Wohnungsmarkt | Sinkende Preise in zahlreichen Tourismusorten
Zweitwohnungsinitiative lässt Wohnungspreise purzeln

Der Stopp beim Zweitwohnungsbau sorgt vorläufig für sinkende Preise (Symbolbild).
Foto: zvg
Die Annahme der Zweitwohnungsinitiative hat in den betroffenen Gemeinden auf die Wohneigentumspreise gedrückt. Zwischen 2013 und 2016 sanken die Preise für Wohneigentum in vielen Touristenorten mit einem hohen Anteil an Zweitwohnungen. Das Wallis ist gemeinsam mit dem Bündnerland am stärksten davon betroffen.
15 der 20 Gemeinden mit den stärksten Preisrückgängen liegen in den Kantonen Graubünden und Wallis, wie eine Auswertung des Immobilienbüros Wüst Partner von 131 Gemeinden zeigt. Über diese berichteten am Montag die Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund». Sie liegt auch der Nachrichtenagentur sda vor. Die Auswertung erstreckt sich über den Zeitraum vom dritten Quartal 2013 bis zum dritten Quartal 2016.
Seit Annahme der Zweitwohnungsinitiave im März 2012 gingen im Wallis etwa die Preise in Zermatt und Saas-Fee um 13 Prozent zurück und in Leukerbad um 15 Prozent zurück. Im Bündnerland vergünstigte sich das Wohneigentum in St. Moritz um 12 Prozent, in Pontresina um 14 Prozent, in Bergün/Bravuogn gar um 21 Prozent. Der Negativtrend traf jedoch nicht alle Tourismusorte: In 77 der 131 untersuchten Gemeinden blieben die Preise stabil oder stiegen.
Grosses Angebot- zurückhaltende Käufer
Viele Landbesitzer wollten bis zum Inkrafttreten des Gesetzes ihr Land noch mit Zweitwohnungen überbauen, da ihnen sonst ein Wertverlust drohte. Das führte zu einer überdurchschnittlich hohen Planungstätigkeit - und damit zu einem erhöhten Angebot an Wohneigentum. Umgekehrt drückten die Rechtsunsicherheiten auf die Nachfrage, denn viele potenzielle Käufer hielten sich mit dem Kauf zurück.
Auch die Credit Suisse kam kürzlich in einer Studie zum Schluss, dass das Ja zur Zweitwohnungsinitiative die Preise von Wohneigentum sinken liess. Sie verglich Gemeinden mit einem Anteil von mehr als 20 Prozent der Zweitwohnungen als betroffene Gemeinden mit den ihnen jeweils am ähnlichsten Gemeinden ohne dieses Merkmal. Damit lässt sich der Effekt der Initiative von anderen Einflüssen wie dem Frankenschock trennen.
12,6 Prozent tiefere Preise 2015
In den Jahren 2012 und 2013 sind etwa noch keine klaren Verwerfungen ersichtlich gewesen. Im Jahr 2014 aber seien die Preise aufgrund der Annahme der Initiative im Durchschnitt um 15,4 Prozent tiefer als sie bei einer Ablehnung gewesen wären, halten die CS-Ökonomen fest. 2015 waren es noch immer 12,6 Prozent weniger. Damit komme der durchschnittliche Preis von Wohneigentum in Zweitwohnungsgemeinden durch den Abstimmungsausgang um rund 70'000 Franken tiefer zu liegen.
Mit der Zeit allerdings dürften sich laut CS die verbleibenden Unsicherheiten über die Umsetzungspraxis beim Zweitwohnungsgesetz legen und das vorherrschende Überangebot an Zweitwohnungen verkleinern. Dann würde sich allmählich der Effekt der Beschränkung des Zweitwohnungsbaus bemerkbar machen und den Preisen zu einem Anstieg verhelfen.
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Kommentare
Touristiker - ↑11↓2
Die Zukunft im Tourismus liegt definitiv in der Hotelerie - bei einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 3 Tagen pro Gast.
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Osky Burgener - ↑8↓2
Zermatt soll weniger gefragt sein. Kann sein, aber nur oberhalb der Millionengrenze. Somit sprechen wir von einem Luxusthema, den sich der wirkliche Mittelstand mit Einkommen bis 100tausend eh nie leisten konnte. - Problem ist viel eher, wie weit die Schere noch gehen kann (ist den superreichen wohl egal) und wie viel man dies zulässt (wär dann ein Thema der Politik). Ich mache mir eher Sorgen um die weniger lukrativen Lagen in unserer Region. Da spricht man dann von überleben, und nicht mehr vom Luxus der Gemeinden zu leichten Einbussen.
Der Lösungsansatz kann sein, dass die Talgemeinden und die neusexi Dörfer (diese meist ohne Gemeinschaftsgefühl und alten Werten wo jeder anpackt, in Vereinen lebt und das Dorfbild pflegen) viel höhere Basis zu entgelten haben als die geliebten "Museums-Gemeinden" in den Bergen. Das wär dann der gelebte Service Public über eine ganze Region.
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Beat - ↑12↓0
Entweder ist die Zweitwohnungsinitiative und/oder der starke Franken die Ursache. Nein, so einfach ist es dann auch wieder nicht. Die allgemeine Wirtschaftslage, der Druck auf den Mittelstand, die stetig steigenden Unterhaltskosten der Zweitwohnung, die fiskalische Belastung, in vielen Tourismusorten die neu eingeführte und massiv erhöhte Pauschalkurtaxe um mehrere 100Prozent und der Umgang mit den Zweitwohnungsbesitzern - das wird völlig ausgeblendet. Ich denke, das Problem ist ziemlich komplex und kann nicht nur auf die Abstimmung reduziert werden.
Zudem wird auch in Orten mit viel mehr als 20prozent Zweitwohnungen munter weiter gebaut, der Architekt ist ja nicht blöd und schreibt neu in der Bauausschreibung (Erstwohnung). Er muss sicher nicht mit einer Klage rechnen, den Kläger wird es nicht geben.
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TieferUndTiefer - ↑12↓2
Es hat wohl beides, Zweitwohnungsinitiative und neue horrende Kurtaxen, die dazu beitragen und es wird in Zukunft so weitergehen. Die Spirale dreht sich unaufhaltsam nach unten. Hohe Taxen, weniger Gäste, weniger Einnahmen, noch höhere Taxen, noch weniger Gäste, noch weniger Einnahmen, Konkurs der Infrastrukturbetreiber, keine Gäste, Tourismusort ist tot, Immobilien sind wertlos.
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Jean-Noel - ↑14↓0
Also wenn beispielsweise in Bürchen die Immobilienpreise purzeln, dann dürfte das wohl auch noch an andere Faktoren wie Schneemangel, unsichere Zukunft der Bergbahnen oder die allgemeine Abkehr von Skitourismus gekoppelt sein. Von daher scheint mir diese Analyse etwas eindimensional.
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Baer - ↑19↓2
Ich habe Zweifel, ob es eine direkte Einwirkung der Annahme der Zweitwohnungsinitiative ist. Ich vermute vielmehr, dass die zunehmende steuerliche Belastung der Zweitwohnungen zu einer massiven Abnahme der Beliebtheit von Zweitwohnungen geführt hat.
Warum wurde in der Studie des Immobilienbüros Wüst Partner diese Möglichkeit nicht berücksichtigt?
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