WB-Monatsgespräch | US-Botschafter Edward McMullen besuchte vergangene Woche das Wallis
«Hier wünschen sich viele, Trump wäre anders»
Sein Amt: Botschafter der USA. Seine Mission: Den Schweizern helfen, sein Land unter Präsident Donald J. Trump besser zu begreifen. Vergangene Woche besuchte Edward McMullen das Wallis. Ein Gespräch über guten Wein, gute Beziehungen und warum er Trumps Führungsstil gut findet.
Es ist ein kleiner, überstellter Raum im ETH-Campus der Kantonshauptstadt. Edward McMullen empfing hier am vergangenen Mittwoch den Walliser Wirtschaftsdirektor Christophe Darbellay zu einem informellen Gespräch. Zuvor hielt er die Abschlussrede einer Fachtagung über Energiefragen, der eigentliche Grund für seinen Wallis-Trip. Danach ging es weiter: Besuch bei der Air-Glaciers. Seit November 2017 vertritt McMullen die USA in Bern. Das Amt ist der Dank von Präsident Trump für einen treuen Wegbegleiter und Wahlkämpfer. McMullen bleibt pragmatisch, er kann es mit allen. «Ich bin kein Politiker, sondern Geschäftsmann.»
Herr Botschafter, wir haben gelesen, dass Sie ein grosser Weinliebhaber sind. Und hoffen doch schwer, dass dies keine Fake News sind.
(lacht) «Nein, das ist wahr. Ich kann das bestätigen: True News!»
Kennen Sie auch Walliser Weine?
«Natürlich. Erst jüngst hatten wir eine Dinnerparty mit prominenten Gästen aus den USA, und wir servierten einen Sauvignon Blanc, der Name der Kellerei ist mir leider entfallen. Ich bin an einem Chianti-Gut in Italien beteiligt. Aber eure Weissweine gehören zu den besten der Welt. Ich bin auch begeistert von der Schönheit der Weingüter hier, so schön geordnet an den Hängen entlang. Das ist so schweizerisch, wunderbar. Das sagen uns auch viele Gäste und Freunde aus den USA, die uns hier besuchen. Das Blöde daran: Alle wollen dann eine Flasche mit nach Hause nehmen, aber ihr trinkt ja euren Wein lieber selbst.» (lacht)
Die produzierten Mengen sind klein und entsprechen nicht ganz den amerikanischen Dimensionen.
«Die Schweizer wissen, was sie an ihrem Wein haben und behalten ihn gerne hier. Das kann ich euch nicht übel nehmen.»
Wein, Käse, Schokolade – wie werden Schweizer Produkte in den USA wahrgenommen?
«Glauben Sie mir, die Amerikaner konsumieren davon so viel, wie sie nur können. Schweizer Produkte sind bekannt für ihre hochwertige Qualität, der Schweizer Käse zum Beispiel ist sehr beliebt, sie finden ihn in verschiedenen Variationen in den Whole Foods Markets (Anm. der Red.: die weltweit grösste Bio-Supermarktkette). Die Nachfrage ist riesig, der Absatzmarkt auch. Schweizer Bauern sollten sich das mal überlegen, es wäre für sie eine Riesenchance, wenn die Märkte frei wären.»
Für Sie ist die Zeit also reif für ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Schweiz?
«Von meinem ersten Tag an als Botschafter kommen Leute mit dieser Frage zu mir; Vertreter der Wirtschaft, Bauern, Bürger. Und ich sage allen dasselbe: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind offen für Verhandlungen mit der Schweiz. Präsident Trump ist sehr zufrieden mit der Handelsbilanz zwischen den beiden Ländern. Und er mag bilaterale Abkommen. Aber die Schweiz muss den ersten Schritt machen.»
Die innenpolitische Debatte hierfür dürfte zäh werden.
«Ich kann nicht für die Schweiz sprechen, sondern nur für die USA. Und ja: Vor zwölf Jahren ist ein Freihandelsabkommen bereits gescheitert. Aber die Märkte haben sich geändert. Und die Geschmäcker und Vorlieben der US-Bürger auch. Ich bin überzeugt: Für die Schweizer Landwirte würde ein Freihandelsabkommen riesige Chancen bieten.»
Sie vertreten die USA nun seit acht Monaten in Bern. Welchen Eindruck von der Schweiz haben Sie in dieser Zeit bekommen?
«Ich kannte die Schweiz aus meinen jungen Jahren, als Tourist, aber auch als Mitglied des ‹Young Leader›-Programmes der American Swiss Foundation. Als Botschafter hier sein zu dürfen, ist aber natürlich eine ganz andere, neue Erfahrung. Jetzt habe ich die Möglichkeit, das ganze Land so richtig kennenzulernen, die Regionen, die Leute, die dort leben, die Unternehmen, die Festivals. Meine Liebe zu diesem Land hat sich in dieser Zeit nochmals verstärkt. Auch meine Frau liebt dieses Land. Wir fühlen uns sehr privilegiert, hier sein zu dürfen.»
Was ist die Hauptaufgabe eines Botschafters?
«Meine Mission ist es, die Beziehungen zwischen beiden Ländern weiter auszubauen und zu stärken. Mit seinem Besuch am WEF in Davos hat Präsident Trump seine Wertschätzung für dieses Land gezeigt. Das Treffen mit Bundespräsident Alain Berset war das erste beider Präsidenten seit 20 Jahren. Und mit Trump kamen auch hochrangige Vertreter der US-Regierung mit nach Davos. Diese Symbolik ist nicht zu unterschätzen. Vergessen wir nicht: Wir haben turbulente Jahre hinter uns. Der Steuerstreit mit den Schweizer Banken, das gescheiterte Freihandelsabkommen.»
Was macht Sie so optimistisch für die Zukunft?
«Nehmen wir den ganzen Bereich Wissenschaft und Technologie: In Sachen Innovation ist die Schweiz die Nummer eins der Welt, gefolgt von den Vereinigten Staaten. Die weltweit grösste Volkswirtschaft und ein kleines Land mit knapp acht Millionen Einwohnern, das ist doch eine unglaubliche Kombination.»
Sie hielten hier in Sitten die Abschlussrede bei den Swiss-US Energy Innovation Days. Wie sieht für Sie zum Beispiel die Energie der Zukunft aus?
«Der Standpunkt der US-Regierung ist klar: Es gibt nicht schlechte und gute Energien, und sie sollten politisch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Im Idealfall sind sie nachhaltig und sauber, aber sie müssen auch wirtschaftlich sein. In den USA nutzen wir die Energie von Sonne und Wind, betreiben aber auch Atomkraftwerke. Wofür wir euch Schweizer beneiden, ist die Wasserkraft. Dieses Modell hat Vorbildcharakter für ganz Europa und auch für die USA. Deshalb pflegen wir diesen intensiven Austausch. Auch bei Sicherheitsfragen. Staudämme oder Atomkraftwerke könnten Ziele von Cyber-Attacken werden. In der Schweiz und in den USA gibt es herausragende Unternehmen, die an Blockchain-Technologien für die Datensicherung arbeiten. Ich bin überzeugt: Gemeinsam werden wir Lösungen finden, von denen die ganze Welt profitiert.»
Weniger erfreut schien «die ganze Welt», als die USA angekündigt haben, aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten.
«Solche Entscheide provozieren immer Reaktionen. Aber der Präsident hat nicht gesagt, dass die USA austritt. Sondern dass das Pariser Klimaabkommen nicht den Interessen unseres Landes gerecht wird. Und dass man es deshalb vorerst aussetzten will. China und andere Staaten werden durch das Abkommen stark bevorzugt. Und Präsident Trump ist nicht bereit, die Interessen der USA hinter irgendein anderes Land hinten anzustellen. Auch die Trump-Regierung will eine saubere Umwelt, aber durch Innovation, neuen Technologien und mit einer prosperierenden Wirtschaft.»
Vor unserem Interview haben Sie sich kurz mit dem Walliser Wirtschaftsdirektor Christophe Darbellay ausgetauscht. Was waren seine Anliegen?
«Christophe Darbellay ist ein sehr beeindruckender Mann, sehr gut informiert, er vertritt die hiesige Wirtschaft und die Leute, die hier leben und arbeiten. Ich respektiere ihn sehr.»
Waren die Zölle auf Aluminium und Stahl auch ein Thema? Mit Novelis und Constellium sind zwei hier angesiedelte Unternehmen betroffen.
«Ja. Beide Firmen haben grosse Interessen an den USA, generieren dort auch Jobs. Die Regierung ist sich dessen auch bewusst. Die US-Administration hat Verfahren festgelegt, wie solche Firmen von den Zöllen ausgenommen werden können. Und wir begleiten und beraten Schweizer Firmen auf diesem Weg. Auch Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann legt sich voll ins Zeug, verhandelt aggressiv. Bei unserer Handelspolitik geht es aber nicht nur um Kosten, wir verfolgen auch übergeordnete Interessen, die Sicherheit unseres Landes. Wenn China mit Dumping-Preisen den Aluminium- und Stahlmarkt überschwemmt, stossen wir bei unserer Rüstungspolitik an die Grenzen. Dass wir uns da nicht kleinkriegen lassen, ist auch im Interesse der Schweiz und andern europäischen Ländern. Aber unsere Leute und China verhandeln jetzt wieder. Ich bin optimistisch, dass wir Lösungen finden.»
Wie ist Ihre persönliche Beziehung zu Donald Trump?
«Wir kennen uns schon sehr lange. Und ich bin froh zu wissen, dass wir jederzeit miteinander sprechen können wenn nötig. Die Schweiz ist für ihn sehr wichtig, und er kann sich auf seinen Botschafter verlassen. Beim WEF habe ich ihn für die Treffen vorbereitet. Das Gute am Präsidenten: Er braucht dafür nicht lange. Er ist ein Geschäftsmann und versteht sehr, sehr schnell, was wichtig ist.»
Haben Sie seine direkte Nummer?
«Sie verstehen, dass ich über solche Dinge nicht sprechen kann.»
Wie erleben Sie seinen Führungsstil?
«Nun, er ist ein Geschäftsmann. Ich bin ein Geschäftsmann. Darum liebe ich es, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er steht nicht morgens auf, hält den Finger in den Wind und ändert dann seine Meinung. Man weiss sehr schnell, woran man mit ihm ist. Sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern gab es in Vergangenheit viele Politiker, die lieb in die Kameras lächelten, aber die Probleme nicht anpackten. Die USA brauchen jemanden wie Donald Trump.»
Wir sind immer wieder aufs Neue von der Intensität seiner Tweets überrascht.
«Er ist der erste US-Präsident, der diesen Kanal nutzt, um sich direkt an die Leute zu richten. Wer alles für bare Münze nimmt, wird Trump niemals verstehen. Er kann sehr witzig sein, hat Sinn für Humor und Ironie. Aber er spricht auch Tacheles. In Europa – und besonders in der Schweiz – sind die Menschen sehr reserviert, anständig und höflich. Hier wünschen sich viele, Trump wäre anders. Ich kann das verstehen, ich lebe nicht in einer Blase. Und ja, manchmal ist es unschön, zuzuschauen. Aber was am Ende zählt in der Politik, sind die Resultate. Und die sind derzeit sehr gut. Die US-Wirtschaft boomt.»
Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen und sein Ex-Wahlkämpfer Paul Manafort wurden wegen verschiedenen Delikten schuldig gesprochen. Manafort etwa wegen Steuerhinterziehung, Cohen, weil er in Trumps Auftrag Schweigegelder gezahlt haben soll. Glauben Sie, dass der Präsident nun ernsthaft in Bedrängnis gerät?
«Ich bin US-Botschafter hier in der Schweiz. Solche Nebengeräusche interessieren mich nicht.»
Aber wie erklären Sie den Schweizern diese Nebengeräusche?
«Das sind alles Sachen, die von Trumps hartnäckigen Gegnern aufgebauscht werden.»
Es gibt Gerichtsurteile.
«Na und?! Was hat das mit Präsident Trump zu tun, wenn jemand vor Jahren seine Steuern nicht bezahlt hat? Als Botschafter werde ich hier keine Zeit mit solchen Sachen vergeuden, die keinen Einfluss auf das alltägliche Leben der Amerikaner haben. Und den Schweizern sage ich: Hört nicht hin, das ist nur Lärm.»
Schon bald sind die «Midterms», die Halbzeitwahlen in den USA. Ihre Prognose?
«In der Regel verliert die regierende Partei Sitze, fängt sich dann aber auch wieder. Ich bin kein Politiker, sondern Geschäftsmann. Und als Botschafter bin ich ohnehin parteilos, weil ich sowohl mit Republikanern wie auch mit Demokraten zusammenarbeite. Aber die Leute spüren, dass Trump etwas bewirkt, dass Jobs geschaffen werden. Gute Voraussetzungen für die Präsidentenwahl 2020. Und vor allem gute Voraussetzungen für das Land.»
Das Gespräch führten Stefan Eggel und David Biner
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