Gesundheit | Region Stalden informiert die Bevölkerung über den aktuellen Stand des geplanten Gesundheitszentrums
Noch keine Ärzte gefunden

Auf der Suche. Die Kommission Gesundheitszentrum Stalden um Gemeindepräsident Egon Furrer (Mitte) unternimmt alles, um ein Ärzteteam für das geplante Gesundheitszentrum zu finden. Mit Joëlle Ruppen (links) konnte bereits eine Apothekerin verpflichtet werden.
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Die Hausarzt-Kampagne der Region Stalden hat bislang noch wenig Früchte getragen. Während die Kommission Gesundheitszentrum Stalden weiterhin eifrig nach potenziellen Ärzten sucht, hat man immerhin bereits eine Apotheke auf sicher.
Die Agglomerationen in den grossen Talgemeinden wachsen ungebremst weiter. Folglich geraten die Berggemeinden zunehmend mehr unter Druck. Die Region Stalden mit den Gemeinden Stalden, Staldenried, Törbel, Embd und Eisten (insgesamt rund 2600 Einwohner) kämpft seit Jahren aktiv gegen die Abwanderung. So auch mit ihrer Hausarzt-Kampagne. Staldens aktueller Hausarzt, Dr. Daniel Eggenschwiler, hängt seinen Kittel an den Nagel. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. So versucht die Region Stalden, die medizinische Grundversorgung langfristig mit einem neuen Modell, namentlich einer Gemeinschaftspraxis, zu gewährleisten. Mit dem alten Konsumgebäude beim Bahnhof steht dafür bereits eine gemeindeeigene Immobilie zur Verfügung, die nur noch etwas renoviert und umgebaut werden muss.
Dreiköpfiges Ärzteteam gesucht
Viel schwieriger gestaltet sich derweil die Rekrutierung eines neuen Hausärzte-Teams. So hat die Region Stalden die PraxaMed Center AG mit Hauptsitz in Lyssach mit ins Boot geholt. Diese hat langjährige Erfahrung im Aufbau von Ärztezentren und Gruppenpraxen, wie sie dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Laut Marcel Schneider, Projektleiter und Geschäftsleitungsmitglied der PraxaMed Center AG, ist es sehr schwer, einen Nachfolger für eine Einzelpraxis zu finden: «Die jungen Ärzte haben heute ganz andere Ansprüche als ihre Vorgänger. Sie wollen geregelte Arbeitszeiten, die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten, sowie gesicherte Ferien. Und das geht nur in einem Ärzteteam.»
Wie eine Analyse gezeigt hat, braucht es in Stalden 200 Stellenprozente, um die hausärztliche Grundversorgung sicherzustellen. Zwei Drittel der jungen Hausärzte sind Frauen. Laut Schneider würden diese familienbedingt ihr Pensum öfters reduzieren als ihre männlichen Kollegen. Folglich brauche es für die geplante Gemeinschaftspraxis in Stalden ein dreiköpfiges Ärzteteam. Und damit das Gesundheitszentrum seinem Namen auch gerecht werde, sollte dieses künftig mit weiteren medizinischen Angeboten erweitert werden; so beispielsweise mit einer orthopädischen Sprechstunde, einem Kardiologen, einem Physiotherapeuten oder einem Ernährungsberater, je nachdem, welche Bedürfnisse es vor Ort gebe.
Eröffnung auf Herbst 2020 geplant
Bestätigt ist bislang nur eine Apotheke. Diese wird die Apothekerin Joëlle Ruppen führen. Ruppen ist selbst in Stalden aufgewachsen und somit für das Thema medizinische Grundversorgung sensibilisiert. Zudem führt sie in Saas-Grund seit dreieinhalb Jahren eine selbst aufgebaute Apotheke und hat somit Erfahrung in dieser Materie. «Als Nächstes planen wir den Innenausbau und rekrutieren Mitarbeiter. Dabei versuchen wir, alles mit regionalen Arbeitskräften abdecken zu können», so Ruppen. Das Vertrauen der Kunden sei viel grösser, wenn sie die Mitarbeiter kennen würden. Die Eröffnung ist auf Herbst 2020 geplant.
Zunächst muss allerdings erst mal die alte Immobilie wieder in Schuss gebracht werden. Hans Jörg Arnold, Gemeindevizepräsident und Verantwortlicher des Bauprojekts, kennt das Gebäude: «Es diente während des Zweiten Weltkriegs als Salz- und Zuckerlager und entstand somit ebenfalls als Gemeinschaftsprojekt aus einer Notsituation heraus.» Es habe also den richtigen Geist für das Gesundheitszentrum. Vor zwei Jahren hat die Gemeinde die Immobilie dem Konsumverband Vispertal abgekauft. Obwohl seitens der Urversammlungen noch kein grünes Licht für das Gesundheitszentrum gegeben wurde, reichen die fünf Gemeinden im November ein entsprechendes Baugesuch ein.
Die Apotheke und die Arztpraxis sind dabei im Erdgeschoss angesiedelt, während das Untergeschoss als Lager dienen soll. Die oberen zwei Stockwerke, sprich das Ober- und das Dachgeschoss, könnten dann allenfalls später für weitere medizinische Angebote verwendet werden. Alles wird rollstuhlgängig sein inklusive eines Lifts. Ziel ist, im Frühjahr mit den Bauarbeiten zu beginnen, sodass die Räumlichkeiten im Herbst 2020 bezogen werden können.
Investitionen von rund 3 Millionen Franken
Furrer rechnet für die Renovierung respektive den Umbau mit Kosten von 1,5 bis 2 Millionen Franken. Eine weitere Million wird für die Gründung einer Betriebsgesellschaft benötigt: «Wir gehen davon aus, dass die Region hier einen Beitrag von circa 500000 Franken sprechen muss. Weitere 200000 Franken kommen von der Praxa Med Center AG sowie 300000 Franken von den Banken.» Die Anschubfinanzierung wäre damit gesichert. Gleichzeitig betont Furrer, dass das keine Investition à fonds perdu ist: «Das Geld wird verzinst und kommt irgendwann zurück.» Schneider ergänzt: «Erfahrungsgemäss wollen die Ärzte eine selbstbestimmte Praxis führen und spätestens nach drei Jahren die Betriebsgesellschaft übernehmen.» Ferner könnten sie dann auch das Gebäude der Gemeinde erwerben. Von Kauf über Miete bis hin zu einem Miet-Kauf-Vertrag bietet die Gemeinde hier alle Optionen. Indes wurde noch nicht vertieft diskutiert, ob sich allenfalls auch die anderen Gemeinden der Region Stalden beim Gebäude finanziell einbringen, sodass es der Region gehören würde.
Fragen über Fragen aus der Bevölkerung
Die Info-Veranstaltung am vergangenen Donnerstagabend in Stalden war bis auf den letzten Platz voll. Was zeigt, wie gross das Interesse am geplanten Gesundheitszentrum ist. Gleichzeitig gab es seitens der Bevölkerung auch Fragen und Bedenken. So wurde etwa in die Runde geworfen, ob man nicht auch das Sozialmedizinische Zentrum ins Zentrum integrieren sollte. Furrer will sich das überlegen und in der Kommission diskutieren; ebenso wie etwaige Tagesstrukturen im Betreuungsbereich oder Alterswohnungen, wobei das eher schwierig zu realisieren sein dürfte, wie die Vergangenheit zeigte.
Unterdessen zweifeln manche daran, dass die Kommission die gesuchten Ärzte finden wird. Am Ende habe man dann ein millionenschweres Gesundheitszentrum ohne Ärzte. Schneider dazu: «Unsere Erfahrungen zeigen, dass man den Stein mal ins Rollen bringen und etwas Attraktives präsentieren muss, damit man die Ärzte auch findet. Sicher ist die Suche nach Ärzten keine einfache Disziplin. Doch wir haben darin Übung und in den letzten acht Jahren – teils auch auf dem Land – über 40 solcher Zentren realisiert und insgesamt rund 150 Ärzte rekrutiert. Zudem würden wir nicht 200000 Franken Risikokapital aufbringen, wenn wir nicht von unserem Erfolg überzeugt wären.» Bei der Suche müsse man geduldig sein und sich die nötige Zeit lassen. Gerade weil man eine langfristige Lösung anstrebe und nicht nach einem Jahr wieder neue Ärzte suchen wolle.
Furrer gibt sich optimistisch: «Alles, was man in die Hand nimmt, ist mit einem gewissen Risiko behaftet. Einfacher wäre es, nichts zu tun. Aber wir müssen etwas unternehmen. Und ich bin ein sehr positiv denkender Mensch mit sehr guten Leuten um mich. So bin ich zuversichtlich und glaube daran, dass wir die gesuchten Ärzte finden werden.»
Martin Kalbermatten
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