Wirtschaft | High-Tech-Schutzverpackungen für die Pharmaindustrie made in Raron boomen – zweistellige Millionenumsätze und Wachstumsraten
Lugaia AG realisiert Anbau in Millionenhöhe

Mit ihren speziellen Schutzverpackungslösungen für Pharma-Zwischenprodukte hat Lugaia eine vielversprechende Marktnische besetzt.
Foto: Walliser Bote
Raron | Einst im Jahr 2006 als Ein-Mann-Betrieb durch Firmengründer Viktor Schnyder ins Leben gerufen, hat sich die Lugaia AG mit Sitz in Raron zu einem weltweit erfolgreichen Unternehmen gemausert und stellt für Pharmariesen wie Bayer, Novartis oder Sandoz innovative Verpackungen her.
Die Mitarbeiterzahl ist inzwischen auf 35 bis 40 Personen angewachsen. Laut Sales Manager Michael Schweizer beläuft sich der Umsatz auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Zweistellig seien ferner auch die Wachstumsraten – konkret 25 Prozent pro Jahr. So hat das Unternehmen mit Sitz in Raron unlängst eine Vertriebsfiliale in Deutschland eröffnet. Gleichzeitig möchte Lugaia auch in Asien und den USA Fuss fassen. Schweizer: «In Japan ist uns dies schon ein Stück weit gelungen. Was hingegen das Vertriebsnetz in den Staaten angeht, stecken wir noch in den Kinderschuhen.» Dort liege noch viel Potenzial brach.
Spatenstich im Juli 2019
Die Produktion erfolgt indessen nach wie vor vollumfänglich in Raron. Und die Werkshalle im Industriegebiet Basper platzt aus allen Nähten. So soll diesen Sommer ein Anbau in Millionenhöhe in Angriff genommen werden. Der Spatensticht erfolgt laut Schweizer im Juli 2019, die Eröffnung im Frühjahr 2020: «Die neue Halle hat das gleiche Format wie die alte. In einer ersten Phase dient die neue Halle als Lager, kann aber später auch zu Produktionszwecken aufgerüstet werden. Gleichzeitig wird in der alten Halle durch die Verschiebung des Lagers Platz für neue Produktionsflächen frei.»
Maschinen Marke Eigenbau
Mit ihren speziellen Schutzverpackungslösungen für Pharma-Zwischenprodukte hat Lugaia eine vielversprechende Marktnische besetzt. Zuvor war es nicht möglich, pulverförmige Zwischenprodukte sicher in einem geschlossenen Kreislauf abfüllen zu können. Lugaia kam auf die Idee, dieses Problem mit Endlosfolien zu lösen. Die dazugehörigen speziellen Verschlussklemmen hat Schnyder erfunden und patentieren lassen und sind inzwischen ein Verkaufsschlager.
Zwar sind mittlerweile einige Konkurrenten mit ähnlichen Produkten in diesen Markt eingetreten, doch weiss sich Lugaia in diesem Umfeld zu behaupten. Laut Schweizer liegt das einerseits an den hohen Qualitätsanforderungen der Pharmabranche – das Prädikat Made in Switzerland bürge für Präzision, Qualität und Zuverlässigkeit; aber auch daran, dass Lugaia ihre Produktionsmittel selber entwickelt und herstellt. In Zeiten von Big Data wollen diese Anlagen, sprich die innovative Technologie, die dahinter steckt, wie ein Augapfel gehütet werden. So ist Industriespionage bei Lugaia ein grosses Thema. Entsprechend zurückhaltend zeigt sich das Walliser Industrieunternehmen in der Öffentlichkeit.
Alle Produkte aus Einwegplastik
Trotzdem gewährte Schweizer dem WB einen Rundgang durch die Produktionsstätte in Raron. In hermetisch abgeriegelten Reinräumen – das Ganze erinnert an eine Quarantänestation – produzieren die in Schutzanzügen gehüllten Angestellten einfache Folienpakete bis hin zu komplexen Isolatorsystemen. Alles ist piekfein sauber. Man könnte dort guten Gewissens vom Boden essen. «Hier ist alles auf Reinheit getrimmt. 10 bis 15 Mal im Jahr führen unsere Kunden bei uns entsprechende Audits durch», so Schweizer. Man müsse bedenken, dass die Pharma- und Chemieunternehmen teils mit hochgiftigen Stoffen arbeiten würden. Um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten, sei eine hochpräzise und saubere Arbeitsweise unablässig. Gleichzeitig muss auch der Kunststoff selbst strenge Kriterien erfüllen. Der Plastik kommt denn auch nicht aus China, sondern aus einer geschlossenen Qualitätskette in Europa. «Meist geben unsere Kunden sogar vor, welchen Typ wir bei welchem Lieferanten beziehen müssen», ergänzt Schweizer. Und wie sieht es bezüglich Wiederverwertbarkeit dieser Kunststoffe aus? Schweizer dazu: «Unser Betrieb ist vergleichbar mit einer Schneiderei. Da gibt es auch Verschnitt. Dieser kann recycelt werden. Die Produkte selber – allesamt Einwegplastik – müssen derweil nach Gebrauch verbrannt werden.» Das sei jedoch das geringere Übel als herkömmliche Lösungen mit Metallboxen. Weil diese jedes Mal mit Lösungsmitteln ausgewaschen werden müssten und dabei giftige Stoffe ins Abwasser gelangen könnten.
Automatisierung nur teilweise möglich
Beim Rundgang durch die Reinräume fällt auf, dass dort mehr Menschen als Maschinen sind. Wie Schweizer erläutert, muss jedes einzelne Produkt vor der Auslieferung von den Mitarbeitern auf Herz und Nieren geprüft werden: «Zuverlässigkeit ist in diesem Business das A und O. Eine Automatisierung ist deshalb nur teilweise möglich.» Die Bestellungen seien zudem sehr individuell und könnten folglich nur beschränkt maschinell ausgeführt werden. Gewisse Prozesse hat Lugaia derweil schon automatisieren können. Stolz präsentiert Schweizer das Herzstück der Produktion: Einen computergesteuertern Schneidlaser, der zu einer Schweissanlage umgerüstet wurde: «Dieser könnte theoretisch auch über Nacht laufen. Wobei dann wieder visuelle und sensorische Kontrollen durch Mitarbeiter nötig wären. Hierbei sei angemerkt, dass Lugaia nicht im Schichtbetrieb arbeitet.
In gefilterter Luft bei konstant 21 Grad schneiden, falten und verschweissen die Mitarbeiter – mehrheitlich Frauen – die Schutzverpackungen. Das mit der hohen Frauenquote ist laut Schweizer Zufall, wobei er einräumt, dass Frauen mehr Feingefühl, eine bessere Fingerfertigkeit und nicht zuletzt wohl auch ein bisschen mehr Geduld hätten. Ein eigentliches Profil gebe es derweil nicht. Wichtig seien vor allem Zuverlässigkeit und ein hohes Qualitätsbewusstsein.
Martin Kalbermatten
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