Messwesen | Für Eichmeister Meinrad Abgottspon zählt jedes Gramm
Ein Kilo ist nicht immer ein Kilo

Prüfender Blick. Meinrad Abgottspon stellt sicher, dass die auf dem Display angezeigte Menge wirklich stimmt, wenn im Laden Früchte abgewogen werden.
Foto: Walliser Bote
Oberwallis | Sein Job dreht sich um Gramm, Zehntelgramm oder Tausendstelgramm. Bei der Arbeit von Eichmeister Meinrad Abgottspon ist Präzision unerlässlich – selbst wenn er es gelegentlich mit mülleimergrossen Gewichtsstücken aus Gusseisen zu tun hat.
Denn auch sie wiegen mit einer Toleranz von 20 Gramm exakt 500 Kilo. «So schwere Prüfgewichte verwende ich, um die Genauigkeit von Grosswaagen zu überprüfen, wie sie beispielsweise in der Zollanlage in Brig-Glis, von einigen Baufirmen oder von der Lonza AG verwendet werden», erklärt der 51-jährige Gliser. Dafür könne er aber beim Eidgenössischen Institut für Metrologie (Metas) in Bern jeweils einen Speziallastwagen samt Helfer anfordern. Das Metas ist die Aufsichtsbehörde auf Bundesebene.
Einer von 60
Der gelernte Automechaniker liess sich zunächst zum Automobildiagnostiker ausbilden, und überprüfte nach spezifischer Schulung als Verkehrsexperte bei der Motorfahrzeugkontrolle zehn Jahre lang Fahrzeuge auf ihre Verkehrstauglichkeit. Ebenso lange ist Meinrad Abgottspon inzwischen als Eichmeister tätig, als einer von schweizweit 60. Die erforderlichen Qualifikationen erwarb er während zwei Semestern berufsbegleitend.
Die Schweiz ist zusammen mit dem Fürstentum Liechtenstein in 54 Eichkreise unterteilt. «Der Kanton Wallis bildet mit zwei Eichmeistern einen Eichkreis», sagt Abgottspon. Sein Einsatzgebiet umfasst das ganze Oberwallis und erstreckt sich bis St-Léonard. Westlich davon ist ein Berufskollege zuständig.
Das sogenannte Nacheichen von Waagen gehört neben der Marktüberwachung bei neuen Waagentypen zu den Hauptaufgaben des Eichmeisters.
Abgottspon kontrolliert Waagen aller Art, aber auch andere Messgeräte wie Durchflusszähler, die etwa bei Tankstellen, an Tanklastwagen oder in Milchannahmestellen zum Einsatz kommen, sowie Abgasprüfgeräte in Autogaragen. Der Eichmeister arbeitet im Hintergrund dafür, dass sich der Konsument auf die deklarierten Mengenangaben verlassen kann. Ist er folglich ein Konsumentenschützer? «Es ist ein Dienst an den Konsumenten, auch wenn korrekte Messungen im Interesse aller sind», betont Abgottspon.
Die Kontrollen führt der Eichmeister meistens unangemeldet durch, in der Regel alle zwei Jahre, je nach Vorschrift. Geprüfte Messgeräte versieht Abgottspon mit einer Eichmarke. Ausnahmsweise kündigt er sein Kommen auch an, etwa in grösseren Firmen, um die Produktion nicht zu beeinträchtigen, bei der Überprüfung von Weinwaagen während der Ernte oder bei Kontrollen an Heizöl-Camions.
50 Beanstandungen im vergangenen Jahr
In seinem Zuständigkeitsgebiet zählte Meinrad Abgottspon im vergangenen Jahr 2269 eichpflichtige Messmittel, darunter 1319 Waagen, 825 Messanlagen für Flüssigkeiten und 125 Abgasmessgeräte. Nur 50 Messmittel musste er bei seinen regelmässigen Kontrollen bemängeln. Meist handelte es sich um Mängel in den Spezifikationen oder kleinere Ungenauigkeiten ausserhalb der Toleranzgrenzen. Waagen zeigten in den meisten Fällen weniger an, als sie sollten, weiss der Eichmeister. Das gehe halt zu Lasten der Verkäufer.
Die Betroffenen werden üblicherweise angehalten, die Sache innert eines Monats in Ordnung zu bringen. Nur bei extremen Abweichungen lässt Abgottspon eine Waage oder eine Zapfsäule sperren. Natürlich gebe es auch einige schwarze Schafe, so Abgottspon weiter, «aber willentliche Manipulationen habe ich bisher noch nie festgestellt».
Generell verhielten sich die meisten Händler korrekt, berichtet der Eichmeister weiter. Für Diskussionen sorge aber nach wie vor die ungenügende Umsetzung des Nettoprinzips. Dieses gilt seit 2013 und besagt, dass der Verkauf von Lebensmitteln grundsätzlich nach der Nettomenge – also ohne jegliches Verpackungsmaterial — erfolgen muss. Zuvor durften Verkäufer den Kunden Verpackungen bis zu drei Gramm oder drei Prozent des Warengewichts berechnen. Abgottspon nennt ein Beispiel: «Wer für 80 Franken ein Kilo Trockenfleisch kaufte, musste für die Verpackung 2,40 Franken zusätzlich bezahlen». Das dürfte aufgrund der geänderten gesetzlichen Grundlagen heute eigentlich nicht mehr vorkommen, werde aber teilweise noch so gehandhabt, weiss der Eichmeister. Er rät deshalb den Kunden, darauf zu achten, ob die Verpackung mitgewogen wird, und ein solches Fehlverhalten zu melden.
Übrigens bleibt auch ein Eichmeister von regelmässigen Kontrollen nicht verschont. Als Garant für Genauigkeit muss er seine Gewichte und Geräte immer wieder kalibrieren. Gefässe für Flüssigkeiten und kleinere Gewichte nimmt das Metas unter die Lupe, je nach Messmittel alle vier bis sechs Jahre. Blockgewichte bis 20 Kilo justiert Meinrad Abgottspon jedes Jahr selber.
Franz Mayr
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