Neujahrsgespräch | Pater Pascal Schreiber möchte im Oberwallis Gläubige für die Piusbruderschaft gewinnen

«Der Papst kann nicht Neues erfinden»

<b>Zwischen Moderne und Tradition.</b> Die Kirche und der Papst haben Mühe, diesen Spagat zu schaffen. Pascal Schreiber, Distriktoberer der Piusbruderschaft, denkt erst gar nicht daran. Im Gegenteil.
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Zwischen Moderne und Tradition. Die Kirche und der Papst haben Mühe, diesen Spagat zu schaffen. Pascal Schreiber, Distriktoberer der Piusbruderschaft, denkt erst gar nicht daran. Im Gegenteil.
Foto: zvg

Quelle: WB 03.01.19 0
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Sie ist selbst vielen Gläubigen nicht ganz ­geheuer, die Priesterbruderschaft St. Pius X. Ende 2018 hat sie der neuapostolischen Kirche deren Liegenschaft inmitten von Glis abgekauft. Aber wie ticken die Ultratraditionalisten? Wie ist ihr Verhältnis zu Rom? Und zum Rechtsstaat? Ein Gespräch mit dem Distriktoberen der Schweiz.

Pater Pascal Schreiber, würden Sie für Ihren Glauben ­sterben?

«Man müsste im entsprechenden Moment auch die Kraft dazu haben. Und hierfür gibt es keine Garantie. Aber: grundsätzlich ja.»

Würden Sie für Ihren Glauben töten?

«Nein. Auf keinen Fall.»

Was hat die Piusbruderschaft für ein Verhältnis zum ­modernen Rechtsstaat?

«Der heilige Paulus lehrt uns, dass jede weltliche Autorität gott­gegeben ist. Das heisst, wenn der Rechtsstaat von uns etwas verlangt, das nicht gegen das Gebot Gottes oder gegen die katholische Kirche verstösst, dann befolgen wir das auch.»

Nun ist das nicht immer der Fall, Beispiel Fristenlösung bei der Abtreibung. Das hiesige Gesetz erlaubt es, innert der ersten zwölf Wochen abtreiben zu dürfen.

«Wir haben vor wenigen Tagen Weihnachten gefeiert. In diesem Zusammenhang kommt der Mord der Unschuldigen Kinder von Bethlehem durch König Herodes in Erinnerung. Begegnen wir nicht täglich der Wiederholung solchen Tuns durch die Abtreibung in unseren Spitälern? Darum fänden wir es besser, wenn die Abtreibung ganz verboten wäre.»

Verfolgt die Bruderschaft auch aktiv weltliche Ziele? Oder fokussiert sie sich ausschliesslich auf das Seelenheil?

«Der Staat kümmert sich um den Leib des Menschen. Die Kirche um die Seele. Natürlich gehen wir auch ganz irdischen Sachen nach, wie zum Beispiel der Kauf der Liegenschaft in Glis. Aber eben mit dem Ziel, dass dort Gottesdienste gefeiert werden können.»

Wie würden Sie das derzeitige Verhältnis der Bruderschaft zu Rom beschreiben?

«Papst Franziskus ist das Oberhaupt der katholischen Kirche, zu der auch wir gehören. Aber wir halten das gleich wie beim Rechtsstaat. Wenn er von uns gute Sachen verlangt, dann folgen wir. Wenn nicht, wenn seine Forderungen nicht mit der Tradition der Kirche vereinbar sind, dann verweigern wir den Gehorsam.»

Was halten Sie persönlich von Papst Franziskus? ­­Es ist kein Geheimnis, dass konservative Gläubige ihre liebe Mühe mit ihm haben.

«In vielen Punkten seiner Verkündigungen ist er nicht klar und lässt so Raum offen für verschiedene Interpretationen. Bestes Beispiel dafür ist sein Schreiben Amoris laetitia (Red.: «Die Freude der Liebe»; behandelt die Rolle der Familie respektive der Ehe innerhalb der Kirche), in dem er die Tür offenlässt, ob wieder verheiratete Geschiedene weiterhin die Kommunion empfangen dürfen. Das widerspricht der 2000-jährigen Lehre der Kirche. Der Papst ist ja nicht dazu da, seine persönliche theologische Meinung zu äussern, sondern die Lehre der Kirche wiederzugeben. Er kann nicht einfach etwas Neues erfinden.»

Aus Ihrer Warte ist der jetzige Papst ein schwacher. Sehen Sie darin auch eine Chance, dass die Bruderschaft Zulauf erfährt?

«Durch diese Verwässerung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre entsteht in breiten konservativen Kreisen ein gewisses Misstrauen, übrigens weit über die Piusbruderschaft hinaus. Auch die Hochachtung vor dem Papsttum leidet darunter. Wir freuen uns zwar über jeden Gläubigen, den wir gewinnen. Aber der Schmerz über diese allgemeine Verwirrung und den daraus resultierenden Abfall vom Glauben wiegt viel grösser.»

Sie erwähnen immer wieder die 2000-jährige Lehre der Kirche. Aber auch diese hat sich ja im Lauf der Jahrhunderte stets verändert. Welche Reformen, etwa des Zweiten Vatikanischen Konzils, stören Sie persönlich am meisten?

«Etwa der Ökumenismus, also dass sich die christlichen Konfessionen annähern sollen. Die damit propagierte Religionsfreiheit unter­miniert den Absolutheitsanspruch Jesu und der Kirche. Auch die stete Angleichung zwischen den Bischöfen und dem Papst ist nicht gut für die Institution. Jesus hat die Kirche mit klaren Hierarchien eingesetzt. Und das gilt für alle Zeiten.»

Sie legen sehr viel Wert auf das Absolute und das Ewige. Wie geht die Bruderschaft mit Mitgliedern um, die ­aussteigen, sich vom Glauben abwenden?

«Jeder Getaufte bekommt den Glauben mit auf den Weg gegeben, muss sich aber irgendwann entscheiden, ob er diesen auch annimmt und danach lebt. Oder eben nicht. Diesen Entscheid können wir niemandem abnehmen. Es kommt immer wieder vor, dass uns Mitglieder verlassen. Und das ist jedes Mal ein grosser Schmerz für uns. Aber wir üben auf diese Personen keinen Druck aus.»

Was sich die Piusbruderschaft und die katholische Kirche teilen, ist das schlechte Image. Was tun Sie dagegen?

«Die heutige Medienlandschaft begegnet uns und unserem Glaubensgut mit wenig Wohlwollen. Da macht Ihre Zeitung keinen Unterschied: Nach einem sachlichen Bericht über unsere neue Nieder­lassung in Glis folgten in paar Zeilen die obligaten Vorwürfe wegen unserer Einstellung gegenüber Homosexuellen oder dass wir Antisemiten seien.»

Der in der Zwischenzeit von der Bruderschaft ausgeschlossene Bischof Richard Williamson leugnete mehrfach den Holocaust.

«Ja und deshalb stehen wir nun fortan unter Generalverdacht? Ich habe das Gefühl, dass jeder Journalist diesen Vorfall erwähnen muss, wenn er über die Piusbruderschaft berichtet. Wir haben kein Sprachrohr in den Medien, mit anderen Glaubensgemeinschaften geht man milder um. Aber vielleicht haben wir das auch vernach­lässigt. Uns fehlt die Lobby.»

Eine der wenigen öffentlichen Personen, die sich zur ­Bruderschaft und besonders zu deren historischem Sitz in Ecône bekennt, ist Jean-René Fournier, Walliser CVP-­Politiker und Präsident des Ständerats. Immerhin.

«Wobei Jean-René Fournier mehr gegen den Wolf lobbyiert. (lacht) Im Ernst: Er steht zu seinem Glauben, schämt sich nicht dafür. Das schätzen wir natürlich.»

Die neue Kirche in Glis ist eingeweiht. Was erhoffen Sie sich vom Einzugsgebiet Oberwallis?

«Dort, wo wir bis jetzt die Gottesdienste feierten, war es zu klein und zu versteckt. Die Räumlichkeiten waren in einem privaten Gebäude. Für manche Gläubige hat es deshalb mehr Überwindung gebraucht, uns zu besuchen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es im Ober­wallis mehr Sympathisanten gibt als jene, die bis jetzt in die Messen gekommen sind. Auch Junge fühlen sich von der alten Liturgie angezogen. Mit der neuen Niederlassung haben sie nun die Gelegenheit, diese zu entdecken.»

Vielen Gläubigen im Oberwallis ist die Bruderschaft aber dennoch nicht ganz geheuer.

«Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man kommt sonntags vorbei und besucht die Messe. Oder man wendet sich an einen unserer Priester, um die Vorbehalte anzumelden und darüber zu sprechen. Es ist immer gut, wenn man auch mal die andere Seite hört.»

Interview: David Biner
03. Januar 2019, 16:00
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Zur Person. Und zur Bruderschaft

Pascal Schreiber ist seit 2016 Distriktoberer Schweiz. Seine Priesterweihe erhielt er 1998 in Ecône. Das Seminar im Unterwallis, nach dem Bruch mit Rom gegründet, gilt als ein historischer Ort der Bruderschaft. Wie der 46-jährige Schreiber betont, sieht man sich als Teil der katholischen Kirche. Das Verhältnis zu Rom ist in vielen Bereichen ambivalent, derzeit eher abgekühlt.

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