Verfassungsrat | Köpfe aus dem Unterwallis – heute: François Genoud, 66, FDP
«Es braucht eine Reform – keine Revolution»

Klartext. François Genoud fordert mehr Partnerschaftlichkeit zwischen Kanton und Gemeinden.
Foto: Walliser Bote
Mit der neuen Verfassung soll die Beziehung zwischen den Gemeinden und dem Kanton reformiert, der Zusammenhalt in der Bevölkerung gestärkt und das Wallis geeint werden: François Genoud, Kandidat der FDP Siders, hat klare Vorstellungen.
Französisch und zwischendurch immer mal wieder ein Fetzen Walliserdeutsch. Als Treffpunkt schlägt François Genoud ein Café im sogenannten «Oberwalliser Quartier» von Siders vor. «Hier bei uns legen wir sehr viel Wert auf Zweisprachigkeit. Die Kinder können die Schule auf Französisch, Deutsch oder Bilingue besuchen. Geht es noch besser?», fragt Genoud. Als ehemaliger Präsident der Sonnenstadt, acht Jahre stand er ihr vor, zuvor vier Jahre als Vizepräsident, muss und kann er Siders als «Förderin» der Zweisprachigkeit bezeichnen. Eine tragende Rolle spielen für Genoud in diesem Zusammenhang aber auch die Medien. «Sie müssten bemüht sein, auch die Leser aus dem anderen Kantonsteil mit den gleichen Informationen zu versorgen. Ein ‹Walliser Bote› mit zwei bis drei Seiten auf Französisch, das wäre doch wunderbar», so der 66-Jährige.
Nur eine Sprachbarriere
Der Oberwalliser bemüht sich im Unterwallis französisch zu sprechen, der Unterwalliser tut dies umgekehrt aber nicht – wird ihm nachgesagt. Dazu Genoud: «Als Unterwalliser rückt man mit seinem Hochdeutsch dem Oberwalliser kein Stückchen näher, denn im oberen Kantonsteil wird Dialekt geredet. Meine Theorie: Die Oberwalliser reden nicht gerne hochdeutsch, denn für sie ist es auch wie eine fremde Sprache, dafür gibt es bekanntlich ja auch historische Gründe. Der Oberwalliser antwortet also lieber auf Französisch, und für uns Unterwalliser ist es so schwierig, unser Deutsch zu verbessern.»
Für Genoud ist es einzig die Sprache, welche die beiden Kantonsteile voneinander unterscheidet. «Ich sehe beispielsweise keinen Unterschied zwischen einem Bauern aus dem Obergoms und einem aus Savièse. Wir gehören dem gleichen Volk an, wir sind eine Einheit», zeigt sich Genoud überzeugt. Die Totalrevision der Verfassung biete jetzt auch die einmalige Chance, den Zusammenhalt in der Bevölkerung zu stärken und das Wallis so zu einen, denn: «Diese Verfassung wird vom Volk für das Volk gemacht. Der Staatsrat hat mehrmals eine Revision versucht, ist aber gescheitert und in einer Sackgasse gelandet. Nun ist die Bevölkerung am Zug. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass die Totalrevision nicht nur Sache des Parlaments ist.»
Dass die Verfassung veraltet ist, ist bekannt. Auf den Verfassungsrat wartet in den nächsten vier Jahren viel Arbeit. «Es braucht eine Reform – aber keine Revolution», betont der ehemalige Präsident der Sonnenstadt, der überzeugt ist, dass ihm seine politische Erfahrung von Nutzen sein wird. Vor allem die Beziehung zwischen dem Kanton und den Gemeinden steht für Genoud auf der Prioritätenliste ganz oben. «Um seine Finanzen auszugleichen, überwälzt der Kanton heute viel zu viele Gebühren einfach so auf die Gemeinden. Diesem System muss ein Ende gesetzt werden. Es braucht hier dringend mehr Partnerschaft und Konsultationen», stellt der FDP-Kandidat klar.
Als konkretes Beispiel nennt Genoud unter anderem die finanzielle Unterstützung der Gemeinden für die Kirche. «Die Stadt Siders beispielsweise kostet diese Subventionierung jährlich rund eine Million Franken pro Jahr. Ich bin nicht per se dagegen, dass die Gemeinden die Kirchen unterstützen, aber die Defizite müsste der Kanton übernehmen. Über den Daumen gepeilt, wären dies vielleicht 20 bis 30 Millionen Franken pro Jahr. Angesichts eines Budgets von 3,3 Milliarden Franken wäre das ein Klacks», betont der FDP-Politiker.
Des Städters Leiden
17 Sitze stehen dem Bezirk Siders im Verfassungsrat zu. Fast 100 Kandidaten kämpfen darum. Es sei sehr schwierig vorauszusagen, welche Partei wie viele Sitze für sich gewinnen könne. Für Furore sorgte im Unterwallis bekanntlich auch die Bewegung «Appel Citoyen», welche eigens für den Verfassungsrat ins Leben gerufen wurde. Im Gegensatz zu seinem Parteikollegen Philippe Bender traut Genoud der Bewegung einiges zu: «Ich denke, in fast allen Bezirken wird ‹Appel Citoyen› Erfolg haben. Bekanntlich wollen die Kandidaten keiner Partei angehören. Vielen Wählern dürfte das entgegenkommen.» Seine eigenen Chancen, in den Verfassungsrat gewählt zu werden, bezeichnet der FDP-Politiker als intakt. «Mich kennt man und meine Politik auch.» Aber wie die anderen Kandidaten aus der Stadt werde es für ihn schwer, Stimmen aus den Dörfern zu bekommen, denn: «Hinter einem Kandidaten aus einem Dorf steht meistens die ganze Gemeinde, da hat es ein Städter schwer.»
Melanie Biaggi
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