DER TAGESKOMMENTAR | Zu Christophe Darbellays Rechtsstreit mit der «Weltwoche»
Politiker beim Wort nehmen
Christophe Darbellay wollte nicht, dass die «Weltwoche» über seinen Rechtsstreit mit der Mutter seines ausserehelichen Kindes berichtet. Mit einer superprovisorischen Massnahme sollte der Artikel verhindert werden; was faktisch misslang, weil das Blatt schon im Druck und Versand war. Jetzt macht der CVP-Politiker auch auf juristischer Ebene Zweiter. Das Zürcher Bezirksgericht kommt zum Schluss, dass das öffentliche Interesse an der Art und Weise, wie der Familien-Politiker sein Privatleben regelt, ob er hält, was er den Wählern auch versprochen hat, höher zu gewichten ist als der Schutz dessen Persönlichkeitsrechte.
Das Kriegsbeil zwischen dem Walliser Bildungsdirektor und der «Weltwoche» dürfte damit längst nicht begraben sein. Zumal Darbellay gestern eine Klage gegen das Magazin ankündigte. Das passt zum Zeitgeist. Allein in der Westschweiz sind derzeit drei weitere Verfahren hängig, wo sich Politiker und Medien vor den Gerichten zanken.
Man kann die zunehmende Empfindlichkeit von Mandatsträgern kritisieren, allein schon die Drohungen und Einschüchterungsversuche durch ihre Anwälte sind besonders störend. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist die Klage-Wut aber kein Problem. Jeder – Politiker oder nicht – kann sich auf dem Rechtsweg zur Wehr setzen. Und auch die Medien und Journalisten stehen nicht über den Gesetzen.
Umso erfreulicher ist das Urteil des Zürcher Bezirksgerichts. «Der Presse muss es freistehen, im Rahmen ihres Wächteramtes auch kritisch über ein Thema berichten zu können», heisst es dort. Und: Es müsse eine Debatte darüber möglich sein, ob ein Politiker seinem Wahlversprechen nachkomme oder nicht. Politiker beim Wort nehmen – es ist eine der Ur-Aufgaben, die die Medien im Auftrag ihrer Leser erfüllen. Der Entscheid des Zürcher Richters untermauert diese Rolle.
David Biner
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