Standpunkt | Von Frank O. Salzgeber

Roger Federer ist nicht Mutter Theresa

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In einem Meinungsartikel der Zeitung «Tages-Anzeiger» bezeichnete jüngst ein Journalist Roger Federers Verhalten als obszön. Konkret geht es um eine Serie von Schaukämpfen, die Federer im November in Südamerika absolvierte. Für die fünf sportlich bedeutungslosen Tennismatches gegen den deutschen Top-10-Spieler Alexander Zverev in Argentinien, Chile, Kolumbien, Ecuador und Mexiko soll der Schweizer angeblich rund zehn Millionen Franken kassiert haben. Jetzt darf zu Recht über Sinn oder Unsinn von gewissen Summen diskutiert werden, die im heutigen Sport bezahlt werden. Doch um die Höhe von Federers Millionensalär geht es dem Journalisten in erster Linie gar nicht. Sein Problem: Zurzeit würden in diversen Ländern Lateinamerikas Tausende von Menschen zu Recht demonstrieren und müssten unter den Repressalien der Sicherheitskräfte leiden. Sein Vorwurf: Federer scheffelt Kohle, während andere um ihr Leben kämpfen. Deshalb fordert der Kulturredaktor, der Sportstar müsse seine Strahlkraft nutzen, um zu aktuellen politischen Fragen Stellung zu beziehen. Konkret soll er auf Verletzungen von Menschenrechten oder politische Missstände aufmerksam machen. Nein, nein, nein! Roger Federer ist nicht Mutter Theresa. Es ist nicht seine Bestimmung, das Los der Ärmsten der Welt etwas erträglicher zu gestalten, obwohl er ja sehr wohl eine eigene Stiftung unterhält. Er kann auch die soziale Frage in Lateinamerika nicht lösen. Da hilft keine noch so gut geschlagene Vorhand. Aber auch in Südamerika hat der Baselbieter unzählige Fans, die davon träumen, den Maestro einmal live spielen zu sehen. Gut, dass sich Federer vor keinen ideologischen Karren spannen lässt, sondern sich auf das konzentriert, was er wirklich kann: genial Tennis spielen. Denn von Spitzensportlern erwarten wir Spitzensport. Sie sind nicht dazu da, uns zu erklären, wie eine bessere Welt auszusehen habe. In ein Sportstadion gehe ich in der Hoffnung auf ein klasse Tennisspiel oder einen super Fussballmatch. Politische Statements haben dort nichts zu suchen.

Frank O. Salzgeber

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