Standpunkt | Von Walter Bellwald

Toleranz ist keine Frage des Gesetzes

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Das Abstimmungsresultat lässt aufhorchen: Während das Schweizer Stimmvolk die Vorlage zur Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm für Homosexuelle mit 63 Prozent klar angenommen hat, wurde die gleiche Vorlage – wenn auch nur knapp – im Oberwallis abgelehnt. «Das Oberwallis – keine Regenbogen-Region» titelte der «Walliser Bote» in seiner Montagausgabe und machte sich auf die Suche nach den Gründen, warum ein Grossteil der Oberwalliserinnen und Oberwalliser mit ihrer Meinung gegenüber sexuell anders orientierten Menschen que(e)r in der Landschaft steht. Auch der Vorstand von «Queer Wallis» meldete sich zu Wort und gab seinen Bedenken darüber Ausdruck, «dass die Abwanderung der Oberwalliser Queer-Community mit einem solchen Ergebnis nicht gestoppt wird, sondern die Angst vor der Ablehnung beim Hierbleiben fördert.» Die Anti-Rassismus-Strafnorm – die neben dem Schutz der Diskriminierung von Homosexuellen auch Ethnie, Rasse und Religion einschliesst –, ist nun zwar gesetzlich verankert, muss sich aber im Alltag erst beweisen. Natürlich darf Homophobie genauso wie Rassismus in einer zivilisierten Gesellschaft keinen Platz haben. Ob ein Gesetzesartikel aber hilft, Vorurteile gegenüber sexuell andersdenkenden Menschen abzubauen, darf bezweifelt werden. Vielmehr ist hier die Toleranz jedes Einzelnen gefragt. Wer Schwule und Andersdenkende nicht toleriert, wird seine Einstellung trotz des neuen Gesetzes kaum ändern. Und wer tolerant und weltoffen durch die Gegend geht, braucht kein Gesetz, um sich homosexuellen Menschen gegenüber respektvoll zu verhalten. Insofern bleibt zu hoffen, dass das Oberwalliser Nein eher ein Zeichen gegen Bevormundung oder die Einschränkung der Meinungsfreiheit war als eine Ausgrenzung von schwulen Menschen. Alles andere wäre nicht nur intolerant, sondern auch engstirnig und borniert. Der gesellschaftliche Wandel und die Vielfalt an neuen Lebensformen lehrt uns nämlich im Alltag eine andere Sprache.

Walter Bellwald

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