­blasen müssen. Angesichts der Euro-Schuldenkrise drohte eine nicht verkraftbare Abschreibung, die ein Mehrfaches der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes dargestellt hätte. Schon minime Kurs­differenzen bei Euro und Dollar hätten katastrophale Auswirkungen haben können.

Die Politik des tiefen Frankens durch Anbindung wurde also zu Recht aufgegeben, umso mehr als die EZB weiter massiv Euros druckte, um dank schwacher Währung die europäischen Exporte zu erleichtern.

Seit Aufgabe des Mindestkurses hat sich gezeigt, dass sich die Schweizer Wirtschaft relativ schnell an den harten Franken angepasst hat und durch Entschlackung und Innovation mehr als nur zu widerstehen vermochte. Nicht die schwache Währung macht die gute Wirtschaft aus, sondern Anpassungs­fähigkeit und Innovation. Darum das Fazit: Der Schweizer Franken hat weder stark noch schwach zu sein, sondern flexibel.

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