Fasnacht | Die Zeit der Fastnacht ist eine kreative. Aber einige Kostüme sterben einfach nie aus

Die unsterblichen Klassiker

Indianerinnen. Ausgerüstet mit Federn und Tomahawk.
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Indianerinnen. Ausgerüstet mit Federn und Tomahawk.
Foto: Walliser Bote

Quelle: WB 03.03.19 0
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Brig-Glis | Das Kasbah-Fest in Brig ist ein Magnet für alle, die drei Nächte lang verrückt sein wollen. «Maschgini» sind in allen Farben und Formen zu sehen. Neben den kreativen Kostümen, gibt es aber ein paar Kostüm-Klassiker, die niemals aussterben werden.

Bereits Wochen vor der Fastnacht kursiert die Frage ständig: «Als was geisch ine Gätsch?». Die Antwort darauf eröffnet zwei ganz unterschiedliche Lager: Die einen tragen ihre Kostümidee schon lange mit sich herum. Sie diskutieren in ihrer Clique das Sujet, organisieren Stoffe, kaufen Schminke, treffen sich frühzeitig bei jemandem Zuhause, bis alles sitzt, wie es soll. Sie trinken und lachen. Und sie posieren für ein schönes Gruppenfoto.

Und dann gibt es das zweite Lager. Am Tag der Fastnacht arbeiten sie noch, haben noch keine Kostüm-Idee, sie ärgern sich über das erste Lager, kaufen nach Feierabend eine Maske oder einen Hut, greifen in die grosse Fastnachtskiste und schauen, was von den letzten Jahren übrig geblieben ist. An einigen Kleidungsstücken kleben noch Konfetti, sie kombinieren etwas zusammen. Und dann stehen sie am Abend als Polizist auf dem Sebastianplatz. Oder als Indianer, Pilot, Nonne, Krankenschwester oder Polizist.

Kreativ oder klassisch?

Das erste Lager raucht fette Zigarren, trägt einen dicken Schnauzer und verkauft als Drogenbaron Pablo Escobar kleine Tütchen mit Mehl. Sie haben ihre Haare frisiert und gefärbt, in ihren Lippen stecken Piercings und sie tanzen als Bill und Tom Kaulitz von Tokio Hotel. Sie haben ein Sieb auf dem Kopf, hängen sich Spaghetti um den Hals, bezeichnen sich als «Pastafaris» und glauben an das fliegende Spaghettimonster. Geht man als fliegendes Spaghettimonster an den Gätsch, kann man sich sicher sein: Auf einen Doppelgänger trifft man heute Abend nicht. Bei dem zweiten Lager sieht das anders aus. Trägt man ein Kostüm-Klassiker trifft man an der Bar bald einmal jemanden, der auch mit Federn geschmückt ist und eine Tomahawk in der Hand hält. Doch warum sind einige Kostüme unsterblich?

Kleine Geständnisse

Auf dem Sebastianplatz verrät eine Indianerin, dass sie ihr Kostüm aus dem Verleihgeschäft habe. Sie sahen das Kostüm, hatten Freude daran und nahmen es mit. Und sie geben zu: Egal was passiert, Indianer sind im Gätsch immer zu sehen. Es sind zeitlose Dauerbrenner. In der Sennereigasse beichtet eine Nonne, dass sie sich für das Kostüm entschieden hat, weil für den Preis am meisten Accessoires geboten wurde. Und sie wollte wissen, wie Nonnen bei Männern ankommen.

Eine Polizistin wiederum sieht ein, dass sie zu lange gewartet hat, bis sie sich für ein Kostüm entscheiden konnte. Plötzlich musste es schnell gehen. Und sie wolle heute ein gutes Bild der Polizei zeigen. Eine Piratin erklärt, dass der Hype der Piraten durch die Filmreihe «Fluch der Karibik» anhält. Und gibt zu: Ja es ist etwas kreativlos. Aber die Zeit habe gefehlt. Die Piratin zeigt auf eine Gruppe von sechs Frauen: Sie sind als Jasskarten verkleidet, tragen Pullover mit den Farben Herz, Ecke, Schaufel und Kreuz. Sie sind geschminkt und tragen Röcke. Ein frisches, ungewohntes Fastnachts-Sujet. Aber man sieht auch auf den ersten Blick: In dem Kostüm steckt eine Menge Arbeit.

Soziale Rolle verlassen

Ob man nun in das kreative oder in das klassische Lager gehört, ist aber beim Tanzen längst egal. So wie vieles andere in Vergessenheit gerät, während den drei Nächten in der Briger Altstadt. Der «Gätsch» bringt Hunderte Leute während eines Wochenendes in den Ausnahmezustand. Er macht Platz, für die drei verrücktesten Nächte des Jahres. Er lässt den Sebastianplatz beben, er öffnet Keller und Türen, die sonst verschlossen bleiben. Er lässt die Gassen in der Altstadt vibrieren. Drei Nächte, die rauschen. Egal ob als Pablo Escobar oder Indianer.

Doch wieso schafft es der «Gätsch» alljährlich eine solche euphorische Stimmung hinzukriegen? Und gleichzeitig Hunderte von Leuten in die Briger Gassen zu ziehen? Vieles hängt sicher mit dem Spiel der Maskierung zusammen. Ist das Gesicht erst verborgen und der Körper in einem Kostüm verhüllt, fühlt man sich automatisch ein grosses Stück freier als zuvor. Die Maskierung macht unkenntlich und schenkt gleichzeitig Mut.

Trotzdem geht es um mehr, als einfach sein Gesicht zu verbergen und nicht erkenntlich zu sein. Der Psychologe Wolfgang Oelsner, der gerne auch mal als Karnevalsphilosoph betitelt wird, sagte gegenüber der «Welt am Sonntag», dass es psychologische Gründe hat, dass Menschen sich an der Fastnacht verkleiden: «Es gibt uns spielerisch die Möglichkeit, den Alltag zu verlassen, ganz ohne Ansehensverlust. Auch früheren Sehnsüchten können wir nachgehen: Wir Menschen haben alle nicht nur diese eine Seite, die wir täglich zeigen. Wir haben viele Seiten, die wir im Alltag aber zurückstellen müssen. Ab und zu wird uns bewusst: Da ist noch etwas in uns drin und das möchte manchmal raus.»

Absage an die Vernunft

Der Psychologe und Forscher Oelsner geht sogar weiter und sagt, dass während der fünften Jahreszeit, alles reduziert wird. Die komplexe Welt werde für ein paar Tage im Jahr vereinfacht und man tauche in die Welt der Kindheit ein. Gleichzeitig ist die Fastnacht auch eine Absage an die Vernunft. Die Reduzierung und Verknappung ist während des Kasbah-Fests auch musikalisch wahrnehmbar. In den Partyzelten sind Songs zu hören, die fast nicht weiter verknappt werden können. Aufgelöst in völliger Ekstase springen, tanzen und singen die Leute in den Zelten und Kellern «Mach den Hub, Hub» und «Mach den Schrauber, Schrauber, Schrauber» bis sie nicht mehr wissen, ob sie nun im Wallis oder schon in Mallorca sind.

Die Bars am Ballermann in Mallorca und am Gätsch in der Sennereigasse haben verdächtig oft einen ähnlichen Musikgeschmack. Es hat aber auch Platz für Nischen, für spannende DJ Sets und kleine Konzerte. Nach drei Nächten Ausnahmezustand ist Schluss. Und es wird klar: Mallorca und Gätsch haben etwas Weiteres gemeinsam: Nicht nur Mallorca, nein auch der Gätsch ist zum Glück nur einmal im Jahr.

Mathias Gottet
03. März 2019, 16:34
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