Kultur | Annelore Sarbachs Schauspielkarriere wird ausgezeichnet

«Spielen kann man nur im Jetzt»

Kulturpreisträgerin 2019. Annelore Sarbach kennt Sonnen- und Schattenseiten des Theaters.
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Kulturpreisträgerin 2019. Annelore Sarbach kennt Sonnen- und Schattenseiten des Theaters.
Foto: WB/ALAIN AMHERD

Quelle: WB 08.08.19 0
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Annelore Sarbach ist in Ferienlaune. Sie hat die letzten Monate viel gearbeitet und will nun mindestens vier Wochen in St. Niklaus verweilen, ihrem Burgerort. Die Ferien verbringt sie gerne im Wallis. Sie ist in Brig aufgewachsen und nutzt nun die Zeit, um Familie und Freunde zu treffen. Ihr Lebensmittelpunkt befindet sich in Hamburg. 

Dass sie Schauspielerin werden wollte, war ihr schon als Kind klar. Als Tochter einer begeisterten Laiendarstellerin kam sie schon früh mit dem Theater in Berührung. «Nur bei meiner Erstkommunionfeier, als ich ein weisses Kleid mit Blumenkranz tragen durfte, überlegte ich mir ganz kurz, ins Kloster zu gehen», sagt Annelore Sarbach und lacht.

Voller Begeisterung begann sie ihre Ausbildung an der Schauspielakademie Zürich. Mit ihrer weichen, dunklen Stimme erzählt sie: «Ich realisierte bald, dass Schauspiel ein Handwerk ist, das man mit viel Disziplin und Arbeit lernen muss.» Wenn man das Handwerk nicht beherrsche, könne man höchstens kurze Momente lang brillant sein. Aber um ein Stück über längere Zeit gut spielen zu können, müsse man das Handwerk beherrschen.

Steile Karriere

Schon während der Ausbildung spielte sie am Neumarkt-Theater in Zürich. Ihr Talent blieb auch an anderen Orten nicht unbemerkt. So gelang ihr ein phänomenaler Start ins Berufsleben. Die Anfängerin wurde vom Fleck weg beim Thalia Theater in Hamburg engagiert, eine der bedeutendsten deutschen Bühnen. Es folgten Rollen in den Schauspielhäusern Bochum, Frankfurt, Zürich und dem Theater Basel. «Ich hatte Glück, dass ich mit sehr guten Regisseurinnen und Regisseuren arbeiten konnte. Stücke, in denen ich mitspielen durfte, erhielten Auszeichnungen und sorgten am Berliner Theatertreffen für Aufsehen.» Ihre Karriere ging steil bergauf.

Als junge Schauspielerin war Annelore Sarbach abonniert auf attraktive Rollen. Blauäugig, blond und mit ebenmässigen Gesichtszügen gesegnet, spielte sie die schönen Frauen, um die sich Intrigen drehen und Liebesdramen abspielen. «Ich war aber auch diejenige, die sich aufhängte, ins Wasser ging oder den Gifttod starb.» In Hosenrollen wusste sie genauso zu überzeugen. In der deutschen Presse überschlug man sich mit Lob: «Für Octavio Piccolomini wurde ein Gast verpflichtet, die wunderbare Annelore Sarbach.»

Wilder Haufen

In Brig führte sie schon früh in ihrer Laufbahn Regie. Vor vierzig Jahren zog sie «Mit Ross und Wagen gegen Betonplagen» in den Kampf gegen die Autobahn im Oberwallis oder zumindest unsinnige Linienführungen. «Das Stück muss sehr nachhaltig gewirkt haben, die Autobahn führt fast vierzig Jahre später immer noch nicht durchgehend bis nach Brig», bemerkt sie augenzwinkernd. Ein wilder Haufen seien sie gewesen, aber alle voller Enthusiasmus.

Wenn Annelore Sarbach erzählt, hört man gebannt zu. Mit bildhafter Sprache, nuancierter Stimme und reicher Gestik lässt sie Erinnerungen aufleben: von Andreas Weissen, der sich in ihrem Stück «Kattock» als kugelrunder «Zrrfzl» den Hintern auf dem Kamin verbrannte, von Schauspielern, die mit ihren astgeschmückten Rindenkostümen kaum mehr aneinander vorbeikamen und von «Stille Nacht» singenden Schauspielern in der Garderobe.

Unvergessen ihre Walliserdeutsche Fassung von «D Räuber» nach Schiller im Kellertheater in den frühen 1980er-Jahren. Dem Kellertheater ist sie bis heute treu geblieben. Regelmässig zeigt sie dort Regiearbeiten oder steht mit ihren Produktionen selbst auf der Bühne.

Vielseitigkeit gegen Krise

Für junge Schauspielerinnen gibt es am Theater viele inte­ressante Rollen. Die Krise, die viele Berufsfrauen im mittleren Alter einholt, wenn das Rollenangebot kleiner wird, kannte Annelore Sarbach nur bedingt. Ihre Vielseitigkeit öffnete ihr andere Türen. Was aber nicht heisst, dass es immer leicht war. Zudem kündigte sich ein frohes Ereignis an: Sie wurde spät Mutter.

«Die Geburt meines Sohnes veränderte in meinem Leben einiges. Ich wollte mein Kind aufwachsen sehen. Deshalb entschied ich mich, meinen Vertrag am Theater in Hamburg nicht zu verlängern und freischaffend zu werden», erzählt Annelore Sarbach. Ein Entscheid, den sie nie bereut hat. «Bevor ich Mutter wurde, gab es für mich nur Theater. Ich habe 150 Prozent gearbeitet und manchmal sieben Rollen nebeneinander gespielt.» Die Pausen vom Theater taten ihr und ihrem Schauspiel gut. Es sei wichtig als Darstellerin zu wissen, welche Sorgen die Menschen im realen Leben hätten. Ihr guter Ruf erlaubte ihr, auch nach längeren Pausen immer wieder auf die Bühne zurückzukehren.

Dozentin für Schauspiel

Seit 2010 ist sie Dozentin an der Schule für Schauspiel Hamburg. Daneben arbeitet sie als Regisseurin, Autorin und als Schauspielerin auf der Bühne, bei Fernseh- und Kinoproduktionen. «Die Lehrtätigkeit erfüllt mich mit Freude, und ich bin stolz, wenn ich sehe, wie sich ‹meine›Schauspielschü-
ler entwickeln.» Bei der Ausbildung setzt sie unter anderem die Technik «Walking in your shoes» ein. Eine Methode, die hilft, sich ganz tief in eine Rolle hineinzuversetzen. «Im Herbst biete ich ein Seminar mit dieser Technik in der Toscana an. Dieser Lehrgang ist für alle Inte­ressierten offen, die sich mit ihrer Lebensrolle auseinandersetzen möchten.»

Annelore Sarbach beherrscht das ernste Fach und die Komik. Gerne steht sie als Clown «AnnaLaura» auf der Bühne. Sie sieht zwischen der Komik und dem ernsten Fach eine Verbindung: «Traurige Rollen kommen nicht ohne eine gewisse Komik aus, und ohne Ernsthaftigkeit ist nie etwas komisch. Man muss beides spielen können.»

Die Theaterwelt kennt Schattenseiten, die nicht einfach zu tragen sind. Eitelkeiten und Konkurrenzkämpfe nennt Annelore Sarbach in diesem Zusammenhang. Auf die Frage, was die Sonnenseiten des Berufs seien, kommt die Antwort prompt: «Wenn du spielst, bist du immer im Jetzt und viele Jetzt-Momente machen ein Leben reicher und grösser!»

Nathalie Benelli
08. August 2019, 17:11
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