Jagd | Bundesrat will «Heimatschutz» für Walliser Jäger aushebeln
Alle Schweizer Grünröcke sollen künftig im Wallis jagen dürfen

Der Bundesrat will die gegenseitige Anerkennung der Jagdausbildung aller Kantone
Foto: Keystone
Wie der geschützte Steinbock soll auch der Wolf nach Ansicht des Bundesrates bei hohen Beständen einer Quotenregelung unterstehen. Gleichzeitig will er die Jagdscheine schweizweit vereinheitlichen, sodass sie für alle Kantone Gültigkeit haben.
Wie angekündigt, setzt der Bundesrat in Bezug auf die Regulierung der Wolfsbestände in der Schweiz nicht auf die Umsetzung der Motion Fournier, die bekanntlich einen Austritt aus der Berner Konvention mit anschliessender Bejagbarkeit des Wolfes fordert. Die am Donnerstag in die Vernehmlassung geschickte Teilrevision des Schweizerischen Jagdgesetztes folgt weitgehend der Motion des Bündner Ständerats Stefan Engler, die vom Parlament 2015 angenommen wurde und die in abgeschwächter Form eine erleichterte Regulierung der Grossraubtiere im Rahmen der Berner Konvention beinhaltet.
«Keine Bewilligung des BAFU nötig»
So soll der Wolf unter gewissen Voraussetzungen, die vom Bundesrat in einer Verordnung festgelegt werden, vom 1. Januar bis 31. März künftig gejagt werden dürfen. «Wie beim geschützten Steinbock, der von den Kantonen jährlich bis zu einer gewissen Anzahl bejagt werden darf, ohne dabei die Population zu gefährden, soll das zukünftig auch bei Wolfsrudeln der Fall sein», erklärt Reinhard Schnidrig, Leiter der Sektion Wildtiere des Bundesamtes für Umwelt, gegenüber dem «Walliser Boten». «Der Wolf bleibt geschützt, aber die Kantone haben nach Konsultation in dieser Zeit die Möglichkeit, Wolfsrudel zu regulieren. Dazu bedürfen sie keine Bewilligung des BAFU mehr wie bis anhin.»
Die Ansetzung der Jagd im Winter hat praktische Gründe: Wölfe im Gegensatz zum Sommer leichter zu finden. Diese Erfahrung von Walliser Berufswildhütern in diesem wie im letzten Sommer gemacht werden, als dreimal erfolglos einem Wolf nachstellten. «Im Winter sind Wölfe nicht selten in der Nähe von Dörfern zu beobachten. Hat ein Wolfspaar beispielsweise sechs Junge, wie das eben im Calandarudel mit sechs Welpen der Fall ist, hätte der Kanton Graubünden ein Kontingent von drei Jungen, die er in eigener Kompetenz abschiessen dürfte, insofern im Streifgebiet des Rudels die zumutbaren Schutzmassnahmen umgesetzt sind.» Mit der Quotenregelung könnten zukünftig prophylaktisch Schäden von Wölfen in Nutztierherden im Frühjahr und Sommer im Sinne von Engler vorgebeugt werden.
Quotenregelung gilt nur für Rudel
Von einer allfälligen Umsetzung der Gesetzesrevision könnte im Moment nur der Kanton Graubünden und das Tessin «profitieren», wo die beiden einzigen Wolfsrudel der Schweiz beheimatet sind. Nicht aber das Wallis, wo zwar die Bildung eines Rudels erwartet wird, bislang aber noch nicht nachgewiesen werden konnte. «Die Abschussmodalitäten für Einzelwölfe, wie sie in Artikel 12, 2 des Jagdgesetzes festgesetzt sind, ändern sich nicht. Hier gelten auch in Zukunft die Kriterien für einen Abschuss, wie das etwa für jenen Wolf der Augstbord-Region in diesem Sommer der Fall war.» Einzelabschüsse sind bei grossem Schaden auch weiterhin das ganze Jahr über möglich. Neu werde aber in Artikel 12, 2 die Gefährdung als mögliches Abschusskriterium hinzugefügt, betont Schnidrig. Beispielsweise wenn ein Wolf offensichtlich die Scheu vor dem Menschen verliert und sich immer wieder nahe an ein Dorf heranwagt.
Mit Zürcher Jagdschein im Wallis zur Jagd?
Wer in der Schweiz zur Jagd gehen will, muss sich vorher einer Jagdprüfung stellen, die sich je nach Kanton unterschiedlich ausgestaltet. Der Bund will diese Prüfung nach seinen Vorgaben nun in der ganzen Schweiz harmonisieren. Dieser Prüfungsschein soll künftig in jedem Kanton der Schweiz gelten. Ein Berner Jäger etwa, der aus beruflichen Gründen ins Wallis zieht, müsste also in Zukunft im Wallis nicht noch einmal zu einem zweijährigen Jagdlehrgang antreten, bevor er im Wallis auf die Pirsch gehen darf. «Eine Harmonisierung der Jagdausbildung, die in jedem Kanton ihre Gültigkeit hat, trägt dem Mobilitätsverhalten der heutigen Gesellschaft Rechnung. Wer seinen Wohnsitz vom Wallis nach Zürich verlegt, muss dort auch nicht den Fahrausweis neu erlangen», erklärt Schnidrig. Der Vorschlag geht auf einen Vorstoss des Glarner BDP-Nationalrats Martin Landolt zurück, dessen Postulat vom Nationalrat an den Bundesrat überwiesen wurde.
Der Gesetzesentwurf könnte aber gerade in grossen Hochgebirgskantonen wie Graubünden und Wallis zu grossen Diskussionen bei der Jägerschaft führen. Beide Kantone anerkennen die Jagdausbildung anderer Kantone nicht, was zwangsläufig zu einer Art Protektionismus ihrer Jagdgebiete führt. Und wer als kantonsfremder oder ausländischer Jäger die Walliser Jagdausbildung absolviert hat, bezahlt danach für das Patent zur Hochjagd mehr als den doppelten Preis. Ein Antrag, die Anerkennung der Jagdausbildung anderer Kantone im kantonalen Jagdgesetz bei einer Teilrevision Anfang der 1990er-Jahre festzuschreiben, wurde vom Walliser Grossen Rat mit grosser Mehrheit abgelehnt.
Jagdbare Arten und Schonzeiten angepasst
Schliesslich werden die 2012 mit einer Revision der Jagdverordnung geänderten Bestimmungen über die jagdbaren Arten und ihre Schonzeiten ins Gesetz überführt und ergänzt: Neu sollen im Gesetz die Moorente, das Rebhuhn und der Haubentaucher geschützt werden. Ferner sollen die Saatkrähe jagdbar erklärt, die Schonzeiten des Wildschweins und des Kormorans verkürzt und allen einheimischen Arten eine Schonzeit gewährt werden. Auch der Umgang mit nicht einheimischen Arten soll neu geregelt werden. So sollen zum Beispiel Damhirsch, Sika und Mufflon, denen bislang eine Schonzeit eingeräumt wurde, gestützt auf die vom Bundesrat am 18. Mai 2016 verabschiedete Strategie zur Bekämpfung invasiver gebietsfremder Arten, künftig ganzjährig jagdbar sein.
Der Bundesrat hat am 24. August 2016 die Vernehmlassung zum revidierten Jagdgesetz eröffnet. Sie dauert bis am 30. November 2016.
zen
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