Zermatt
Fast die Hälfte der Hoteliers will aufgeben

Touristen auf der Zermatter Bahnhofstrasse
Foto: zvg
Laut «Schweiz am Sonntag» will die Hälfte der Hoteliers in Zermatt ihr Geschäft aufgeben. In anderen Ferienorten sei die Lage gar noch schlimmer.
Gemäss übereinstimmender Auskunft mehrer Hotelbetreiber in Zermatt seien die Hotelübernachtungen seit August 2011 durchschnittlich um mindestens 15 Prozent gesunken, zum Teil auf das Niveau der Siebzigerjahre.
Treuhänder und Unternehmensberater Albert Bass erklärt gegenüber «Schweiz am Sonntag», dass alle Hotelkategorien Preiskonzessionen gemacht hätten. «Das gibt niemand offiziell zu, aber es ist so.» Fünfsternehotels hätten ihre Preise teils auf Vierstern-Niveau gesenkt, was alle anderen unter Druck gesetzt hätte.
Ein durchschnittliches Zermatter Hotel-Garni erwirtschafte heute noch eine Gewinnmarge von 5 bis 8 Prozent, ein Hotel mit Restaurationsbetrieb sogar nur eine Marge von 2 bis 3 Prozent. Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses dürften die Gewinne noch mehr schrumpfen.
Hotels zu verkaufen
In Zermatt war die Lage laut «Schweiz am Sonntag» schon vor dem Nationalbank-Entscheid derart dramatisch, dass viele Hoteliers ihr Geschäft aufgeben wollen. Gemäss einer bisher nur Insidern bekannten Umfrage, die Zermatt Tourismus und der Hotelierverein Zermatt im Oktober 2013 durchführten, hätten 22 Prozent der Hotelbetreiber angegeben, sie wollten ihr Hotel in den nächsten drei Jahren verkaufen. Weitere 22 Prozent möchten ihr Hotel in Wohnungen oder Ferienwohnungen umnutzen.
Unter den stark gesunkenen Übernachtungspreisen in Zermatt würden auch andere Walliser Ferienorte leiden. Weil bei ihnen das Übernachten heute zum Teil teurer sei als im Matterhorndorf, spürten sie den Rückgang der Hotelübernachtungen noch viel stärker. Die Sogwirkung sei bis nach Crans-Montana und Leysin zu spüren.
Zermatter Hotelierverein relativiert
In einer Mitteilung an 1815.ch relativiert der Hotelierverein Zermatt die von der «Schweiz am Sonntag» veröffentlichten Umfrage-Ergebnisse und distanziert sich von deren Berichterstattung: An der Umfrage hätten weniger als 50 Prozent der Hotels teilgenommen. «Zudem war diese nicht repräsentativ und in einer segmentierten Hotelwelt wie Zermatt kaum aussagekräftig», so Daniel F. Lauber, Präsident des Hoteliervereins Zermatt. In den meisten Fällen seien es Herausforderungen in der Nachfolgeregelung, die eine solche Aussage fördern würden, weniger aber die Wirtschaftlichkeit der Betriebe.
Der Hotelierverein Zermatt unterstreicht, dass die Zermatter Hotellerie national und international sehr gut aufgestellt sei. Dies zeige unter anderem die regelmässigen Top-Ratings in der nationalen und internationalen Presse. Als jüngstes Beispiel werden die Travellers' Choice Awards von Tripadvisor genannt, derzufolge in Zermatt fünf der zehn besten Schweizer Hotels stehen.
Hausgemachte Probleme
Am Abwärtstrend sei nicht nur der starke Franken Schuld, sagen kritische Zermatter Hoteliers. Viele Probleme seien hausgemacht. Einerseits habe die Gemeinde jahrelang einen exzessigen Zweitwohnungsbau gefördert und damit den Sommertourismus und die Hotellerie kaputt gemacht, so Hotelinhaber Manfred Julen zur «Schweiz am Sonntag». Anderseits vermarkte Zermatt Tourismus das Dorf falsch. Statt spendable Einzelgäste anzulocken, habe man zunehmend auf Billiggruppen aus Asien gesetzt.
Zermatt Tourismus kontert, wegen der rückläufigen Zahl europäischer Gäste sei es nötig gewesen, neue Märkte wie China oder Indien zu erschliessen. Man hoffe, dass die asiatischen Gruppentouristen künftig zu gut zahlenden Einzelgästen werden.
In «normalen» Destinationen, so Bass, sehe es bezüglich Rentabilität noch schlimmer aus. Beispielsweise im Goms: Dort stehe jedes zweite Hotel zum Verkauf.
Artikel
Kommentare
Seppi Toni - ↑0↓1
Dieses ewige Gejammer der Hoteliers und Gastronomen kann ich schon gar nicht mehr hören. Die Preise in der CH sind einfach viel zu hoch. Pizza Margerita CH 18 CHF, in Italien 5-6 Euro.
antworten
Tanja Burgener - ↑0↓0
Lange dachten die Verantwortlichen von Zermatt, dass die Bäume bis in den Himmel wachsen würden: immer grôsser, weiter, höher, schneller, (un)freundlicher, luxuriöser und vor allem teurer... jetzt stehen wir mit der Überkapazität vor einem Scherbenhaufen und niemand übernimmt Verantwortung...
antworten
Christian - ↑0↓0
Erstens gibt es zuviele Hotels. Eine Marktbereinigung findet statt. Und zweitens wollen viele Junge nicht die Hotels ihrer Eltern übernehmen. Arbeitszeiten von bis zu 18 Stunden pro Tag sind halt nicht sehr attraktiv.
antworten
Hanspeter - ↑0↓0
Danke Jordan, endlich wird der Prozess beschleunigt.
antworten
Hanspeter - ↑0↓0
Danke Jordan, endlich wird der Prozess beschleunigt.
antworten
Andre Schmid, Ausserberg - ↑0↓0
Da ist jeder Kommentar überflüssig... Runter mit den Preisen.. Jetzt stimmt die Währungspolitik ... Anpassen bitte
antworten
Michael - ↑0↓0
Aber hoffentlich bist du auch betroffen! Runter mit den Preisen heißt auch runter mit den Löhnen! Ich bin sofort bereit mitzumachen wenn alle mitmachen. Vom kleinsten bis zum größten. Man sollte froh sein, hat man bei der Abstimmung zum Minimallohn Sfr.4000.- nicht angenommen, sonst würden wir jetzt schwimmen wie die Fische!! Weiß nicht was ein gut ausgebildeter Fachmann verdient hätte?
lg Michi
Kurt - ↑0↓0
91 Franken für eine Tageskarte in Zermatt, Seniorenrabatt gestrichen, 7 - 8 Franken für ein Ballon Johannisberg. Wenn wunderts das viele Gäste nicht mehr kommen.
antworten