Unihockey | Die Damen der Visper Lions debütieren heute in der Nationalliga B
Euphorie oder Absturz?

Blick in die Zukunft. Trainer Jonas Gruber (links) mit Anweisungen an seine Spielerinnen.
Foto: Walliser Bote
Die Spannung ist gross, der Faktor Ungewissheit allerdings auch. Mit dem Start in die NLB beginnt sofort auch der Kampf um den Ligaerhalt.
Für Jonas Gruber ist es eine spezielle Geschichte. 2005 stiess er als Junior zum UHC, durchlief bis zur ersten Mannschaft alle Altersstufen. Höhepunkte sucht man eigentlich vergebens, «ausser ein paar Playoff- oder Aufstiegsspielen», ergänzt er lachend. Der 29-Jährige kennt seinen Verein und man kennt ihn. Sein Übergang vom Spieler zum Trainer war fliessend, noch als Aktiver trainierte er zusätzlich die U18-Junioren und später auch die U21-Juniorinnen. «Damals suchte der Klub für die U18 in erster Linie einen Helfer, eine rechte Hand zum Trainer. Für mich war das eine gute Gelegenheit, erste Erfahrungen zu sammeln.» Erfahrungen, die ihm spätestens im Winter der Saison 2014/15 entgegenkamen.
In über vier Jahren von der 2. Liga in die Nationalliga B
Die UHC Visper Lions suchten in jener Phase während der laufenden Saison eine Lösung für den zurückgetretenen Cheftrainer. Die Verantwortlichen wurden intern fündig, bei Jonas Gruber und David Grünwald. Das Duo übernahm und fast fünf Jahre später ist es noch immer in der Kommandozentrale von Visps höchstdotierter Mannschaft. «Ich hatte damals den Vorteil, aus meiner Trainerzeit bei der U21 bereits viele Spielerinnen gekannt zu haben. Das hatte uns den Einstieg sicher um einiges erleichtert», blickt Gruber zurück.
Sie stiegen ein, als die Damen auf Platz 2 der 2. Liga klassiert waren. Dies, gepaart mit den Vorkenntnissen über das Kader, ergaben eine hoffnungsvolle Ausgangslage. Wenige Monate später der Sprung in die 1. Liga, notabene ungeschlagen. Schneller konnte es für Gruber, Grünwald und Co. nicht klappen.
Die Akklimatisation in der neuen Liga gelang, die Trainer sahen Monat für Monat kleine Schritte vorwärts. «Der Kern des Teams blieb zusammen und von der neuen Liga haben wir in allen Belangen profitiert. Das Interesse der Spielerinnen wuchs weiter, unser Niveau steigerte sich», blickt Gruber auf die verschiedenen Saisons in der 1. Liga zurück. Insgesamt sind es deren vier geworden, ehe in diesem Frühjahr sogar der Sprung auf Nationalliga-Niveau gelang. Für den Cheftrainer ein Erfolg, der sich auch schon früher hätte einstellen können. «Im Frühjahr 2018 verpassten wir den NLB-Aufstieg hauchdünn. Das war insofern schade, weil dort ein Direktaufstieg ohne zusätzliche Spiele möglich gewesen wäre.»
Zwei Mal aus der Rücklage noch zu entscheidenden Playoff-Siegen
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Letzte Saison räumten die Löwinnen alles aus dem Weg, Platz 1 nach der Qualifikation die logische Folge. Dann kamen die Playoff-Hürden. Gegen die Nesslau Sharks verlor Visp 5:7, aber bog die Best-of-3-Serie (4:3, 6:2) noch. Gleiches gegen Trimbach, wo die Oberwalliserinnen erneut eine Startniederlage (2:3) wettmachen mussten. Auch diese Wende gelang, mit 3:1-Siegen zogen die Solothurnerinnen den Kürzeren. «Wir wollten einen Top-3-Platz, das gelang uns souverän. Nach dem 1.-Liga-Meistertitel sagten wir uns, nun das Beste herausholen zu wollen, aber sollte der Aufstieg nicht gelingen, wäre das kein Weltuntergang», so Gruber. Die Welt ist so oder so nicht untergegangen.
«In Vergangenheit sind NLB-Aufsteiger oft unterschätzt worden, vielleicht wird das auch unsere Chance sein»
Jonas Gruber, Trainer
Das alles entscheidende Spiel in Trimbach fand an einem Freitagabend statt, gefeiert wurde auf der Rückfahrt im Bus. «Das war unsere Aufstiegsparty», lacht der gelernte Elektriker Jonas Gruber. Doch das ist schöner Schnee von gestern. Vor ihm und all seinen Spielerinnen steht eine Liga, deren Unterschiede um einiges grösser sind als zwischen 1. und 2. Liga. «Das kann man so sagen, der Sprung in die Nationalliga B ist bedeutender und wir müssen uns nichts vormachen. Wir stehen vor einem herausfordernden, schwierigen Jahr.»
Ausgeglichenheit als Stärke und Schwäche zugleich
Das Kader – zwischen Jahrgang 1985 und 2002 ist alles dabei – erfuhr geringfügige Mutationen, vier neue Gesichter kamen hinzu (siehe linke Spalte). Von Alexandra Staib erwartet der Trainer einen guten Spielaufbau, von Anja Schulz Power nach vorne, von Nadine Schenk Ruhe am Ball und Routine und von Coralie Landmesser Skorerqualitäten. «Uns hat stets die Ausgeglichenheit ausgezeichnet, wir waren nie von einem Block anhängig. Jetzt konnten wir uns verstärken und haben dadurch mehr Varianten», ist der Trainer optimistisch.
Fehlende Leadspieler können aber auch die Kehrseite der Medaille sein, wenn es die Akteure, die wiederholt für den Unterschied sorgen können, nicht gibt. Die Visper Lions wissen das. Gruber eilt es in einem anderen Aspekt mehr. «Im mentalen Bereich müssen wir unbedingt stärker werden.» Eine Mentaltrainerin war kürzlich zu Gast, ein Anfang.
Im Hinblick auf die NLB wurde das Trainingspensum von zwei auf drei Einheiten wöchentlich erhöht, dienstags gibt es ein gemeinsames Training mit den 3.-Liga-Herren. Dort, wo Gruber wenn immer möglich noch als Aktiver mitmacht. «Im Bereich Tempo und Physis ein gutes Training für meine Spielerinnen.»
Playoffs und damit Ligaerhalt als primäres Ziel
Waren die Visper Lions zuletzt immer für Tore gut, werden sie sich künftig aber umsehen müssen. Trainer Grubers Wunschvision «ist aus einer guten Defensive gute Konter zu starten». Erreichen sie in der zehn Klubs umfassenden Meisterschaft mindestens Platz 8, sind der Ligaerhalt und damit auch die Playoff-Teilnahme gewiss. «Der Rest ist Zugabe», sagt Gruber, der an Yverdon oder Uri denkt, die seine Mannschaft hinter sich bringen könnte. Er hat sich mit anderen Trainern ausgetauscht. Diejenigen, welche die Nationalliga B gut kennen, erinnerten sich an frühere Aufsteiger, die von der Konkurrenz immer wieder unterschätzt wurden. «Vielleicht wird auch das unsere Chance sein, wenn man Visp nicht viel zutraut.»
Einen Teamevent haben die Löwinnen hinter sich. Im Gliser Mattenstafel wurde grilliert, in Zelten geschlafen und frühmorgens auf das Glishorn gewandert. Höhenflüge, die auch im Championat vonnöten sein werden. Bleibt die gern genannte Aufstiegseuphorie präsent, winken die Playoffs. Stösst aber die letzte Saison so erfolgsverwöhnte Equipe sofort an Grenzen, droht ohne ein Turnaround der Absturz.
Alan Daniele
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