Alpinismus | Trotz zweier Hitzewellen und Forderung nach Sperrung des «Hore»

«Zahl der Bergtoten am ‹Hore› liegt unter dem langjährigen Schnitt»

Rückblick. Martin Lehner, der neue Hüttenwart der Hörnlihütte (links), arbeitet eng mit dem Zermatter Rettungschef Anjan Truffer zusammen, wenn Alpinisten am Matterhorn in Bergnot geraten.
1/1

Rückblick. Martin Lehner, der neue Hüttenwart der Hörnlihütte (links), arbeitet eng mit dem Zermatter Rettungschef Anjan Truffer zusammen, wenn Alpinisten am Matterhorn in Bergnot geraten.
Foto:

Quelle: WB /zen 24.09.19 0
Artikel teilen

Nach der Schliessung der Hörnlihütte wird es rasch stiller am Matterhorn. Am «Hore» geht eine Saison zu Ende, die vorab geprägt war von Forderungen, dass der weltbekannte Berg aufgrund des Klimawandels für Bergsteiger gesperrt werden müsse.

Als die «SonntagsZeitung» am 2. August, wenige Tage nach einem dramatischen Bergunglück mit zwei Toten, aufgrund nicht genannt werden wollender Bergführer im Sommer 2019 die Sperrung des Matterhorns forderte, ging diese Schlagzeile um die Welt. Die Verantwortlichen in Zermatt hatten in der Folge alle Hände damit zu tun, in den Medien darauf hinzuweisen, dass die beiden Alpinisten aufgrund eines Abgangs eines Steinblocks auf der Hörnliroute ihr Leben verloren, über den schon Zehntausende Matterhorn-Besteiger seit der Erstbesteigung zum Gipfel hochstiegen.

Und ihr Tod nicht vermehrt auftretendem Steinschlag aufgrund des Klimawandels geschuldet sei. Selbst die Gemeinde Zermatt sah sich in Zugzwang und erklärte in einer Medienmitteilung, dass eine Sperrung des «Hore» nicht angezeigt sei. Erst als der wildgewordene Triftbach für neue Schlagzeilen aus Zermatt sorgte, verflachten sich die Diskussionen ums Matterhorn.

Kein Einbruch bei den Übernachtungen

«Die Negativ-Schlagzeilen des Sommers haben sich kaum auf die Anzahl Übernachtungen in der Hörnlihütte niedergeschlagen», erklärt Martin Lehner, der vor einer Woche seine erste Saison als Hüttenwart der Hörnlihütte beendet hat. «Lediglich am Tag nach dem Unglück, bei dem sich ein Felsblock mit einer Fixseilverankerung löste und einen chilenischen Bergführer mit seinem australischen Gast in die Tiefe riss, verzichteten die meisten Bergführer auf die Tour aufs Matterhorn und wichen mit ihren Gästen auf andere Kletterberge aus. Aber nicht aus Furcht vor erneutem Steinschlag, sondern weil die technische Kommission der Zermatter Bergführer das schon wenige Stunden nach dem Unglück umgesetzte Fixseil anderntags erst nochmals einer Kontrolle unterziehen wollte», sagt der Hüttenwart.

Lehner hat mit seiner Frau Edith und sieben Angestellten die erste Saison auf der Hörnlihütte hinter sich. Auch wenn die Schlussabrechnung noch nicht vorliege, gehe er bei einer durchschnittlichen Belegung von 70 Betten pro Nacht von einer guten Saison aus. «Abgesehen vom defekten Stromgenerator, der die Hütte zusätzlich zu den Solarpanels mit Strom versorgt, lief alles planmässig.» Die Begegnung mit Gästen und Bergführern aus der ganzen Welt sei spannend und eindrücklich gewesen. Über den Daumen gerechnet, geht er davon aus, das in dieser Saison rund 3000 Alpinisten das 4478 Meter hohe Matterhorn von der Schweizer Seite her bestiegen haben.

Hitzewellen: Neue Anforderungen für Führer

Von einer Sperrung des Horns hält auch Lehner, selber Bergführer, wenig. Räumt aber ein, dass sich Bergführer in Zukunft generell darüber Gedanken machen werden müssen, welche Berge für eine Besteigung geeignet seien, wenn während einer Hitzewelle die Nullgradgrenze während Tagen über 5000 Meter steigt und so das Gefahrenpotenzial an jedem Berg steigt. «Das Matterhorn gehört sicher zu jenen Bergen, die während solchen Wetterphasen mit erhöhter Vorsicht begangen werden sollten.»

Trotz der beiden Hitzewellen des vergangenen Sommers ist die Zahl der Toten am Matterhorn unter dem langjährigen Schnitt von 13 geblieben, weiss der Zermatter Bergrettungschef Anjan Truffer. «In dieser Saison haben wir bislang neun Tote am ‹Hore› zu beklagen. Zwei weniger als in der Saison zuvor. Acht von neun Unglücken ereigneten sich auf der Schweizer Seite. Lediglich eine Bergsteigerin kam am Lionsgrat, der Aufstiegsroute aufs Matterhorn von Italien her, ums Leben.» Das widerlege die allgemeine Meinung, dass es auf der italienischen Seite zu mehr Todesfällen aufgrund schlecht vorbereiteter Alpinisten komme, sagt Truffer.

Höheres Risiko ohne Führer

Und noch eine Tatsache wird mit Blick auf die Unglücke dieser Saison klar. Wer sich ohne Begleitung eines Bergführers ans Matterhorn wagt, setzt sich weit mehr Risiken aus. «Bei acht der neun Unglücke kamen Menschen ums Leben, die nicht von Führern begleitet wurden. Ihnen wurden Fehler zum Verhängnis, die vermieden werden hätten können. Beim Unglück mit dem chilenischen Bergführer war Schicksal im Spiel, das jeden anderen, der an jenem Tag am Berg war, auch hätte treffen können», sagt Truffer. Das spricht für die Zermatter Bergführer, die Alpinisten, die das Matterhorn besteigen wollen, Vorbereitungstouren in der Region empfehlen, bevor sie sich ans «Hore» wagen.

Dennoch wollen oder können sich nicht alle einen Führer leisten, weiss Martin Lehner. «Der Grossteil der Alpinisten macht sich mit einem Bergführer morgens nach drei Uhr von der Hörnlihütte zur Besteigung auf. Dann folgen die ‹Grampini›, so nennen wir im Dorf jene Alpinisten, die auf eigene Faust hochsteigen wollen. Es ist teils erschreckend, wie schlecht sich diese Leute auf die Tour vorbereiten. Mit zum Teil veralteten Tourenkarten und unpassendem Material machen sie sich auf den Weg nach oben und halten sich in der Folge nichtselten über Tage am Hörnligrat auf, weil sie sich heillos überschätzt haben.» Viele von ihnen schafften denn eine Besteigung auch nicht. Lehner wundert sich deshalb, dass es nicht zu mehr tödlichen Unfällen am Matterhorn kommt.

Smartphone als Lebensversicherung

Es sind dann auch meist diese Gruppen, die am Berg in Not geraten, weiss Rettungschef Truffer. «In dieser Saison musste die Zermatter Bergrettung 24 Mal zu Evakuierungen am Matterhorn ausrücken. In einigen Fällen waren es Verletzungen, die eine Bergung notwendig machten. Zumeist aber waren es Wetterumschwünge mit Schnee und Regen, die Gruppen in Bergnot brachten. Auch hier muss gesagt werden, dass viele Einsätze hätten vermieden werden können. Obwohl das Wetter umschlägt und ein Abstieg angezeigt wäre, steigen die Alpinisten weiter hoch. Im Wissen, dass sie über das Smartphone jederzeit Hilfe anfordern können.» Dieses Verhalten werde aber nicht nur am Matterhorn, sondern an allen Kletterbergen in der Region beobachtet.

Norbert Zengaffinen
24. September 2019, 16:51
Artikel teilen

Artikel

Kommentare

Noch kein Kommentar

Kommentar

schreiben

Loggen Sie sich ein, um Kommentare schreiben zu können.

zum Login
Corona Infoseite

Wallis: Abgesagt oder verschoben wegen Corona

Veranstaltungen

  • Hier ansehen.
  • Newsticker
  • Meistgelesen
  • 20:00 Ab morgen ein neues News-Portal für das Oberwallis
  • 19:45 Polizei löst Party auf
  • 17:00 Eine Region – ein News-Portal
  • 16:21 Update: Flächenbrand in Törbel verläuft glimpflich
  • 12:47 Staubtrockene erste Aprilhälfte
  • 09:58 Türkischer Präsident Erdogan lehnt Rücktritt seines Innenministers ab
  1. 1. Augustfeiern im Oberwallis - Das volle Programm im Detail
  2. «Habe über 1000 ‹Tschiffrä› gemacht»
  3. Bregy für Anthamatten
  4. «Mit dem Wort Erstbesteigung bin ich sehr vorsichtig»
  5. «Ich wurde fünf Stunden lang brutal vergewaltigt»
  6. Neuer Vertrag bis 2022
Aktuelle Verkehrsmeldungen

Kolumne | Diese Woche zum Thema:

Offene Fragen zur Corona-Pandemie

Peter Bodenmann und Oskar Freysinger schreiben bis auf weiteres im Walliser Bote.

RZ | Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und [...]

Oberwalliser Baby-Galerie

Johanna VuoloLena SalzmannLani Elaia Albrecht
zur Baby-Galerie
Anmeldung - WB Newsletter

Walliser Bote - Newsletter

    Täglich informiert mit dem WB-Newsletter!
  • Jetzt registrieren unter: www.1815.ch/newsletter

1815.märt - Jetzt inserieren

Hier können Sie Ihre Inserate direkt, günstig und flexibel im Walliser Bote und der Rhone Zeitung aufgeben.

Logo WalliserBote
  • Walliser Bote - Stellen
  • Walliser Bote - Immobilien
  • Walliser Bote - 5 Liber
  • Walliser Bote - Fahrzeuge
  • Walliser Bote - Diverses
  • Walliser Bote - Erotik
Logo Rhonezeitung
  • Rhone Zeitung - Inserate
  • Rhone Zeitung - 5 Liber
  • Rhone Zeitung - Baby Galerie - Kostenlos

Publikationen 2020

  • WB Publikationen 2020 [PDF]
  • RZ Publikationen 2020 [PDF]
Tweets von @1815_online
Rotten Verlag News

Kultur Wallis

    mehr

    Kursangebote

    Fehler beim laden der XML Datei

    mehr

    Das Walliser Erlebnismagazin

    Bergluft

    • Bergluft Nr. 30 [PDF]
    • Bergluft Nr. 29 [PDF]
    • Bergluft Nr. 28 [PDF]
    • Bergluft Nr. 27 [PDF]
    • Bergluft Nr. 26 [PDF]
    • Bergluft Nr. 25 [PDF]
    • Bergluft Nr. 24 [PDF]
    • Bergluft Nr. 23 [PDF]
    «Zahl der Bergtoten am ‹Hore› liegt unter dem langjährigen Schnitt» | 1815.ch
    • Login
    • ePaper
    • Babies
    • Umfragen
    • Videos
    • Bilder
    • Wetter
    • Suchen
    • 1815 Märt
    • Abo
    • Werbung
    • Newsletter
    • Impressum
    • Kontakt
    • Leser-Reporter
    Mengis Gruppe: Pomona Media AG
    Rotten Verlags AG
    Alpmedia AG
    1815.ch
    Wetter-Cam
    : °/°
    • Login
    • Abo
    • Werbung
    • Newsletter
    • Kontakt
    • Leser-Reporter
    • Babies
    • Umfragen
    • Bilder
    • Videos
    • Sie sind hier:
    • Home
    • News
    • Newsletter
    • wb
    • «Zahl der Bergtoten am ‹Hore› liegt unter dem langjährigen Schnitt»

    Sitemap

    Impressum

    NEWS

    • Wallis
    • Schweiz
    • Ausland
    • Sport

    ABONNEMENTS

    • Aboservice
    • Alle Aboangebote
    • Probeabo
    • Ferienumleitung
    • Adresse ändern

    VERLAG & SERVICES

    • Regio Info
    • RSS
    • Werbung
    • Tarifdoku: WB, RZ, 1815

    MENGIS GRUPPE

    Pomonastrasse 12
    3930 Visp
    Tel. +41 (0)27 948 30 30
    Fax. +41 (0)27 948 30 31
    • Kontakt

     

    • Mengis Druck und Verlag AG
    • Rotten Verlags AG
    • Alpmedia AG

    © 2025 Mengis Druck und Verlag AG - Alle Rechte vorbehalten | Kontakt | Impressum | Datenschutzerklärung | AGB Abo | AGB Werbung | AGB 1815.club | AGB Rotten Verlags AG

    Website by update AG, Zürich