Weinbau | Im Wallis scheint eine Pilzkrankheit auf dem Vormarsch zu sein, welche die Stöcke zerstört
«Esca» lässt Reben verdorren

Pilze im Holz. Noch ist der Mechanismus unklar, wie die Pilzgemeinschaft aus 158 Pilzen die «Esca»-Krankheit exakt verursacht.
Foto: zvg
Wallis | In den letzten Jahren wurden im Walliser Weinberg immer wieder verdorrte Weinstöcke registriert, die auf eine uralte Rebkrankheit zurückzuführen ist, die schon seit der Antike bekannt ist. In diesem Jahr scheint die Krankheit weiter auf dem Vormarsch.
Seit den Anfängen des Weinbaus im Mittelmeerraum ist eine garstige Rebkrankheit bekannt, über die schon die griechischen und römischen Schriftsteller der Antike berichteten. Der Name der Krankheit «Esca» leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet «Zunder» – ein Hinweis auf die zunderähnliche Konsistenz, die das Rebholz im späten Krankheitsstadium aufweist.
Eine der gefährlichsten Rebholz-Krankheiten
«Bei uns im Wallis ist Esca nichts Neues. Schon in den Vorjahren haben wir die Krankheit leider auch bei uns festgestellt. Dieses Jahr wurden aber noch mehr befallene Stöcke, die teilweise oder ganz verdorrt sind, in unseren Weinbergen festgestellt. Dieses plötzliche Verdorren, das meistens ab Mitte Juli zu sehen ist, ist auf die Anwesenheit von Pilzen im Holz der Weinstöcke zurückzuführen», teilt Stéphane Emery vom Kantonalen Weinbauamt mit. Die Esca-Krankheit hat in den letzten drei Jahrzehnten weltweit stark zugenommen und ist eine der gefährlichsten Rebholzkrankheiten. Erst gegen Ende der 1990er-Jahre breitete sich Esca zunehmend auch in den nördlichen Weinbauregionen aus und führt bereits zu ähnlichen Befallsraten wie in südlich gelegenen Regionen.
Ausreissen und verbrennen
Nach neuesten Forschungsergebnissen ist die Ursache der Krankheit mit einer Gruppe von pilzlichen Krankheitserregern verbunden, deren Lebensweise vielfach noch unbekannt ist. Untersuchungen ergaben, dass Pilzgemeinschaften von insgesamt 158 Pilzarten infrage kommen. Eine direkte Bekämpfung der Krankheit ist nicht möglich, denn die Symptome der Krankheit zeigen sich oft erst Jahre nach der Infektion. Das verunmöglicht eine präventive Bekämpfung, um den Ausbruch im Frühstadium zu verhindern. «Befallene Stöcke sind zu kennzeichnen und spätestens bis im Herbst aus dem Rebberg zu entfernen und zu verbrennen. Nur so kann vermieden werden, dass gesunde benachbarte Rebstöcke beim Schnitt infiziert werden», teilt Stéphane Emery mit.
Der Goldgelben Vergilbung zu Leibe gerückt
Die Esca-Krankheit ist nicht zu verwechseln mit der Goldgelben Vergilbung, einer weitaus gefährlicheren Krankheit im Weinberg, die ihren Weg 2016 ins Wallis gefunden hat. Dabei handelt es sich um eine Krankheit, die von Bakterien verursacht wird, die wiederum von der Amerikanischen Rebzikade übertragen werden. Im Jahr 2016 ist eine Parzelle in Fully befallen worden. Die Konsequenzen lesen sich dramatisch. «Rund um den Befallsort mussten alle Rebstöcke herausgerissen und vernichtet werden, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern», erklärt Stéphane Emery. Zudem wurde in den letzten zwei Jahren in einem Aktionsradius von 500 Metern, das sind 50 Hektaren oder 500 000 Quadratmeter, der Amerikanischen Rebzikade mit Insektiziden zu Leibe gerückt. «Falls wir dieses Jahr keine weiteren Symptome feststellen, hat sich die Aktion gelohnt und wir müssen sie nicht mehr fortsetzen», so Emery. Ob sie von Erfolg gekrönt ist, lässt sich erst im Herbst feststellen, denn erst dann zeigen sich die ersten Symptome eines Bakterienbefalls mit der Goldgelben Vergilbung.
Pflanzenschutz immer mehr unter Druck
Das Weinbauamt hat kürzlich die Winzer auch darüber informiert, dass angesichts des aktuellen Vegetationsvorsprungs die letzte Behandlung mit Fungiziden für die Rebsorten der 1. Epoche wie Pinot noir, Gamay oder Fendant in dieser Woche einzuplanen sei. Die Abschlussbehandlung für die Spätsorten wie Humagne rouge oder Syrah sollte in zwei Wochen erfolgen. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird indessen von den Konsumenten immer mehr kritisiert. Fakt ist jedoch: Die Landwirte, Obstbauern und Winzer setzen Pflanzenschutzmittel nicht zum Spass ein. Sie schützen damit ihre Kulturen vor Krankheiten, Schädlingen oder Unkräutern und stellen eine verkäufliche Ernte sicher. Die Anforderungen der Konsumenten sind streng. Kaum jemand, der etwa Obst mit Pilzflecken, Gemüse mit Läusen oder Kartoffeln mit Drahtwurmlöchern kaufen möchte.
Ohne Spritzung keine Ernte
Das sieht auch Stéphane Emery so: «Winzer, die ihre Reben nicht gegen Pilzkrankheiten wie den Echten oder Falschen Mehltau schützen, haben im Herbst keine Ernte. So einfach ist das.» Daran ändert auch der biologische Anbau von Trauben nichts. Im biologischen Anbau wird nämlich mit Schwefel- und Kupferpräparaten gespritzt. Diese sind dort erlaubt, weil Schwefel und Kupfer in der Natur vorkommen. Eine Alternative sind Piwi-Sorten, also pilzwiderstandsfähige Sorten. Ihr flächenmässiger Anteil im Schweizer Weinberg ist aber noch sehr marginal. Gerade mal 1,8 Prozent aller Parzellen sind mit Piwi-Sorten bestückt. Und weil der Anbau einer Dauerkultur wie ein Weinberg eine teure Sache ist, die auf viele Jahrzehnte ausgelegt ist, wird sich so schnell auch nichts daran ändern.
Werner Koder
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