Belalp Hexe | Waldemir Gasser, 78, war erster OK-Präsident. Und auch dieses Jahr wieder am Start
«Wir drücken nur dort auf das Gaspedal, wo Zuschauer sind»

Startklar. «Am Donnerstag starten wir mit dem Training», sagt Waldemir Gasser.
Foto: WB / ANDREA SOLTERMANN
Am kommenden Samstag fällt der Start- schuss zur 37. Hexenabfahrt. Waldemir Gasser war einer der Gründer und die ersten zehn Jahre OK-Präsident. Wie die «verrückteste Volksabfahrt der Schweiz» zustande kam, wie sich der Event entwickelt hat. Und warum man Ex-Skirennfahrerin Annerösli Zryd besser nicht auf den Schlitten liess.
Waldemir Gasser, sind Ihre Ski bereits im Rennmodus?
«Fast. Es fehlt noch der optimale Wachs.» (lacht)
Mit weiteren Gründern sind Sie auch in diesem Jahr am Start. Wer ist der Schnellste in Ihrer Gruppe?
«Wir sind nicht mehr rennmässig unterwegs. Heute treten wir als Vorfahrer an. Wir eröffnen das Rennen circa 15 Minuten vor dem offiziellen Start. Auf das Gaspedal drücken wir nur dort, wo Zuschauer am Pistenrand sind. Aber ja, wir haben oft interne Ranglisten gemacht.»
Was macht die Faszination der Abfahrt aus?
«Für die Rennfahrer ist es sicherlich der sportliche Aspekt. Den Hexen gehts um eine gesellige Atmosphäre. Ich glaube, es ist die Kombination, die geschätzt wird.»
Sie waren der erste OK-Präsident und haben dieses Amt während zehn Jahren ausgeübt. Wie ist die Belalp Hexe entstanden?
«Die Idee kam vom Skiclub Belalp. Denn das damalige ‹Belalp Derby› zählte immer weniger Teilnehmer. Zum Schluss waren mehr Funktionäre anwesend als Starter. Alternativen waren also gefragt. Vertreter des Skiklubs besuchten darauf das Inferno-Rennen in Mürren. Sie waren begeistert. Und als sie zurückkehrten, sagten sie: ‹So etwas müssen wir hier auch machen›. Und schliesslich wollte man mit einem guten Event auch das Januarloch stopfen.»
Und wie ging es danach weiter?
«Der Skiklub hat den Verkehrsverein, die Bergbahnen und die Skischule zu einer ersten Orientierung eingeladen. Ich war damals Präsident der Skischule. Niemand wollte das OK-Präsidium übernehmen. Nach langem Hin und Her habe ich schliesslich zugesagt.»
Weshalb hat man sich für den Namen Belalp Hexe entschieden?
«Wir haben uns lange mit einer passenden Bezeichnung auseinandergesetzt. Es kursierten etliche Name. ‹Monsterabfahrt› oder ‹Sparrhorn-Derby› standen etwa zur Diskussion. Schlussendlich haben wir uns aber für die legendäre Sage der Belap Hexe entschieden. Es ist die uralte Geschichte über eine ‹komische› Frau, die im Hegdorn am Natischerberg ihr Unwesen trieb.»
Als die Idee des neuen Rennens bekannt wurde, welche Reaktionen haben Sie erhalten?
«Zugegeben, eine gewisse Skepsis war zu Beginn spürbar. Nach der zweiten oder dritten Ausgabe sind die Zweifel aber verflogen. Das Gewerbe stand hinter uns.»
Wie viele Teilnehmer zählte die erste Ausgabe 1983?
«Es waren 385. Und das Wetter war saumässig. Wir konnten nicht vom Hohstock aus starten. Ein Jahr später meldeten sich 560 Teilnehmer. In der dritten Ausgabe waren es 850. Und bereits im vierten Jahr haben wir unser Ziel von 1000 Teilnehmern geknackt.»
In Sachen Organisation eines derartigen Events betraten Sie Neuland. Wo lagen die Herausforderungen?
«Genügend Helfer zu finden, die im OK oder TK mitwirken, war schon damals schwierig. Mir war es immer wichtig, gute Leute um mich zu haben, auf die ich mich verlassen konnte. Die Sponsorensuche war ebenfalls eine Herausforderung. Schliesslich haben wir uns aber auf sehr gute Partner verlassen können.»
Und die Strecke führte bereits damals vom 3100 Meter hohen Hohstock hinunter nach Blatten?
«Genau. Die Strassenabfahrt nach Blatten war in den ersten Jahren aber noch nicht präpariert. Es gab relativ viele Stürze. Aber wir konnten uns auf eine sehr gut funktionierende Rettung verlassen. Helikopter, Arzt und Samariter waren schon damals permanent vor Ort.»
In den Startlisten tauchten bereits in den früheren Jahren immer wieder prominente Namen von ehemaligen Weltcupfahrern auf. Wie kam es dazu?
«Der Kontakt entstand durch die Vertreter, die in meinem Sportgeschäft in Blatten ein und aus gingen. Gemeinsam haben wir diese Athleten angesprochen. Einige davon kannte ich zudem persönlich.»
Wer blieb Ihnen in Erinnerung?
«Walter Tresch, Andreas Sprecher, Toni Bürgler, Philippe Roux, Roland Collombin, Annerösli Zryd oder Peter Müller. Damals fanden die Rennen noch am Sonntag statt. Jeweils am Samstag haben wir für unsere prominenten Starter ein spezielles Programm auf die Beine gestellt. Fondue- und Schlittelplausch waren beliebt. Aber nachdem uns Zryd pro Fahrt bis zu zwei Schlitten zerschlagen hat, mussten wir dieses Angebot einstellen.» (lacht)
Mit den Jahren wurde die Hexenabfahrt auf Samstag verlegt. Weshalb?
«Aus zeitlichen Gründen. Damals endete das Rennen am Sonntag-nachmittag gegen 14.00 Uhr
und um 16.00 Uhr stand die Preisverleihung an. Die Auswertung der Zeiten war mit der damaligen Technik entsprechend stressig. Und schliesslich wollte unmittelbar nach der Preisverleihung die ganze Masse ihre Heimreise antreten. Das Verkehrschaos war perfekt, der zuständige Gemeindepolizist mit der Verkehrsregelung völlig überfordert. Die heutige Lösung ist um einiges idealer.»
Heute dauert die Belalp Hexe eine Woche. Rund 1300 Teilnehmer gehen an den Start. Der Event ist weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt. Was sagt der erste OK-Präsident zu dieser Entwicklung?
«Wir können alle stolz sein auf die Belalp Hexe. Es ist ein Event, der an einem sonst ruhigen Januar-Wochenende eine grosse Wertschöpfung generiert. Eine im 2005 von der Uni Bern durchgeführte Studie geht von 2,5 Millionen Franken aus. Und das war vor 14 Jahren. Es freut mich zu sehen, welchen Weg dieser Anlass gegangen ist. Die Belalp Hexe ist für unsere Region viel wert.»
Interview: Matthias Summermatter
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