Religion | Erzkonservative Piusbruderschaft nun mitten in Glis
«Wollen sichtbarer und grösser werden»

Gekauft. Diese Liegenschaft an der Gliser Wierystrasse gehört fortan der Piusbruderschaft.
Foto: Walliser Bote
Brig-Glis | Die erzkonservative Priesterbruderschaft St. Pius X. ist schon seit 40 Jahren im Oberwallis aktiv. Von der Öffentlichkeit unbemerkt. Das dürfte sich nun ändern. Anfang November haben sie der Neuapostolischen Kirche deren Liegenschaft an der Gliser Wierystrasse abgekauft.
Eigentlich habe man in ganz anderen Regionen der Schweiz nach einem neuen Objekt Ausschau gehalten, erklärt Pater Pascal Schreiber im Mitteilungsblatt der Bruderschaft. Fündig wurde man dann trotzdem im Oberwallis, in Glis, wo, man der Neuapostolischen Kirche deren seit Längerem leer stehenden Liegenschaften abkaufte. Der Kaufvertrag wurde Anfang November unterzeichnet, schreibt der Distriktoberer der Schweiz weiter. Morgen Sonntag findet an der Gliser Wierystrasse der Einweihungsgottesdienst statt. Für Pater Schreiber natürlich kein Zufall: «Die göttliche Vorsehung sei ewig gepriesen!» Viele andere Messzentren, so Schreiber, könnten von einer solchen Infrastruktur nur träumen. Im Gebäude befindet sich etwa ein grosser Saal, eine Empore oder eine Priesterwohnung. Dazu kommen 30 Einstellplätze in der Tiefgarage. Vorgesehen sind im neuen Zentrum jeweils ein Gottesdienst am Sonntag und deren zwei an Werktagen. Geleitet wird der Betrieb vom Priorat in Siders aus. Weitere Angebote, wie etwa Vorträge oder die Spende der Beichte, schliesst man nicht aus, hält Pater Schreiber auf Anfrage fest.
Die Piusbruderschaft ist schon seit rund 40 Jahren im Oberwallis aktiv. Um die 50 Personen würden regelmässig an den Gottesdiensten teilnehmen, bis jetzt, wenig bemerkbar in privaten Räumen. Dazu kommen im Oberwallis Dutzende Sympathisanten, offensichtlich auch gut Situierte. Denn der Kauf der beachtlichen Liegenschaft konnte laut dem Distriktoberen «dank mehrerer grosser zinsloser Darlehen und Spenden unserer Gemeinde in Glis» finanziert werden.
«Gewisses Potenzial»
Die neue Niederlassung im Oberwallis kann sehr wohl als Expansionsstrategie der Bruderschaft verstanden werden. «Wir wollen sichtbarer und grösser werden», so Schreiber. Er ortet in der Region ein «gewisses Potenzial». Die erzkonservativen Gläubigen fanden bisher ihre spirituelle Heimat oft bei charismatischen Kreisen in der Region. Diese setzten sich im vergangenen Jahr etwa dafür ein, dass das Gliser Kapuzinerkloster nach dem Wegzug der Patres weiterhin für rein geistliche Zwecke weitergeführt wird. Vergebens. Wie das Bistum Sitten zum neuen Zentrum der Piusbruderschaft im Oberwallis steht, ist unklar. Der Generalvikar war gestern für den «Walliser Boten» nicht erreichbar. Distriktoberer Pascal Schreiber seinerseits sagte, man stünde zwar mit Bischof Lovey regelmässig in Kontakt. Aber über den Kauf in Glis habe man nie gesprochen.
Die Piusbruderschaft hat ihren Ursprung mitunter auch im Unterwallis, in Ecône. Das 1970 gegründete Priesterseminar existiert bis heute. Ins Leben gerufen hatte es Erzbischof Marcel Lefebvre, der Ende der 1960er-Jahre die Piusbruderschaft gründete. Dies, nachdem es innerhalb der katholischen Kirche zum Bruch zwischen den Reformierern des Zweiten Vatikanischen Konzils und den Ultratraditionalisten kam. In den 1990er-Jahren wagte dann der Generaloberer Bernard Fellay, ein Unterwalliser, die Annäherung mit Rom. Auf ihn folgte im vergangenen Sommer Davide Pagliarani, wiederum ein «Hardliner». In breiten Teilen der Bevölkerung ist die Priesterbruderschaft höchst umstritten. Mit ihrer homofeindlichen und teils antisemitischen Haltung sorgt sie immer wieder für Schlagzeilen.
David Biner
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