Orgelkommission | Sarah Brunner, Carmen Schneller und Hilmar Gertschen setzen sich für besseres Image ein

Alles andere als graue Kirchenmäuse

Neues Image. Sarah Brunner, Hilmar Gertschen und Carmen Schneller (von links, in der Kirche von Naters) tun viel dafür, um ein neues, zeitgemässes Bild der Organistinnen und Organisten zu vermitteln.
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Neues Image. Sarah Brunner, Hilmar Gertschen und Carmen Schneller (von links, in der Kirche von Naters) tun viel dafür, um ein neues, zeitgemässes Bild der Organistinnen und Organisten zu vermitteln.
Foto: WB / Alain Amherd

Quelle: WB 02.04.19 0
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OBERWALLIS | Sie spielen das grösste, anspruchsvollste Musikinstrument mit den umfassendsten Klangfarben. Trotzdem haben Organistinnen und Organisten ein Imageproblem. Warum eigentlich?

Beim Gespräch mit Sarah Brunner, Carmen Schneller und Hilmar Gertschen, Mitglieder der Orgelkommission des OCV, geht es lebhaft zu. Was und wie die drei über das Orgelspiel erzählen, überrascht. Im ersten Moment wollen ihre Aussagen nur nicht so recht zu meinen in den hintersten Gehirnwindungen gespeicherten Verknüpfungen passen: Pflicht-Schulmessen und Orgelklänge. Doch ihre Begeisterung weckt Neugier. Warum sich nicht einmal auf das Abenteuer Orgelkonzert einlassen? Es ist Zeit, Orgelmusik mit «neuen Ohren» zu hören.

«Orgelspielen ist nicht cool»

Sarah Brunner bestätigt, dass die Organistinnen und Organisten ein Imageproblem haben. «Für viele sind wir graue Kirchenmäuse, die eigenbrötlerisch am Instrument sitzen.» Hilmar Gertschen hörte von Klavierschülern schon mal die Aussage: «Orgelspielen ist nicht cool.» Carmen Schneller bringt es auf den Punkt: «In der Kirche zu musizieren ist nicht in.» Nicht zuletzt deshalb kämpfen die Organisten mit Nachwuchsproblemen. Doch die drei haben sich vorgenommen, das Image der Organistinnen und Organisten zu korrigieren. Argumente für eine positivere Wahrnehmung gibt es viele.

Beatles auf der Orgel

Um ein neues Publikum für die Orgel zu begeistern, unternehmen die Oberwalliser Organisten einiges. Carmen Schneller ist der Meinung, dass man sich für andere Musiksparten und Instrumente öffnen muss. «Auf diese Weise erreicht man ein grösseres Publikum.» Hilmar Gertschen bestätigt: «Ich habe schon Konzerte organisiert, bei denen Texte gelesen oder Bilder projiziert wurden. Wenn die Konzertbesucher dann einmal den Klängen der Orgel gelauscht hätten, seien sie manchmal so angetan von der Musik, dass sie das nächste Mal ein reines
Orgelkonzert besuchen würden.

Sarah Brunner ist bereit, Wünschen entgegenzukommen. Neues zulassen ist für sie kein Problem. Sie ist offen. «Mit der Orgel kann man alles spielen. Von Jodel über Pop bis Rock gibt es nichts, was man mit der Orgel nicht spielen könnte.» Es gebe also keinen Grund, sich gegen solche Wünsche zu sperren. Das sei vor allem bei Beerdigungen der Fall. «Wenn sich jemand für die Abdankung Musik von den Beatles wünscht, spiele ich Beatles auf der Orgel.»

Carmen Schneller betont, dass die Menschen bei Beerdigungen emotional sehr empfänglich sind und es deswegen wichtig sei, Wünsche zu erfüllen. «Das ist doch allemal würdiger, als Musik ab einer CD abzuspielen», findet Hilmar Gertschen.

Zusammenhalt stärken

Im Oberwallis lassen noch rund 90 Personen in den verschiedenen Dörfern die Orgeln erklingen. Der grösste Teil davon sind Klavierspielerinnen und Klavierspieler und nicht ausgebildete Organisten.

Um die Anliegen der Organistinnen und Organisten zu vertreten, wurde 2012 die Oberwalliser Orgelkommission gegründet. Der Verein ist als Teil des Oberwalliser Chor- und Cäcilienverbands (OCV) organisiert. Er fördert den Gemeinschaftssinn der Organisten, leistet Hilfestellungen, organisiert Weiterbildungen und Tagungen. Bei einem jährlichen Treffen festigt man den Zusammenhalt, tauscht Orgel-Literatur aus oder trägt Wünsche für Weiterbildungen vor. An Orgelausflügen besuchen die Mitglieder bedeutende Orgeln anderer Regionen. An Fortbildungskursen erweitern sie ihr Repertoire.

Wertschätzung nicht immer vorhanden

«Manchmal spielen wir auch die Vermittler, wenn zum Beispiel die Zusammenarbeit zwischen Organisten und Seelsorgern oder Gemeinden schwierig ist», sagt Gertschen. Das sei vor allem der Fall, wenn die Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Organisten oder das kulturelle Verständnis fehle. Das komme leider häufig vor. Eine adäquate Entlöhnung ist immer noch nicht überall eine Selbstverständlichkeit. Der OCV leistete in den letzten Jahren sehr viel, um ein Lohnreglement für Chorleiter und Organisten zu definieren. Aber noch längst nicht alle Gemeinden und Pfarreien halten sich daran.

Erhabener Klang

Organistinnen und Organisten üben im Winter in schlecht geheizten Kirchen. Sie investieren viel Zeit, um passende Werke für die Gottesdienste zu finden und zu üben. Sie arbeiten je nach Gemeinde an allen Wochentagen und haben kaum je ein freies Wochenende. Da muss es doch etwas geben, das all diese Beschwernisse aufwiegt. «Kein anderes Instrument kann den Raum einer Kirche so erfüllen wie die Orgel. Das ist etwas ganz Besonderes», sagt Carmen Schneller. Sarah Brunner fügt hinzu: «Keine Orgel ist gleich. Jede hat ihre Eigenheiten, die es zu entdecken gibt. Jede verlangt ein anderes Spiel.» Hilmar Gertschen schwärmt: «Die Orgel verfügt über eine enorme Vielfalt an Klangfarben. Das kann kein anderes Instrument bieten.»

Neues Publikum erreichen

Die Organisten lassen nichts unversucht, um ein neues Publikum zu gewinnen. Die von Johannes Diederen initiierte Orgelwoche war so ein Versuch. Bei der ersten Ausgabe 2017 reihten sich Konzerte, Präsentationen, Vorträge, Kurse und Wanderungen zu einem bunten Programm. Zwischen dem Goms und Sitten arbeiteten alle am selben Ziel: die Orgel in all ihren Facetten ins Zentrum der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu rücken.

«Aufwand und Ertrag standen bei dem Anlass noch nicht in einem optimalen Verhältnis. Aber das hält uns nicht davon ab, eine weitere Orgelwoche ins Auge zu fassen», sagt Hilmar Gertschen.

Orgelparadies Oberwallis

Das Oberwallis gilt als absolutes Orgelparadies. Es gibt viele wunderschöne und historisch bedeutende Instrumente. So stehen zum Beispiel in Münster, Reckingen, Ernen, Biel, oder im Unterwallis in Sitten Orgeln, die als Kulturgut weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt sind. Doch Orgeln brauchen regelmässige Pflege; das ist nur möglich, wenn sie bespielt werden, wenn sich jemand um sie kümmert. Viele passionierte Organistinnen und Organisten sind in die Jahre gekommen. Wenn sie sich eines Tages nicht mehr um die Orgeln kümmern, dauert es nicht lange, bis die wertvollen Instrumente Schaden nehmen. Nachwuchs wäre auch deshalb dringend nötig.

Wie das Cockpit eines Flugzeugs

Den Mitgliedern der Orgelkommission ist es ein grosses Anliegen, junge Menschen für die Orgel zu begeistern. Dazu suchen sie den Kontakt zu verschiedenen Schulen. Sie bieten Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, die Königin der Musikinstrumente kennenzulernen. Und manch einer entdeckt dabei Unerwartetes: «Das sieht ja aus wie das Cockpit eines Flugzeugs», war da schon zu hören. Gewiss, das Spielen der Orgel ist mindestens so anspruchsvoll wie das Fliegen. Für eine solche Herausforderung sollte sich doch Nachwuchs begeistern lassen. Aber das wichtigste Argument, um das Orgelspiel zu erlernen, ist und bleibt die Leidenschaft für die Musik und dieses aussergewöhnliche und anspruchsvolle Instrument.

Nathalie Benelli
02. April 2019, 17:40
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