Geologie | Die Alpen sind keine Knautschzone

Die Alpen wurden in die Höhe gezogen und nicht zusammengequetscht

Nicht gestossen, sondern gezogen: Die Alpen sind nach Ansicht von Schweizer Forschern keine Knautschzone von Kontinentalplatten. Im Bild Eiger, Mönch und Jungfrau im Berner Oberland. (Archivbild)
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Nicht gestossen, sondern gezogen: Die Alpen sind nach Ansicht von Schweizer Forschern keine Knautschzone von Kontinentalplatten. Im Bild Eiger, Mönch und Jungfrau im Berner Oberland. (Archivbild)
Foto: Keystone

Quelle: SDA 16.10.15 3
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Nach Ansicht von zwei Schweizer Forschern sind die Alpen nicht durch das Zusammenpressen von Kontinentalplatten gebildet, sondern quasi in die Höhe gezogen worden. Die Forscher vermuten, dass ihre Resultate Laien und auch Fachkollegen überraschen werden.

Fritz Schlunegger von der Universität Bern und Edi Kissling von der ETH Zürich stellen die gängige Theorie zur Alpenbildung gründlich auf den Kopf. "Wir erwarten schon eher Skepsis bei unseren Kollegen", sagte Geologieprofessor Schlunegger auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

Nach bisheriger Vorstellung bildeten sich die Alpen durch die Kollision der Afrikanischen und der Eurasischen Kontinentalplatten, wie die Universität Bern am Freitag mitteilte. Gesteinsmassen wurden zusammengeschoben und aufgetürmt und die darunter liegende Platte nach unten gepresst.

Im Trog neben dem Gebirge sammelte sich der Abtragungsschutt. Dieser sinkt im Lauf der Zeit mit dem Rest der Platte weiter ab. Das Mittelland im Norden der Alpen ist so ein Trog, in dem sich Gesteinsserien aus den letzten 30 Millionen Jahren finden, die das Heben und Abtragen der Alpen Schicht für Schicht aufzeichnen.

Aufgehört, in die Höhe zu wachsen

Dieses Modell überzeugt Schlunegger und Kissling aber nicht: Falls Zusammenprall, Trogbildung und Gebirgshöhe miteinander verbunden wären, müsste es es Hinweise auf ein stetes Höhenwachstum der Alpen geben, erklärten sie. Sie hätten jedoch Hinweise darauf gefunden, dass die Alpen vor 20 Millionen Jahren aufhörten, in die Höhe zu wachsen, wie sie im Fachjournal "Nature Communications" berichten.

Der Schlüssel sind laut den Forschern fächerförmige Gesteinsablagerungen, die am Alpenrand als Überbleibsel alter Flussdeltas entstanden. Je grösser diese fächerartigen Flussablagerungen sind, desto breiter und höher das angrenzende Gebirge.

Im Mittelland begann die Bildung solcher Fächer vor 30 Millionen Jahren. Sie wuchsen kontinuierlich bis vor 20 Millionen Jahren und blieben danach alle ungefähr gleich gross. Die Forscher schliessen daraus, dass die Alpen bereits damals ihre heutige Höhenlage von 2000 bis 2500 Metern im Schnitt erreicht hatten. Der Mittelland-Trog sank derweil aber weiter.

Auftrieb statt Schub

Die Bildung der Zentralalpen und die Absenkung des Troges könnten somit nicht miteinander verbunden sein und andere Mechanismen zur zur Alpenbildung als die Plattenkollision müssten gefunden werden, erklärte Schlunegger. "Das Quetschen und Pressen durch die Kontinentalplatten hat es nicht gegeben", ist sein Fazit. Er ist selbst überrascht: "Dass es keine 'Knautschzone' gibt, hat mein Bild von den Alpen gründlich verändert."

Die Forscher haben indes eine andere Erklärung parat: Statt dass die Schubkräfte der Plattenkollision die Alpen zusammengeschoben haben, entstand durch das Absinken der schweren Europäischen Platte ein starker Auftrieb bei der darüber liegenden, leichteren Kruste aus Granit und Gneis.

"Das ist so, als drücke man einen Eisblock unter Wasser. Wenn man ihn loslässt, steigt er in die Höhe", erklärte Schlunegger. Die Alpen hätten sich also als Folge starker Auftriebskräfte gebildet. "Schubkräfte, wie sie durch die Kollision zweier kontinentaler Platten entstehen, braucht es somit keine."

16. Oktober 2015, 15:11
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Kommentare

  • Scharlui - vor 10 Jahre ↑3↓2

    Ich möchte gerne die ausführlichere Begründung deser mehr als gewagten These sehen.
    Kissling ist allerdings ein Geophysiker; diese haben leider oft nur wenig bis keine Ahnung von Geologie und Felsmechanik.
    Keine Knautschzonen?
    Gerade im Wallis; und zwar in den leichtest zugänglichen Gebirgen, gibt es massenhaft Belege für Knautschbewegungen, d.h. Scherungen und Verfaltungen. Der Autoren Isostasiehypothese hängt an einem sehr sehr dünnen Faden.
    Ich möchte auch mal von der Herren Kissling und Schlunegger Zufallspilzgerichte kosten; nur so kann ich mir ihre spassige Courage erklären.

    antworten

    • Scharlui - vor 10 Jahre ↑2↓2

      Mein lieber Hans,
      Isostasiebewegungen sind auch heute nachweisbar in Skandinavien bis hinuntre nach Schleswig Holstein; sie sind dort - einem im Gegensatz zu den Alpen- und Appenninbogen - plattentektonisch sehr ruhigen Bereich auch Ursache für ganz ordentliche lokale Beben. Es sind aber fast ausschliesslich mehr oder weniger vertikale Aufwärtsbewegungen, mit einem absehbaren Ende.
      "Ein Quetschen und Pressen" soll es keines gegeben haben, so der Autoren Fazit. Bloss warum existiert denn ein derartiges Pressen und Quetschen ausgerechnet heute? Mit etwa 1-2 cm/Jahr ein messbares Pressen übrigens.
      Wo soll denn die horizontale Bewegung der itlaienischen Kleinplatten weg, wenn nicht per Quetschen und Pressen der Alpen südlich des Rhonetals, die von den relativ starren Blöcken nördlich des Rhonetals aufgehalten wurden. Warum denn die Mehrfach verschuppten und gestapelten penninischen Bündnerschiefer zwischen Brig und Sitten an der südlichen Talflanke?
      Es tut mir leid; sicher gibt es auch isostatische Kräfte Momente, die mitspielen; aber die sind im ganzen orogenetischen Prozess einem Blauhaifurz im Pazifik vergleichbar

    • Hans - vor 10 Jahre ↑2↓2

      Die Isostasie an sich bestreitet wahrscheinlich kein Geologe (und auch kei Geophysiker).
      Dass Falten und Brüche durch andere Prozesse entstanden sein könnten, ist auch nicht auszuschliessen.
      Bevor wir also eine neue These aus paradigmatischen Gründen gleich versenken, sollten wir sie erst einmal auf ihre Persistenz überprüfen. Es ist aber klar, dass diese kein einfaches Spiel haben wird.

      Übrigens: Finde es spannend und positiv, dass 1815.ch einer wissenschaftlichen Diskussion einen Artikel widmet.

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