Kulturtourismus | Grächen geht neue Wege im Sommertourismus
Aktives Musizieren in den Ferien

Harmonisch. Das Streichensemble hat den Bogen raus.
Foto: Walliser Bote
Zurzeit finden in Grächen erstmals Musikferien statt. Das neue Konzept soll Tourismus und Kultur verbinden. Die ersten Reaktionen sind sehr erfreulich.
In einer hauptsächlich auf den Wintertourismus fokussierten Region wie dem Oberwallis ist es für viele Destinationen eine Herausforderung, während der Sommermonate Übernachtungen zu generieren. In diesem Sinne machten Eliane und Paul Locher Grächen den Vorschlag, im Sommer Musikkurse anzubieten und somit kulturell aktive Gäste anzusprechen. «Was an anderen Orten, wie beispielsweise in Arosa, sehr erfolgreich ist, kann auch im Wallis funktionieren», erklärt Eliane Locher, die zusammen mit ihrem Mann als künstlerische Leiterin des Projekts agiert. «Es ist ein Bedürfnis vieler Gäste, ihre Ferien mit aktivem Musizieren zu verbinden.» Das Angebot richtet sich an Amateure, die im Alltag oftmals nicht dazu kommen, ihr Hobby auszuüben und sich während der Ferien bewusst dafür Zeit nehmen möchten. Bereits im Vorfeld hat die Idee grossen Anklang gefunden. «Wir waren überrascht von den zahlreichen Anmeldungen», so Locher. In den verschiedenen Kursen nehmen insgesamt fast 70 Frauen und Männer teil, grösstenteils Pensionierte. Letzte Woche fand die Chorwoche statt unter der Leitung von Patrick Secchiari. Diese Woche stehen nun Alphornblasen, Jodeln sowie Kammermusik auf dem Programm. Das Echo sei bis jetzt sehr positiv, erzählt die Musikerin. Einzelne Teilnehmer und Leiter hätten bereits angekündigt, nächstes Jahr wiederzukommen.
«Das Resultat lässt sich sehen»
Für die Kammermusik haben sich 22 Gäste angemeldet. Im Vorfeld geben sie an, welches Instrument sie spielen, damit die Leiter sie in Ensembles einteilen können. Während einer Woche werden dann verschiedene Stücke erarbeitet. Zum Schluss präsentieren die einzelnen Formationen einander in einem internen Konzert, was sie geübt haben. «In dieser Woche intensiver Zusammenarbeit sind die Fortschritte sehr gross und das Resultat lässt sich wirklich sehen», freut sich Eliane Locher. Neben den musikalischen Aspekten steht auch die Kameradschaft im Vordergrund. Zudem können die Gäste vom reichhaltigen Wochenprogramm in Grächen profitieren und die Natur geniessen. «Viele von ihnen gehen zwischen den Kurszeiten wandern oder unternehmen gemeinsam etwas», erklärt Eliane Locher. Sie wirkt zusammen mit Paul ebenfalls in den Kursen in Arosa mit, die nächste Woche beginnen.
Zusammenarbeit ist wesentlich
Wichtig sei vor allem auch, dass die Hotels gut mitmachen. «Der Service muss stimmen, die Leute wollen sich willkommen fühlen», erklärt Locher. Die Organisation ist so aufgebaut, dass für gewöhnlich ein ganzer Kurs jeweils im selben Hotel gastiert. Dadurch ist der Preis billiger und der Austausch wird zusätzlich gefördert. Oft üben die Musikanten selbstständig ausserhalb der Kurszeiten. «Die Gemeinde war sehr entgegenkommend und hat dem Projekt das gesamte Schulhaus für die Proben zur Verfügung gestellt», fügt Locher hinzu. Dies sei ideal, da neben den benötigten Unterrichtszimmern genug Platz vorhanden sei fürs individuelle Musizieren.
Nachhaltigkeit als Ziel
Eliane Locher ist überzeugt, dass das Projekt Zukunft hat. In dieser Form existiert im Oberwallis noch kein Angebot. Es gäbe zwar bereits kulturelle Möglichkeiten wie das Musikdorf Ernen. Im Unterscheid dazu geht es in Grächen aber nicht darum, den Gästen etwas zum Konsum zu präsentieren, sondern sie einzuladen, mitzumachen und selber aktiv zu sein. «Die Menschen, die nach Grächen kommen, sind keine Tagestouristen und bleiben auch nicht nur ein, zwei Nächte», erklärt Locher den Mehrwert des Projekts. Es biete eine gute Möglichkeit, im Sommer nachhaltig Übernachtungen zu generieren. Dieses Jahr wurde der Versuch mit zwei Kurswochen gestartet. Momentan ist man dabei, Erfahrungen zu sammeln und festzustellen, welche Kurse beliebt sind. «Wenn sich das Konzept bewährt, wollen wir das Angebot erweitern.»
Rafaela Schinner
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