Nico Hischier | In einem Monat startet der Oberwalliser in seine zweite NHL-Saison
Aufbau einer Marke
roman lareida
Über dem Zürcher Hallenstadion sind die Dinosaurier los. Das Riesentransparent mit den trampelnden Gewaltsechsen macht Werbung für den nächsten Event im Haus. Bald wird «Walking with Dinosaurs» gezeigt, eine spektakuläre Show aus dem Reich der Giganten.
Nico Hischier ist kein Gigant. Noch keiner vielleicht. Es heisst, er könne einer werden. Bereits jetzt wird er in Nordamerika nämlich als zukünftiger High-End-Spieler gehandelt. Das ist der exklusive Kreis von Athleten, die kraft ihres aussergewöhnlichen Talents und der besonderen Ausstrahlung mit Mehrjahresverträgen, sehr hohen Salären und schierer Unverkäuflichkeit ausgestattet sind. Zumindest das Tempo, mit dem Hischier innert kurzer Zeit vom Junioreneishockey in die beste, glamouröseste und verrückteste Liga der Welt vorgedrungen ist, erstaunt. Kein Wunder, gibt es immer noch gefühlte Momente, in denen sich der 19-jährige Natischer zwicken muss, um das Geschehene zu begreifen.
«Für Matratzen würde ich
nicht Werbung machen»
Wie es um Hischiers Rolle in der Devils-Organisation steht, zeigt ein kleines Beispiel: 25 europäische Spieler wurden für ein paar Tage nach Göteborg aufgeboten, weil dort Anfang Oktober diverse NHL-Spiele ausgetragen werden, unter anderem die New Jersey Devils gegen die Edmonton Oilers. Die Devils schickten nicht ihren Schweden Jesper Bratt, sondern den Oberwalliser Hischier.
Übermorgen Freitag erst fliegt Hischier aus seinem Sommertraining wiederum nach Newark zu den New Jersey Devils. Hischier trainierte bis dieser Tage zusammen mit Yannick Rathgeb (New York Islanders) unter Samuel Böhringer, dem Off-ice-Fitnesscoach der Nationalmannschaft. Die Vorgaben in Sachen Masse, Ausdauer und Beweglichkeit kamen von den Devils. Dazu nahm er an den Trainings des SC Bern teil. «Ich bleibe am liebsten so lange wie möglich in der Schweiz», meint Hischier. «Andere gehen früher zurück, ich nicht.» Das Erste, was er in den USA tun wird, ist die Suche einer Wohnung. «Ein Appartement für mich allein und in unmittelbarer Nähe von jungen Mannschaftskollegen», sagt er. Damit meint er in erster Linie den Schweizer Mirco Müller und Bratt.
Das Teamtraining beginnt am 13. September, einen Monat vor dem Saisonstart. Spätestens dann müssen alle Spieler da sein. Und so kam es gestern in einem Raum im Hallenstadion, unter den Dinos sozusagen, zu einem letzten Schweizer Medienvormittag vor der Abreise.
25 Journalisten waren anwesend, zuerst eine Konferenz im Plenum, dann Eins-zu-eins-Interviews im Minutentakt, straff und fast sekundengenau geregelt von seinem Kommunikationsteam aus Bern, sorry, die fünf Minuten sind um, der Nächste, bitte, so geht das jetzt mit angehenden High-End-Spielern. Unmögliche Anfragen, so Hischiers Kommunikationsmann Patrick Fischer (Red. nicht der Nationalmannschaftstrainer), habe es noch keine gegeben. Klar habe man schon Absagen erteilen müssen, denn die Nachfrage sei gross. Aber das Team gibt sich Mühe, die Wünsche möglichst zu erfüllen. Es herrscht eine gelöste Atmosphäre.
Allmählich bauen Hischier und sein Team jedoch auch eine Marke auf. Allain Roy, Hischiers NHL-Manager, sagte bereits vor einem Jahr gegenüber dem «Walliser Boten»: «Nico soll sich in erster Linie aufs Eishockey konzentrieren. Wenn der Sport stimmt, kommt das Marketing dann schon. Denn die Marke ‹Nico› wirkt anziehend. Da steckt viel Potenzial drin.»
Wie Hamilton und Rossi
Nach dem ersten starken NHL-Jahr hat Hischier seinen ersten Sponsor. Er wird vorerst für zwei Jahre Markenbotschafter des US-Energydrink-Herstellers «Monster Energy». Der Vertrag sieht eine Option auf eine Verlängerung vor. Bastian Radloff vom Europageschäft: «Nico ist Rock’n’Roll, Lifestyle, er ist bissig und erfolgshungrig. Er ist ein Erfolgsgarant. Das passt zu uns.» Das Unternehmen wird den Oberwalliser vorab im Social-Media-Bereich pushen. Damit ist Hischier in bester Gesellschaft. Auch Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton und die Moto-Legende Valentino Rossi stehen beim selben Sponsor unter Vertrag.
Hischier: «Mir ist es wichtig, dass ich zu dem Produkt stehen kann. Cool, aktionsgeladen und spielerisch passt zu mir. Für Matratzen würde ich keine Werbung machen.»
Es ist nicht so, dass Hischier keine anderen Angebote hätte. So gibt es unter anderem Anfragen aus der Uhren- und Reisebranche. Aber man will bewusst (noch) nicht zu stark ins Marketing vorstossen. Vater Rinaldo: «Die Arbeit mit diesem einen Sponsor kann zur Entspannung vom strengen Eishockey-Alltag beitragen. Es darf aber so früh in einer Karriere nicht zu viel sein.»
Hischiers Umfeld bildet einen klugen, wohltuenden Kontrapunkt zum hektischen NHL-Business. Der Aufbau einer Marke hat sachte begonnen.
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