Gesundheit | Neue Richtlinien der SUVA im Fokus
"Ziel ist es nicht, die Arbeiter zu schikanieren"

Freizügige Bauarbeiter. Wird dieses Bild bald der Vergangenheit angehören?
Foto: Walliser Bote
Oberwallis | Die SUVA gab im Mai neue Richtlinien zum Sonnenschutz auf Baustellen heraus. Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) kritisierte diese heftig. Bei lokalen Bauunternehmen zeigt man sich jedoch gelassen und umsetzbereit.
Realitätsfern und aus dem Elfenbeinturm heraus nennt der SBV die neuen Regulierungen der SUVA, zu denen sie die Baufirmen ab dem 1. Januar 2019 verpflichten wollte. Ende Mai erstellte sie einen Katalog, der das «Oben-Ohne» der Baustelle verbieten, den Nackenschutz und die Stirnblende obligatorisch machen sollte. Die Baustellen sollten beschattet werden und während der Sommermonate von 11.00 bis 15.00 Uhr geschlossen bleiben. Diese Massnahmen wollte sie geltend machen, um dem Hautkrebs vorzubeugen, an dem in der Schweiz durchschnittlich drei Personen am Tag erkranken. Da sich seitens des SBV allerdings starker Widerstand regte, verzichtet sie auf die Einführung des Obligatoriums. Dazu nimmt Serkan Isik, der Mediensprecher der SUVA, Stellung: «Wir erlassen kein Verbot, möchten die Bevölkerung jedoch auf die Gefahr sensibilisieren.»
Nackenschutz und Stirnblende
Besonders der neuartige, erweiterte Helm der SUVA war dem Verband ein Stein des Anstosses: Er sei eine praxisfremde Regulierung, die sogar das Sichtfeld der Arbeiter einschränke. Ganz aus der Luft gegriffen ist der Helm aber doch nicht. Die SUVA orientierte sich bei seiner Erstellung an Vorbildern aus Australien und optimierte sein Konzept so weit, dass das Sichtfeld des Arbeiters ungestört bleibt. Erste Reaktionen von Baustellen, auf denen dieser getestet wurde, sollen sich laut SUVA durchwegs als positiv gezeigt haben. Isik selbst hat Stirnblende und Nackenschutz beim Arbeiten im Garten angezogen und weiss Gutes davon zu berichten: «Der Stoff ist sehr leicht und meine Sicht wurde nicht gestört.»
Auch auf Walliser Baustellen getestet
Der Chef der Zengaffinen AG, Raoul Zengaffinen, kann diese Reaktionen bestätigen. «Bei einem Test auf einer unserer Baustellen sind die Helme sehr gut angekommen.»
Auch auf drei Baustellen der Ulrich Imboden AG seien die Helme akzeptiert worden. Benno Imboden, der Sicherheitschef der Firma, sagt dazu: «Zuerst wurden die Helme belächelt, dann aber erwiesen sie sich als eine gute Sache und wurden von den Arbeitern weiterempfohlen.» Imboden spricht sogar von Arbeitern, die sich vor der Herausgabe dieses Helmes selbst etwas Ähnliches gebastelt hätten. Der Nackenschutz käme sehr gut an, von der Stirnblende seien die Arbeiter aber weniger überzeugt.
Rigorosität führt am Ziel vorbei
Zengaffinen bringt Verständnis auf für die harsche Stellungnahme des Baumeisterverbandes. Zum Teil würden die Versicherungen zu tief in den Arbeitsalltag eingreifen und diesen mit ihren Reglementierungen zu sehr bestimmen. «Das kann für den Arbeiter einschränkend wirken.» Zengaffinen weiss um die UV-Strahlung Bescheid, die sich in den letzten Jahren verstärkt hat, und versucht deswegen, die Arbeiter möglichst gut zu schützen. Pausen bei Hitze, Sonnencreme und Wasser stünden ihnen schon seit Jahren zur Verfügung.
Benno Imboden spricht von ähnlichen Erfahrungen: «Empfehlungen als Gesetze zu unterbreiten, kommt bei den Leuten nicht gut an. Besser ist es, sie sanft einfliessen zu lassen. Wer sie anwendet, wird sie zu schätzen wissen.»
Ihre beiden Positionen stimmen mit der Meinung des Mediensprechers der SUVA überein, der den Widerstand des Baumeisterverbandes versteht: «Unser Ziel ist es nicht, die Arbeitnehmer mit Regeln zu schikanieren. Wir möchten sie vom Schutz überzeugen.»
Konkrete Massnahmen der Firmen
Bei beiden Firmen wird vorwiegend auf Sensibilisierung gesetzt und dem Arbeiter selbst wird die Verantwortung über den Umgang mit Sonnenschutz überlassen. «Bei uns ist es nicht verboten, oben ohne auf dem Bau zu arbeiten.», erklärt Benno Imboden und fügt hinzu: «Allerdings machen wir die Arbeiter auf das Hautkrebsrisiko aufmerksam.»
Auch die Firma Zengaffinen erlässt vor dem Obligatorium der SUVA keine eigenen Kleidervorschriften. «Diese können nur unter beidseitigem Einverständnis erteilt werden», gibt Zengaffinen an. Da er aber damit rechnet, dass die Empfehlungen bald zu Vorschriften werden könnten, bereitet er seine Firma vor: «Wir werden eine komplette Neuuniformierung durchführen, bei der der Schutz des Arbeiters im Zentrum steht. Lange Hosen und langärmlige, luftdurchlässige Oberteile werden zurzeit getestet und im Oktober zur Verfügung stehen.»
Bis die Empfehlungen der SUVA zu Gesetzen werden, bleibt dem Betrachter also weiterhin das Bild von Bauarbeitern ohne T-Shirts und in kurzen Hosen erhalten.
Cedric Zengaffinen
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