Recycling | Pilotprojekt in Zermatt mit innovativem Strassenbelag aus Kunststoff
Asphalt aus Abfall

Ökologischer und langlebiger. Zermatt erhofft sich viel vom gestern verbauten Kunststoff-Asphalt.
Foto: WB / Andrea Soltermann
Zermatt | Erstmals überhaupt in der Schweiz wurde gestern vor dem Hotel La Ginabelle in Zermatt ein Stück Dorfstrasse mit Asphalt aus Plastik belegt.
Dafür verantwortlich ist das schottische Unternehmen MacRebur, das unter anderem vom berühmten Tennisspieler Andy Murray unterstützt wird und mit seinem innovativen und im Ausland bereits etablierten Strassenbelag einen Beitrag gegen die weltweite Plastikverschmutzung leistet.
Zermatt als ideales Versuchskaninchen
Der in Zermatt wohnhafte Kirk Tinham, Direktor von MacRebur Switzerland, erklärt das Konzept: «Wir haben einen Weg gefunden, mit Kunststoffabfällen einen umweltfreundlichen Asphalt herzustellen.» Dadurch würden Kohlendioxidemissionen verringert, weniger fossile Brennstoffe verbraucht und Kunststoffabfälle recycelt. Tinham merkt noch an, dass bei dieser Prozedur ausschliesslich Kunststoffe verwendet werden, die sonst zur Deponierung oder Verbrennung bestimmt wären.
«Es kann kein
Mikroplastik
in die Umgebung entweichen»Kirk Tinham
Direktor
MacRebur Switzerland
Der Anteil dieser kleinen Plastikstückchen, die dem Asphalt beigemischt werden, beträgt etwa drei Prozent. «Der Kunststoff ersetzt dabei einen Teil des Bitumens, also der aus Erdöl gewonnenen teerartigen Masse, die für die Asphaltproduktion benötigt wird», erklärt Tinham.
Das ist gleich doppelt umweltfreundlich, weil der Kunststoff den Strassenbelag flexibler, sprich rissfester macht und sich damit dessen Lebensdauer erhöht. Während diese Beläge in Schottland laut Tinham 60 Prozent länger halten als herkömmliche, müssen sie sich in der Schweiz noch bewähren. Das ist auch für MacRebur Neuland. «In Zermatt haben wir krasse Temperaturschwankungen von minus 15 Grad im Winter bis 30 Grad im Sommer. Das ist ein interessantes Testfeld», so Tinham. Man sei gespannt. Gespannt ist auch Romy Biner-Hauser, Gemeindepräsidentin von Zermatt: «Wir haben uns einverstanden erklärt, eine Teststrecke zu machen, da wir stetig auf der Suche nach Verbesserungen sind und der Gedanke von der Nachhaltigkeit und der Wiederverwertung ebenso ins Gewicht fällt.»
Imboden erwägt Bau eines neuen Silos
Für den Einbau des innovativen Strassenbelags zeichnet die Ulrich Imboden AG verantwortlich. In deren Kieswerk im Sevinett wurden gestern 45 Tonnen Kunststoffasphalt zusammengemischt. Dazu kamen noch 15 Tonnen herkömmlicher Asphalt, der in derselben Zermatter Strasse zu Vergleichszwecken aufgetragen wurde. Wie ein Augenschein vor Ort zeigte, ist der Kunststoff-Asphalt optisch nicht von normalem Asphalt zu unterscheiden. Tinham vergleicht das mit einem Stück Würfelzucker im Kaffee.
Und wie sieht es bezüglich der Verarbeitung aus? «Die ist völlig unproblematisch und unterscheidet sich kaum von der herkömmlichen Asphaltproduktion. In der Testphase wird der Kunststoff noch von Hand dem erhitzten Bitumen zugeführt. Wenn sich die Testphase bewährt, werden wir ein neues Silo bauen, wo man das Plastik automatisch dosieren kann», so Olivier Imboden, CEO der Ulrich Imboden AG. Kostenmässig seien MacReburs Beläge vergleichbar mit Standardbelägen; und langfristig durch die längere Lebensdauer sogar günstiger.
Verunreinigung durch Mikroplastik?
Bleibt noch der Punkt mit der Verunreinigung durch Mikroplastik. «Diese Frage wird uns oft gestellt. Da sich der Kunststoff mit dem Bitumen und der Gesteinskörnung zu einer festen Masse verbindet, kann kein Mikroplastik in die Umgebung entweichen», versichert Tinham. Unproblematisch sei ferner auch die Entsorgung. Imboden stimmt zu: «Unsere Anlagen sind schon heute auf recycelten Asphalt ausgerichtet. Dabei wird ausgedienter Asphalt – ob mit oder ohne Plastik – zerbröselt und anschliessend zu neuem Asphalt verarbeitet.»
Martin Kalbermatten
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar