Kirche | Martin Werlen als neuer Bischof von Chur im Gespräch
«Ich wollte den Spiess für einmal umdrehen»

Pater Martin Werlen hat sich via Twitter einen Scherz erlaubt.
Foto: Liliane Géraud
Laut Medienberichten ist Martin Werlen als Nachfolger von Vitus Huonder, Bischof von Chur, im Gespräch. Via Kurznachrichtendienst «Twitter» bestätigt er dieses Gerücht scheinbar – allerdings ein wenig anders als erwartet.
Vitus Huonder, Bischof von Chur, wird am 21. April 2017 75 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt muss er beim Papst seinen Rücktritt einreichen. Der Bündner ist ein umstrittener Bischof und stand für verschiedene Äusserungen immer wieder in der Kritik – etwa dafür, dass göttliches Recht über dem weltlichen Recht stünde, für seine Ansichten über den Sexualkundeunterricht und über Homosexuelle.
Ganz anders Martin Werlen, der zwölf Jahre lang als Abt dem Kloster Einsiedeln vorstand und 2013 schliesslich in die Reihen seiner Mitbrüder zurückgetreten ist. Während seiner Amtszeit hat er als «Twitter-Abt» von sich reden gemacht. Auch als Mönch Martin benutzt er den Kurznachrichtendienst weiterhin fleissig und kann sich über fast 3000 «Follower» freuen. Er ist für seine liberalen Einstellungen bekannt, setzt sich etwa für weniger Traditionalismus in der Kirche ein, für die Revision der Zölibatsvorschriften und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt. Auch in politische Diskussionen hat er sich immer wieder eingeschalten.
Kandidatenkarussell dreht sich
In einem Artikel des «Tagesanzeigers» vom Mittwoch wird das Kandidatenkarussell um den Nachfolger von Bischof Vitus Huonder in Gang gebracht. Ein Name, der hierbei fällt, ist auch derjenige des Obergommers Martin Werlen. So gelten laut Berichterstattung die Äbte des Klosters Einsiedeln als Wunschkandidaten der Liberalen – und zwar der jetzige Urban Federer und der frühere Martin Werlen. Werlen allerdings sei wegen seiner freiheitlichen Positionen in Rom nicht gefragt und Federer mit seinen 48 Jahren zu jung.
Auf Twitter kommentierte Martin Werlen noch am selben Tag: «Während ich lese: ‚Doch Werlen ist wegen seiner freiheitlichen Positionen in Rom nicht gefragt’ kommt Anfrage aus Rom, ob ich bereit wäre.» Wenige Minuten später relativiert er diesen Tweet mit einer «Zwischenbemerkung»: «Medien kritisch konsumieren – auch die social media. Selbst bei #nofake kann Autor oft über Leute herzhaft lachen». Mit «#nofake» spielt er hierbei auf Online-Falschmeldungen an, die vor allem im Zuge der US-Präsidentenwahlen Schlagzeilen gemacht haben. Also doch keine Anfrage aus Rom?
Auf Nachfrage erklärt Werlen lachend, dass er durchaus eine Anfrage aus Rom bekommen habe – von einem Journalisten, der sich mit demselben Anliegen wie 1815.ch an ihn wandte. Mit seinem Tweet wollte er die Medien ein wenig hochnehmen und den Spiess für einmal umdrehen. Auf die Frage, wie seine Antwort denn ausfallen würde, wenn tatsächlich eine Anfrage aus dem Vatikan käme, meint er schelmisch: «Das wäre ungefähr so, wie wenn ich Sie jetzt fragen würde, ob Sie Chefredaktorin der NZZ werden möchten...»
Damit ist wohl alles gesagt.
map
Artikel
Kommentare
Fabian - ↑9↓3
Wie bitte? "Werlen allerdings sei wegen seiner freiheitlichen Positionen in Rom nicht gefragt und Federer mit seinen 48 Jahren zu jung."
Kein Wunder, hat die Kirche Mühe, geeignetes Bodenpersonal zu finden, sowie die Kirchen die Kirchen zu füllen.
Müssen es denn immer gerade (Erz-)Konservative und ältere Jahrgänge sein, welche unter anderem auch solche Stellungen einehmen sollen, müssen?
Wenn jemand fähig ist, ein Bistum zu leiten, dann sollten auch jüngere und liberalere "Bewerber" berücksichtigt werden. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung, um aus der ganzen (teils doch verfahrenen und und zu konservativen) Situation herauszukommen.
antworten
Camenisch Fredy - ↑11↓4
Schade, er wäre ein Aufsteller für das Bistum Chur gewesen....
antworten