Gletscherfund | Identifikation kann Tage in Anspruch nehmen
Gletscherleichen geben Rätsel auf

Bei den Gletscherleichen wurden zwei Rucksäcke, Schuhe und eine Weinflasche mit der Aufschrift «Sion» gefunden.
Foto: Keystone
Die beiden Leichen, die am vergangenen Donnerstag auf dem Tsanfleuron-Gletscher oberhalb von Les Diablerets gefunden wurden, lagen nach ersten Erkenntnissen während Jahrzehnten im Eis. Bis zur formellen Identifikation kann es noch Tage dauern. Marceline Udry-Dumoulin ist allerdings überzeugt, dass es sich um ihre Eltern handelt.
Bei den Leichen wurden zwei Rucksäcke, Schuhe und eine Weinflasche mit «Sion»-Aufschrift gefunden. Dies hat laut SRF-Westschweiz-Korrespondentin Barbara Colpi eine ungefähre zeitliche Einordnung des Unfalls irgendwann nach dem Ersten Weltkrieg ermöglicht.
Weil der Fundort auf Walliser Gebiet liegt, ist die Kantonspolizei Wallis für die Ermittlungen zuständig. Diese führt seit 1925 ein Register mit im Kanton vermissten Personen. Laut SRF-Berichterstattung sind rund 280 Namen darin eingetragen. Die sterblichen Überreste der Gletscherleichen werden derzeit im Institut für Rechtsmedizin in Lausanne untersucht. Weil DNA-Analysen vorgenommen werden, kann die formelle Identifikation mehrere Tage in Anspruch nehmen.
An den Schuhen erkannt
Für Marceline Udry-Dumoulin gibt es derweil keine Zweifel. Bei den gefundenen Leichen handle es sich um ihre Eltern, ist sie überzeugt. Auf Anfrage erzählt die 79-Jährige, wie diese im Sommer 1942 von Chandolin (bei Savièse) auf die Alpe im Les-Diablerets-Gebiet losgezogen sind – und nie wieder zurückkamen. «Ich war damals vier Jahre alt», erinnert sich die Walliserin, «und wurde danach von meiner Tante grossgezogen.»
Zusammen mit ihren Geschwistern habe sie die Hoffnung aber nie aufgegeben, eines Tages auch «richtig» Abschied zu nehmen. Die Ungewissheit habe sie ihr Leben lang beschäftigt – und belastet. «Niemand kann eine Mutter oder einen Vater ersetzen.»
Dass die rechtsmedizinischen Untersuchungen die Identität der Leichen noch nicht bestätigt haben, lässt sie von ihrer Überzeugung nicht abweichen. Sie habe ihre Mutter auf den Fotos sofort an deren Schuhen erkannt. «Mein Vater war Schuhmacher, niemand anders machte diese Schuhe.»
Mehr zum bewegten Leben von Marceline Udry-Dumoulin lesen Sie im «Walliser Boten» vom Mittwoch.
dap/map
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