Bildung | Nur 13 Prozent der Lehrpersonen in Oberwalliser Primarschulen sind Männer
«Bessere Gender-Balance wäre wünschenswert»
Derzeit unterrichten an den Oberwalliser Primarschulen 560 Frauen. Und 88 Männer. Der Bildungsdirektor ist alarmiert. Das Ungleichgewicht der Geschlechter dürfte sich in naher Zukunft noch verschärfen.
Die Ausgangslage ist seit Langem bekannt. Und Bildungsdirektor Christophe Darbellay hat sie in seinem ersten Amtsjahr bei öffentlichen Auftritten mehrfach erwähnt: In den hiesigen Primarschulen unterrichten fast ausschliesslich Frauen. Ein Problem?
Wer Geschlechter-Debatten anstösst, begibt sich auf politisches Glatteis. Das weiss auch Darbellay. «Die Lehrerinnen machen ihren Job ausgezeichnet. Nichtsdestotrotz brauchen Kinder auch Männer als Vorbilder», so der Bildungsdirektor im Gespräch. «An den Walliser Schulen wäre eine bessere Gender-Balance wünschenswert.»
Viele Lehrer gehen bald in Pension
Die Zahlen könnten deutlicher nicht sein. Der Männeranteil beim Lehrerpersonal in den grossen Talgemeinden kommt nicht über einen Viertel hinaus. Männliche Klassenlehrer an den Primarschulen in Naters (24 Prozent), Brig (19 Prozent), Glis (26 Prozent) oder Visp (22 Prozent) sind in der klaren Minderheit. Im Oberwallis unterrichten derzeit 560 Frauen und 88 Männer in den Primarschulen. Der Männeranteil liegt also gesamthaft bei mickrigen
13 Prozent. Der Bildungsdirektor ist alarmiert. «Die Lage wird sich in naher Zukunft verschärfen, da mit der Baby-Boomer-Generation demnächst auch viele männliche Lehrpersonen in Pension gehen werden.»
Das Ungleichgewicht ist laut Darbellay nicht nur aus pädagogischer Sicht bedenklich. Die anstehenden Abgänge der Jahrgänge, die den Männeranteil nicht ganz ins Bodenlose fallen lassen, würden auch die regionalen Schulleitungen vor grosse administrative Herausforderungen stellen. «Während die Lehrer meist Vollzeit arbeiten, sind ihre Kolleginnen oft in einem Teilzeitpensum eingestellt. Um die grossen Pensen der Baby-Boomer zu ersetzen, wird es also wohl noch mehr Frauen brauchen.» Dieser Entwicklung versucht man heute schon entgegenzuwirken. Das Mindestpensum für angehende Klassenlehrer ist in der Regel auf 50 Prozent festgelegt. In manchen Schulen gilt sogar die inoffizielle Weisung, dass männliche Bewerber für frei werdende Stellen den Vorzug erhalten sollen.
Mangelnde Perspektiven?
Doch woran liegt es? Im Gegensatz zur «Generation Lehrer-Semi» sind heute weniger PH-Abgänger mehr bereit, den Rest ihres Lebens in der Primarschule zu unterrichten. Auch in anderen Branchen planen Arbeitnehmende zwar ihre Karriere sprunghafter als früher. Aber mit mehr Perspektiven?
Darbellay: «Zusammen mit der PH müssen wir nach Lösungen suchen, um den Primarlehrerberuf für Männer wieder attraktiver zu machen. Ich habe die Dienststelle für Unterrichtswesen angehalten, entsprechende Überlegungen in diese Richtung anzustellen.»
David Biner
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