Kolumne | Diese Woche zum Thema

Wirtschaft und Politik: ein pervertiertes Verhältnis?

Peter Bodenmann und Oskar Freysinger schreiben in der Rhonezeitung.
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Peter Bodenmann und Oskar Freysinger schreiben in der Rhonezeitung.
Foto: Mengis Media

Quelle: RZ 0

Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger im Wortgefecht.

Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier

Oberwallis: Pervers ist der Fremdenhass der SVP

Die SVP und Oskar Freysinger wollen, dass der Franken noch härter wird. Ein Hotelier-Kollege bat mich, folgenden Vorschlag in diese Diskussion einzubringen: Die Löhne und Renten der Politiker sollten in Euro ausbezahlt werden. Über Nacht würden die Damen und Herren begreifen, was ein noch härterer Franken bedeutet.

Globalisierung 1: Der Bosch-Konzern lässt in St. Niklaus Säge­blätter für die ganze Welt produzieren. Das Werk ist innovativ. Das Management spitze. Die Lohn­abhängigen produktiv, flexibel und zuverlässig. Hoffen wir, dass der neue Betriebsleiter das so gut ­hinbekommt wie der alte. Und dass unsere Scintilla-Rolling-Stoner global Weltmarktführer in diesem Nischenmarkt bleiben.

«Ohne Globalisierung wären wir am Arsch der Welt»

Globalisierung 2: Die Lonza baut in Visp Gebäude, die an die Pyramiden der Mayas erinnern. 800 Arbeiter und Angestellte gehen in Pension. Sie müssen ersetzt werden. 700 neue hoch qualifizierte Mitarbeiter aus aller Herren Länder muss die Lonza nach Visp lotsen. Damit die Lonza dank diesen den Sprung in ein neues Zeitalter voller globaler Chancen und Risiken schafft.

Globalisierung 3: Zermatt lebt vom Tourismus, von den Touristen. Die neue Bahn auf das Klein Matterhorn ist im weltweiten Wettbewerb der Ski- und Ausflugsorte eine Trumpfkarte, die sticht.

Globalisierung 4: Nicht wenige pensionierte Oberwalliser zieht es in der kalten Winterzeit nach Thailand. Und dies nicht nur wegen des wärmeren Klimas.

Fazit: Wir leben in einer globalisierten Welt. Und nur weil das Oberwallis globalisiert ist, geht es uns über alles gesehen weit besser als in der Vergangenheit. Nichts schadet dem Oberwallis wirtschaftlich mehr als die rechten Fremdenhasser, die uns allen immer neue Steine in den Weg legen.

Man muss den Kuchen nicht nur backen, sondern man muss ihn auch verteilen. Regional, national und international. In Deutschland und Frankreich kam es zu einem massiven Sozialabbau mit sinkenden Renten und Löhnen. In der Schweiz haben dies SP und Gewerkschaften mit den flankierenden Massnahmen verhindert. Und dies notabene gegen den Willen der SVP.

Die Schweiz braucht erstens ein Rahmenabkommen mit der EU. Weil die EU für die Oberwalliser Industrie und den Oberwalliser Tourismus der wichtigste Markt ist. Und uns vor jenem Trump schützt, den die SVP bewundert. Parallel dazu müssen und können die flankierenden Massnahmen verstärkt werden. Mehr Konkretes dazu ein anderes Mal.


Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller

Globale Wirtschaft und Politik: ein pervertiertes Verhältnis

Die Finanzmärkte sind Lichtjahre von der Realwirtschaft entfernt und spielen völlig abgehoben ein globales Casino-Spiel, das die meisten Länder in eine Schuldenkrise gestürzt hat. Aberwitzige Milliardensummen werden täglich rund um die Welt verschoben, damit globale Spekulanten auf ihre Kosten kommen.

Zugleich verkümmert die Realwirtschaft, obwohl ihre Wertschöpfung konkret ist und auf dem Boden der Wirklichkeit bleibt. Daneben ist die Gewinnmaximierung durch Devisen und Wertpapiere längst ein Ponzi-Schema geworden, bei dem es 99 % Verlierer geben wird. Da die Realwirtschaft ihre frühere Macht verloren hat, braucht sie Verbündete, um diese verhängnisvolle Entwicklung zu stoppen. Sie braucht die Politik. Leider sind die meisten Politiker in unserer wertelosen und trotzdem erstaunlich moralinsauren Gesellschaft hemmungslos käuflich geworden.

«Finanzwirtschaft ist die Kunst, das Geld von Hand zu Hand weiterzugeben, bis es schliesslich verschwindet» (Robert W. Sarnoff)

Dies erlaubt der globalen Finanz, ihren Helfershelfern mit Geld zu Machtpositionen zu verhelfen. Die Draghis, Prodis, Junkers usw. waren alle einmal bei Goldmann Sachs, Rothschild oder «Black Rock» angestellt. Sie dienen weiterhin ihren Herren. Resultat: Die Politiker diskreditieren sich, weil immer wieder Affären auffliegen. Dies führt bei vielen Leuten zum Kurzschluss, dass die Politik an sich das Problem ist. Den bezahlten Medien ist es dann ein Leichtes, glaubhaft zu machen, dass die staatlichen Institutionen obsolet sind, dass Wahlen gar nichts nützen, die Nationalstaaten abgeschafft gehören und eine grenzenlose, von einer Finanzoligarchie geführte Welt viel kompetenter und ehrlicher wäre. Mit einem solchen System bräuchten keine Politiker mehr gekauft zu werden, das Geld würde bestimmen, was demokratisch zu sein hat, und die Menschen würden zu Konsumenten und austauschbaren Produktionseinheiten heruntergestuft. Brave new world.

Macron ist das schillerndste Produkt eines von Medienmogulen mit viel Geld aus dem Nichts ­geschaffenen Staatsoberhauptes. Leider ­liessen sich die Franzosen blenden und müssen jetzt zu gelben Westen greifen.

Nun scheint aber Sand ins gut ­geölte Getriebe der Globalisierung geraten zu sein. Seltsame Gewächse spriessen, die sich um die goldenen Nasen der globalen Finanzplayer foutieren. Sie heissen Trump, Bolsonaro, Salvini, Orban, Kurz oder Strache. Die von den globalen Finanzakteuren bezahlten Medien machen sie fertig, weil sie sich gegen das Mantra der Grenzenlosigkeit stemmen. Sollten aber die Zauberlehrlinge der Finanzmärkte weiterhin wüten wie bisher, wird noch viel mehr Sand ins verrückt gewordene Getriebe rieseln.

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