Interview | Marc Funk, neuer CEO der Lonza AG, über seine Absichten und Pläne
«Wir werden unser Tempo erhöhen»

Zielstrebig. Der neue CEO der Lonza AG, Marc Funk, will an der bisher eingeschlagenen Strategie des Konzerns festhalten.
Foto: Keystone
Marc Funk, ab dem 1. März werden Sie der neue CEO von Lonza sein. Beschreiben Sie Ihre bisherigen Tätigkeiten in der Firma.
«Ich trat 2009 in das Unternehmen ein und war als Chef der Rechtsabteilung verantwortlich. Relativ schnell arbeitete ich aber auch an operativen Aktivitäten. Dank dessen wurde ich noch vor der Anstellung von Richard Ridinger in das Exekutivkomitee von Lonza bestellt. Von Richard Ridinger wurde ich dann 2014 zum Chef der Abteilung Pharma & Biotech ernannt. Seither habe ich an der Weiterentwicklung dieses wichtigen Geschäftsfeldes gearbeitet. Dieses repräsentiert etwa die Hälfte des Umsatzes, den das Unternehmen erwirtschaftet.»
Herr Ridinger betonte, dass das Health-Care-Continuum vor allem auch dank Ihnen entwickelt und stark geprägt wurde.
«Da ist Richard aber sehr nett zu mir.»
Lonza ist drauf und dran, das gesamte Potenzial entlang der Wertschöpfungskette im Gesundheitswesen von hochmodernen Arzneimitteln bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln abzuschöpfen. Vor Ihrer Arbeit hat der Begriff Health-Care-Continuum nicht existiert.
«Nein, das gab es vorher nicht, das ist tatsächlich unsere Erfindung. Der Begriff wird mittlerweile weltweit in der Geschäftswelt benutzt. Unser Ehrgeiz ist, dass wir alles daransetzen, um innovative, neue Methoden zu entwickeln, damit wir technisch dazu fähig sind, die neuesten Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel herstellen zu können. Rund um dieses Health-Care-Continuum müssen wir zudem stets die richtigen Investitionsentscheide treffen können. Das ist eine grosse Herausforderung. Dies alles, ohne die traditionelle chemische Produktion zu vernachlässigen. Gerade auch für Visp und das Oberwallis scheint mir dies sehr wichtig. Wir wollen die Profitabilität all unserer Standorte erhöhen, um in einer Welt bestehen zu können, in welcher der Wettbewerb immer härter wird. Die Vision von Ibex zielt exakt auf diesen Mehrwert an Profitabilität im Biopharma-Bereich. Mein Team war aussergewöhnlich effizient, um den Ibex-Komplex zu planen und aufzugleisen.»
Lonza investiert in den nächsten drei Jahren rund eine Milliarde Franken. An der Pressekonferenz betonten Sie, dass es dieses Jahr Hunderte neuer hoch qualifizierter Arbeitsplätze braucht. Und im Jahr darauf braucht es weitere Hunderte solcher Mitarbeiter. Derzeit arbeiten etwa 3000 Mitarbeiter in Visp. Denken Sie, dass irgendwann auch die Marke von 4000 Mitarbeitern erreicht wird?
«Das ist schwierig zu sagen. Mein Kriterium für Wachstum in Visp ist nicht unbedingt, die Anzahl der Angestellten zu erhöhen. Meine Vision ist es, Innovationen für neue Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel nach Visp zu holen, die dabei helfen, die Zukunft des Visper Werkes sicherzustellen. Wir müssen die neuesten Trends erfassen und so rasch wie möglich umsetzen, um unseren Kunden in Visp die besten Bedingungen zu gewähren. Ob wir dabei 1000 oder 10 000 neue Mitarbeiter benötigen, um dies zu gewährleisten, wird allein durch unsere Fähigkeit zur Innovation und Wettbewerbsfähigkeit diktiert.»
Wir reden über globale Innovation. Derzeit ist die Digitalisierung und die Industrie 4.0 in aller Munde. Die Automatisation wird auch in Visp fortschreiten und traditionelle Arbeitsplätze werden durch Roboter verloren gehen.
«Da besteht kein Zweifel. Aber das ist kein Visper Problem, sondern ein globales Problem. Ich betone aber, dass wir es nicht als ein Problem betrachten sollten, sondern als Chance. In Sitten, Lausanne und Zürich bilden wir an den Technischen Hochschulen hoch qualifizierte Fachleute aus, die gerade in diesen Herausforderungen Lösungen finden können und werden. Vor Weihnachten war ich in Visp und traf mich mit allen Leuten, die am Ibex-Projekt arbeiten. Ich fragte sie, wie viele von ihnen Roboter-Ingenieure sind. Da hob niemand seine Hand. Ich sagte ihnen dann, dass ich im nächsten Jahr diese Frage wieder stellen werde. Damit wollte ich ihnen ins Bewusstsein rufen, dass wenn wir an einem Standort wie Visp eine Zukunft haben wollen, aber auch an vielen anderen Standorten unseres Netzwerks, und nicht diese Trends im Voraus antizipieren, es keinen Sinn hat, uns über hochtechnische Produktionsstätten Gedanken zu machen. Wir müssen sicherstellen, dass eben solche hoch qualifizierten Mitarbeiter nach Visp kommen, damit sie uns bei der Bewältigung der neuen Trends helfen und unseren Kunden die besten Anlagen zur Verfügung stellen.»
Sie kennen das Visper Werk sehr gut. Welche Stärken hat der Standort aus Ihrer Sicht?
«Ich lebte in meiner frühen Kindheit im Lötschental und kenne Visp sehr gut.»
Sie lebten im Lötschental? Sie müssten folglich den Walliser Dialekt sprechen.
«Das wäre nicht gut für Sie. Das lassen wir lieber.»
Wo lebten Sie im Lötschental?
«Im Weissenried. Es gibt tatsächlich Leute bei Lonza, die mich aus dieser Zeit noch kennen. Mein Vater hat dort ein Chalet gebaut, weil er die Luft liebte und dachte, dort würden die Kinder nicht krank. Ich kenne alle Berge des Lötschentals in- und auswendig, ich habe sie alle mit meinem Bruder Martin bestiegen. Martin arbeitet als Glaziologe an der ETH Zürich. Unsere Passion für die Berge stammt aus unserer Zeit im Lötschental.»
An der Pressekonferenz sagten Sie, es sei eine grosse Herausforderung, all die hoch qualifizierten Fachleute nach Visp holen zu können. Im Wallis wurde ein Welcome Desk ins Leben gerufen, um diesen Hunderten Fachleuten das Einleben im Wallis zu erleichtern.
«Ich denke, es braucht mehr als einen Welcome Desk. Sie müssen verstehen, wenn man ein Spitzenforschungszentrum für Biotechnologie erstellen will, den Ibex-Park, brauchen Sie eine Kombination aus exzellenten Fachleuten, die nicht nur die beste Ausbildung auf dem neuesten Stand mitbringen, sondern auch die richtige Kultur, die richtige Disziplin und die richtige Loyalität haben. Solche Leute suchen wir an den Hochschulen in ganz Europa, aber auch in Zürich, Lausanne und Sitten. Diese neuen Mitarbeiter sind nicht nur eine Gruppe neuer Leute, sondern bilden eine Gemeinschaft, ein Spitzenforschungszentrum. Derzeit sind diese Leute noch nicht da. Doch sie werden kommen.»
Sie sagen, es bestehe eine Diskrepanz zwischen der Anzahl Fachleute, die man holen will, und der Anzahl an Arbeitsbewilligungen, die man erhalte. Erklären Sie das bitte.
«Die Fachleute, die wir brauchen, um Ibex hochzufahren, können niemals allein aus der Schweiz rekrutiert werden. Sie kommen aus ganz Europa. Unsere bisher gemachten Erfahrungen, dass solche Leute gerne nach Visp kommen würden, sind sehr ermutigend. Viele wollen mit sehr viel Enthusiasmus nach Visp kommen. Doch leider werden die Quoten für neue Arbeitskräfte, die unserem Kanton zur Verfügung stehen, nicht ausreichen, auch mit den besten Absichten nicht.»
Die SVP plant, das Rahmenabkommen mit der EU torpedieren zu wollen. Was denken Sie darüber?
«Ich kann nur erneut die Wichtigkeit der hoch qualifizierten Fachleute betonen, die wir brauchen, um unser Spitzenforschungszentrum Ibex in Visp bauen und betreiben zu können. Die richtigen politischen Bedingungen sind daher für uns existenziell, um es diesen Leuten zu erlauben, kommen zu können.»
Aus Ihrer Sicht braucht es folglich ein Rahmenabkommen mit der EU?
«Ohne jeden Zweifel.»
Wenn Sie Ihre Arbeit als neuer CEO aufgenommen haben, planen Sie den Konzern umzubauen oder werden Sie den bisherigen Weg weitergehen?
«Ich bin ja nicht neu bei Lonza und habe unter der Führung von Richard Ridinger die Strategie massgeblich mitgestaltet. Die Vision und das Konzept von Health-Care-Continuum werden sich nicht ändern. Was sich ändern wird, ist das Tempo. Wir werden unser Tempo erhöhen.»
Mit welchen Mitteln?
«Es ist noch zu früh, um dies sagen zu können. Wir werden aber sehr greifbare Schritte unternehmen, um diese Beschleunigung zu ermöglichen.»
Wann werden Sie uns Ihre konkreten Pläne vorlegen?
«So rasch wie möglich. Ich garantiere Ihnen, Sie werden noch 2019 von uns hören.»
Werner Koder
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