Politik | Deutschschweizer Politiker gegen, Romands für zweiwöchige Papi-Zeit
Vaterschaftsurlaub offenbart Röstigraben in der SVP
Wallis | Zwei Wochen Vaterschaftsurlaub? Gar keine gute Idee, fand ein Komitee aus Vertretern der FDP und SVP und lancierte deshalb das Referendum. Nur: In der SVP sind längst nicht alle gegen die vom Parlament beschlossene Papi-Zeit.
Er sagt Ja zu zwei Wochen Vaterschaftsurlaub: Cyrille Fauchère, Präsident der SVP Unterwallis und vierfacher Vater. Am liebsten wäre ihm ja eigentlich eine Elternzeit gewesen, in deren Rahmen Vater und Mutter die Dauer des heutigen Mutterschaftsurlaubs unter sich hätten aufteilen können, legt er dar. Da sich das Parlament stattdessen allerdings für zwei Wochen Vaterschaftsurlaub entschieden habe, unterstütze die SVPU nun diesen Vorschlag. «Damit sind wir zwar nur halb zufrieden, doch es ist ein Schritt in die richtige Richtung», glaubt Fauchère. Schliesslich seien es heute teils auch Mütter, welche für das Haupteinkommen sorgten und deshalb arbeiten müssten. Gleichzeitig soll aber sichergestellt werden, dass die Kinder dennoch in jedem Fall von einem Elternteil – Mutter oder Vater – betreut werden könnten.
Er wiederum ist gegen die staatlich verordnete Papi-Zeit: Franz Ruppen, Nationalrat und Präsident der SVP Oberwallis. In Zeiten, in denen die Finanzierung von AHV und IV nicht gesichert sei und zahlreiche Pensionskassen vor grossen Herausforderungen ständen, sei es nicht angezeigt, die Sozialwerke noch weiter auszubauen. Auch einer gemeinsamen Elternzeit kann Ruppen nichts abgewinnen: «Ich bin für den Status quo, das heisst für den Mutterschaftsurlaub für Mütter», erklärt er. Und ist überzeugt, dass das auch die SVP Schweiz so sehen wird, sobald es zur Abstimmung kommen wird.
SVPler sonst meist stramm auf Parteilinie
Tatsächlich wäre alles andere eine faustdicke Überraschung. Indes dürfte die Nein-Parole zum Vaterschaftsurlaub so ganz und gar nicht von allen Kantonalparteien mitgetragen werden. Stattdessen findet sich die SVP punkto Vaterschaftsurlaub vor einem Röstigraben wieder: Neben der SVPU haben auch beinahe alle anderen Westschweizer SVP-Sektionen das Referendum nicht mitgetragen. Denn während die tonangebende Zürcher SVP grossen Wert auf die Wirtschaft lege, sei für die SVPU eine konservative Gesellschaftspolitik wichtig, erläutert Fauchère. Und er mahnt: Die vergangenen Wahlen, als die SVP schweizweit ein Dutzend Sitze verloren hatte, hätten gezeigt, dass die Partei manche Dinge vielleicht ändern müsse.
Diese Unstimmigkeit mutet seltsam an. So deckt etwa die CVP ein breites Spektrum von Mitte-links bis hin zu einem konservativen Flügel ab, weswegen in der Partei regelmässig unterschiedliche Haltungen vorzufinden sind. Bei der FDP dürfte es in Zukunft noch zu hitzigen Diskussionen bezüglich der Gewichtung von Wirtschaft und Klimaschutz kommen; und ebenso gibt es in der SP einen stramm ideologischen und einen etwas wirtschaftsfreundlicheren Flügel. Die SVP allerdings war seit Widmer-Schlumpfs Annahme der Wahl zur Bundesrätin mit anschliessender «Verbannung der Abtrünnigen» nicht mehr unbedingt dafür bekannt, in ihren Reihen allzu viele Abweichler zu dulden.
SVPU wird keine eigene Kampagne fahren
Und nun also ein ganzer Landesteil, der aus dem Parteiprogramm ausschert. Ein Problem? «Nein», versichern die Präsidenten der beiden Kantonalparteien. Zu einer Zerreissprobe werde es sicher nicht kommen, sagt Ruppen. Es handle sich lediglich um eine Thematik, zu der man unterschiedliche Ansichten habe. Da habe es in der Vergangenheit bei anderen Parteien schon grössere Differenzen gegeben – wie etwa die für den Kanton Wallis so folgenschwere Unterstützung Leuthards für das Raumplanungsgesetz, als Christophe Darbellay noch CVP-Präsident gewesen sei, erinnert er.
Ähnlich tönt es bei Fauchère: Man wolle es vermeiden, wegen des Vaterschaftsurlaubs in der Öffentlichkeit das Bild einer geteilten Partei abzugeben. Zumal es für die SVP viel wichtigere Themen wie Sicherheit und Immigration gebe, bei denen man sich ja einig sei. Ungewöhnlich sei solch eine Situation sowieso nicht: Auch als es um die Durchführung der Olympischen Spiele im Wallis ging, sei die SVPU dagegen, die SVPO allerdings dafür gewesen.
So ganz wohl in ihrer Haut scheint sich die SVPU dann allerdings doch nicht zu fühlen: So werde man sich bei der Abstimmungskampagne – vermutlich im Spätsommer oder Herbst – zurückhalten und sicher keine eigene Ja-Kampagne fahren, sagt SVPU-Chef Fauchère.
Fabio Pacozzi
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