Interview | Hypnosetherapeut Gabriel Palacios glaubt an Gesetzmässigkeiten, die über das rational Erkennbare hinausgehen
«Scheinbar strahlen Gedanken»

Bestsellerautor. Wer andere lesen will, muss sich selber kennen, so Gabriel Palacios.
Foto: Walliser Bote
Der Berner Gabriel Palacios ist Hypnosetherapeut und Bestsellerautor. Am Donnerstagabend stellte er in der ausverkauften ZAP-Filiale in Brig-Glis sein neustes Werk «Wer tut dir gut? Wie du lernst, Menschen richtig einzuschätzen» vor. Palacios ist überzeugt, die Gedanken anderer Menschen lesen zu können.
Sie sagen, Sie könnten tief in die Köpfe anderer Menschen hineinblicken. Ist es nicht anstrengend, immer zu wissen, was die Leute um einen herum denken – auch über einen selbst?
«Ja, es ist nicht einfach, wenn man zum Beispiel eine neue Geschäftskooperation eingehen will, mit der Idee, etwas sehr Wohlwollendes in die Tat umzusetzen, und dann in den Worten und an der Mimik des Gegenübers merkt, dass es nicht so gesinnt ist und ganz andere Ziele hat, als man anfangs dachte.»
Wo sind die Grenzen, wenn man in jemanden hineinblicken will?
«Anhand der Kommunikation, der Energie, die eine Person ausstrahlt, der Bewegungen im Raum, der Kleidung und vielem mehr kann man sehr viel von einer Person wahrnehmen. Doch Gedanken kann man nur eruieren, wenn man weiss, an welche Emotionen sie gekoppelt sind. Man kann schwer jemandem ins Gesicht blicken und sehen, dass diese Person an einen Hund denkt – oder an einen Baum.»
Was kann man stattdessen?
«Ich spreche hierbei immer von drei Kräften. Die erste ist die Sensibilität: Warum nutzt jemand genau dieses Wort und nicht ein anderes? Mit der Wortwahl kann man eine Person führen. Die zweite ist die Selbstreflexion. Mit ihr nimmt man wahr, ob man versucht, das eigene Selbstbild der anderen Person überzustülpen. Die dritte ist die Sensitivität. Es gibt scheinbar wirklich irgendeine Feinstofflichkeit, die man nur sehr schwer erklären kann.»
Versuchen Sie es.
«Man blickt eine Person an und dann weiss man irgendetwas über sie, aber man hat keine Ahnung, wieso man dies weiss. Es gibt in unserem Universum – und daran glaube ich sehr fest – Gesetzmässigkeiten, die wir Menschen nicht verstehen, da uns wie beim UV-Licht die Fähigkeit fehlt, sie richtig wahrzunehmen. Die Person strahlt dies auf irgendeine Weise aus – scheinbar strahlen Gedanken. Zum Beispiel, wenn man an eine Person denkt und diese genau in dem Augenblick anruft.»
Das hört sich nach einem sehr romantisierten Weltbild an, in dem alles irgendwie verbunden ist. Der Gegenentwurf dazu wäre der schiere Zufall. Wenn ich an einem Tag 50 Mal an eine Person denke – und sie bei dem einen Mal dann zufällig anruft…
«Genau. Man kann nicht beweisen, ob es Zufall oder eine Gesetzmässigkeit ist. Ob es ein Denkfehler in unserer subjektiven Wahrnehmung ist, nach dem wir nach Verbindungen suchen. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Dafür wären es einfach viel zu viele Zufälle. Wenn wir ins Auto einsteigen und der Ziegelstein fällt erst dann vom Dach. Oder wenn wir uns bücken und genau dann schiesst etwas an uns vorbei.»
Wie eine Sensorik, mit der wir Gefahren wahrnehmen, bevor wir es selbst wirklich realisieren.
«Ich denke, wir alle verfügen über diese Sensitivität. Wenn uns etwas nicht gelingt, kann dies ein Zeichen sein, es nicht zu tun – oder gerade erst recht. Das ist ein sehr schwieriges Gebiet, auf dem ich selber permanent in einem Lernprozess stecke. Was will das Universum? Mir passiert das quasi jeden Tag, dass ich denke, ich werde gelenkt oder geführt. Und ich denke, es geht allen Leuten so, die sich mit solchen Fragen auseinandersetzen.»
Was meinen Sie mit gelenkt?
«Wenn ich eine Person ansehe, habe ich oft klare Bilder vor Augen. Ich sehe sie zum Beispiel, wie sie bei sich daheim vom Vater getadelt wird, ich sehe eine Couch, einen Fernseher, Alkohol… Sage davon aber nichts, ich könnte mich schliesslich auch täuschen oder bei einer labilen Person Gedanken auslösen, wie man sie gar nicht will. Doch plötzlich erzählt mir die Person von sich aus, dass sie keine einfache Kindheit hatte und ihr Vater Alkoholiker war. Das ist schon unglaublich. Warum hatte ich gerade dieses Bild im Kopf?»
Das hört sich danach an, als brauche man eine blühende Fantasie…
«Fantasie ist sicher nicht verkehrt, aber auch gefährlich. Es gibt auch Fantasten, die sich selbst als Menschenkenner sehen und sich irgendetwas zusammenreimen. Ein richtiger Menschenkenner ist beim Gegenüber, bei sich und beim Feinstofflichen.»
Kann das Ihrer Meinung nach jeder lernen?
«Ja, man muss es aber auch wahrnehmen wollen. Das Lernen ist wie bei einer Sprache, wer Französisch lernen will, schaut französische Filme. Um Menschen besser lesen zu können, kann man sie beispielsweise im Zug beobachten und sich fragen, was diese Person denkt. Ich versuche mir sie im Alltag vorzustellen. Was sie nach dem Aufstehen macht usw. Das ist wie beim Storytelling. So können wir lernen, wer uns guttut. Dafür ist jedoch erst eine andere Frage zentral.»
Und die wäre?
«Wir müssen herausfinden, wer wir sind. Nur dann können wir wissen, was wir brauchen, um an unsere Ziele zu gelangen. Hierin unterscheide ich zwei Ausrichtungen. Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, oder solche, die einfach nur geniessen wollen. Je nach Ausrichtung zieht man andere Leute an. Will man sich entwickeln, sind es die Gegensätze. Wer geniessen will, zieht Gleiches an. Das Schöne daran ist aber, diese Ausrichtung kann sich im Verlaufe des Lebens jederzeit ändern.»
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