Verkehr | Investitionsschutzvereinbarung zum Bahntunnel Unnerchritz: IG Zufahrt Zermatt lanciert Volksabstimmung
Gemeinderat will ohne Bevölkerung entscheiden

IG Zufahrt Zermatt unter Präsident Karl Eggen (links) spricht Klartext: «Die Zermatter Bevölkerung würde bei transparenter und vorgängiger Information beziehungsweise Befragung diesem Generationenprojekt mehr Akzeptanz entgegenbringen.»
Foto: mengis media
Bis Sommer 2020 soll die Investitionsschutzvereinbarung zum geplanten Bahntunnel Unnerchritz stehen. Erst nach Unterzeichnung dieses Vertrags zwischen Bund, Kanton und Gemeinde will der Gemeinderat die Zermatter Bevölkerung darüber informieren. Die IG Zufahrt Zermatt kann das nicht akzeptieren und fordert ein öffentliches Mitspracherecht.
Gemeindepräsidentin Romy Biner-Hauser kann auf Anfrage nichts zum Inhalt dieser Vereinbarung sagen: «Die Vereinbarung ist in Ausarbeitung mit Bund und Kanton. Da der Prozess noch im Gange ist, wird derzeit über den Inhalt nicht informiert.» Dem Bund geht es darum, seine geplanten Bahn-Investitionen von rund 500 Millionen Franken, unter anderem in die ganzjährige Befahrbarkeit Zermatts, durch einen Verzicht der Öffnung der Strasse Täsch–Zermatt abzusichern (der WB berichtete).
Keine Vernehmlassung
Wie Thomas Abgottspon stellvertretend für die IG Zufahrt Zermatt gegenüber dem WB festhält, soll die Unterschrift dieser Vereinbarung seitens der Gemeindepräsidentin dem Vernehmen nach im stillen Kämmerlein erfolgen, ohne vorgängig die Bevölkerung zu dieser Vereinbarung zu konsultieren: «Die Vereinbarung soll vorsehen, dass der Bund eine künftige mögliche Öffnung der Strasse Täsch–Zermatt dauerhaft verhindern könnte. Beraubt die Gemeindepräsidentin mit ihrer Unterschrift somit die zukünftigen Generationen der Möglichkeit, über die Öffnung der Strasse selbst zu bestimmen? Die Zermatter Bevölkerung würde bei transparenter und vorgängiger Information beziehungsweise Befragung diesem Generationenprojekt mehr Akzeptanz entgegenbringen.»
Biner-Hauser dazu: «In einem Antwortschreiben auf einen Brief der IG habe ich dieser mitgeteilt, dass der Gemeinderat an einer Urversammlung oder Infoveranstaltung die Bevölkerung über die besagte Vereinbarung informieren wird. Zudem liegt die Unterzeichnung dieser in der Kompetenz des Gemeinderats. Ich mache das also sicher nicht allein. Ich als Präsidentin bin zwar, zusammen mit dem Leiter der Gemeindeverwaltung, unterschriftsberechtigt, doch erfolgt dies infolge eines gemeinsamen Gemeinderatsentscheids.»
Die Frage ist, ob die Bevölkerung vor oder erst nach Unterzeichnung der Vereinbarung über deren Inhalt informiert wird. Wie Biner-Hauser auf Anfrage bestätigt, handelt es sich hierbei nicht um ein partizipatives Verfahren: «Es ist eine Vereinbarung zwischen Gemeinde, Bund und Kanton.» Solche Vereinbarungen lägen in der Kompetenz des Gemeinderats. Es werde also keine Vernehmlassung geben.
So wird die Bevölkerung erst nach Unterzeichnung der Vereinbarung über diese in Kenntnis gesetzt. Das soll laut Biner-Hauser voraussichtlich im Juni 2020 so weit sein: «Wobei der Bund hier den Lead hat. Wir sind zuversichtlich, dass dieses Ziel erreicht wird.»
IG hält Wort
Die IG ist nicht überrascht, dass Biner-Hauser ihr Versprechen von Ende 2018, die Bevölkerung über eine Öffnung der Strasse abstimmen zu lassen, nicht einhält. Abgottspon: «Der Sommaruga-Rieder-Kompromiss von Anfang 2019, der eine wintersichere Bahn und eine wintersichere Strasse in Aussicht stellt, ist ein bedeutender Fortschritt. So sind wir von der IG realistisch, dass wir im Moment keine Öffnung der Strasse erwirken können. Nichtsdestotrotz darf eine Schliessung der Strasse nicht über Generationen hinweg vertraglich besiegelt werden. Das würde schliesslich auch der Destinationsstrategie widersprechen, wo nur von einer vorübergehenden Verkehrsbeschränkung die Rede ist.»
Wie Abgottspon weiter ausführt, halte die IG – im Gegensatz zur Gemeindepräsidentin – Wort. So hatte die IG im Januar 2020 im WB angekündigt, eine Volksabstimmung zu erzwingen, falls der Gemeinderat deren Forderung nach einem Mitspracherecht der Bevölkerung in diesem Dossier ignoriere: «In der Konsequenz werden wir nun Unterschriften sammeln, sodass die Bevölkerung selbst entscheiden kann, ob sie der Investitionsschutzvereinbarung zustimmen will.»
Martin Kalbermatten
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