Energie | Geräuschloser Zusammenschluss der Energieversorger von Sitten und Siders mit 26 Aktionärsgemeinden
Klub der fusionierenden Freunde

OIKEN heisst der Riese. Das neue Walliser Energieunternehmen mit CEO François Fellay, Pierre Berthod, Gemeinde Siders, und Philippe Varone, Gemeinde Sitten (von links).
Foto: Le Nouvelliste / Héloïse Maret
Stellen Sie sich vor, EnBag würde mit EnAlpin fusionieren, oder mit ReLL. Unvorstellbar? Im Mittelwallis macht man’s einfach, freiwillig und scheinbar ohne Nebengeräusche. Der neue Energieversorger OIKEN bedient hier ab dem neuen Jahr 150000 Kunden in 26 Gemeinden.
«Nein, kein Widerstand», sagt Pierre Berthod. Der Gemeindepräsident von Siders zeigte sich ein wenig überrascht über die Nachfrage, ob der Zusammenschluss der beiden bisher grössten Stromanbieter des Kantons tatsächlich so still und leise über die Bühne gegangen ist. «Wirklich, nichts.» Und woher diese Fusionsfreude im Welsch-Wallis kommt, im Gegensatz zum kleinstrukturierten Oberwallis? «Da müssen Sie die Gemeinden im Oberwallis fragen.»
Salgesch wird als einzige Gemeinde östlich der Raspille ab dem neuen Jahr vom neuen Energieunternehmen OIKEN bedient; weshalb man die Dienstleistungen auch auf Deutsch anbieten werde. Mit ReLL, dem Stromverteiler in der Region Leuk, sei man im Gespräch für allfällige Partnerschaften, so Berthod weiter. Ansonsten ist und bleibt die Fusion der regionalen Energiebetriebe der Sion-Région SA (esr) und der Sierre-Energie SA (Siesa), ein Projekt des Mittelwallis, dieser für Walliser Verhältnisse pulsierenden Region.
OIKEN: «Energie des Daheims»
Mit einem Werbevideo wollte François Fellay, CEO des neuen Unternehmens, diese Dynamik bei der gestrigen Präsentation vor den Medien bebildern. Man sieht, wie Lichterketten im Zeitraffer durch die Zentren fliessen wie eine endlose Glühwürmchen-Polonaise auf Speed. Und man sieht, wie die Chalets an den steilen Hängen geheizt werden, alte Staumauern und trendige Elektroautos. Die Bereitstellung erneuerbarer und einheimischer Energien, die Senkung des Energie- und Wärmeverbrauchs, oder dieEntwicklung der Elektromobilität – alle diese Verpflichtungen, so Fellay, werde man auf der Grundlage der bereits von esr und Siesa geleisteten Arbeit übernehmen.
Als neu fünfgrösster Energieversorger der Romandie will man Komplettlösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette anbieten, also alles von der Staumauer bis zur Steckdose. Das soll man auch im neuen Namen des Unternehmens herauslesen können. OIKEN sei eine Zusammensetzung der griechischen Wörter oikos und energeia und bedeute so viel wie «die Energie des Daheims». Es spricht für das zuständige Marketingbüro, dass man auf alte Wörter der Antike statt auf neuenglische Schöpfungen zurückgreift. Ob es bei den Kunden auch ankommen wird? Fellay: «Der Name der neuen Gesellschaft sollte mehr als nur ein Wort sein und unser Engagement gegenüber unseren Kunden, aber auch gegenüber unserer Umwelt widerspiegeln.» Gut 150000 Kunden wird OIKEN ab dem neuen Jahr bedienen, unter anderem mit 790 Gigawattstunden, was knapp einem Drittel des Walliser Energieumsatzes entspreche. 470 Mitarbeiter werden beschäftigt, man wolle zwar optimieren, aber niemandem kündigen. Und das Unternehmen wird in zwei neuen Gebäuden in Siders sowie Sitten untergebracht, letzterer Standort soll im neu geplanten Ronquoz-Quartier südlich des Bahnhofs angesiedelt werden. Ein Quartier, das wie kein anderes im Kanton für Veränderung und Wandel steht.
Bereit sein, wenn der Markt
Passend zu dieser Zukunftsperspektive will man nun auch OIKEN aufstellen. Die Unternehmensvision stehe im Einklang mit den Zielen der Energiewende 2050 des Bundes sowie der Agenda 2035 des Kantons, erläuterte Philippe Varone. Der Gemeindepräsident von Sitten wird zugleich den Verwaltungsrat des neuen Unternehmens präsidieren und verwies gestern auch auf den Trend hin zur Liberalisierung des Energiemarkts, der zusammen mit der Energiewende «neue Spielregeln» aufstellen werde in einem komplexen Umfeld. «Wir müssen heute handeln, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln.»
Die Verantwortlichen betonten gestern mehrfach, dass dieser Zusammenschluss aus völlig freien Stücken zustande kam. «Wir sind der Meinung, dass wir diesen Schritt machen müssen», sagte Berthod, «aus eigener Kraft und ohne Zwang.» Denn im Strommarkt wisse man nie: «Wenn wir heute nicht fusionieren, kommt vielleicht morgen jemand anderes, der Bund oder sonst wer, und bestimmt die Bedingungen.» Auf politischer Ebene scheint man ähnlich zu denken. Im Einzugsgebiet von OIKEN wird kräftig fusioniert: etwa auf dem Haut Plateau um Montana, Gemeinden wie Grône, Chalais oder Chippis wollen zu Siders. Erst in der November-Session hat der Grosse Rat die Fusion von Miège, Venthône und Veyras abgesegnet. Die Gemeindebehörden der Gemeinden standen auf der Tribüne. Und haben den Entscheid bejubelt.
David Biner
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