Ein Gespräch mit Pfarrer Jean-Pierre Brunner rund um Weihnachten:
«An einem Geburtstag gehören Geschenke dazu»

Jean-Pierre Brunner ist Pfarrer von Naters, Birgisch, Blatten und Mund.
Foto: zvg
Im Gespräch mit 1815.ch erklärt Pfarrer Jean-Pierre Brunner, wie er am Weihnachtsabend gemeinsam mit seinem Kater zur Ruhe kommt, was bei ihm Kopfschütteln auslöst und weshalb seine Krippenlandschaft und sein Tannenbaum im Verlauf der Jahre immer kleiner wurden.
1815.ch: Jean-Pierre Brunner, wie verbringen Sie Weihnachten?
Jean-Pierre Brunner: «Am 24. Dezember lade ich das Seelsorgeteam zu mir ins Pfarrhaus zu einem leckeren Mittagessen ein.
Danach begebe ich mich in den Beichtstuhl, um dort das Geschenk des Neuanfangs zu spenden. Um 17.00 Uhr feiere ich in Naters die Familienweihnachtsmesse. Danach bleibe ich bei mir im Pfarrhaus - ansprechbar für all jene, die ein offenes Ohr genau in diesem Augenblick brauchen und ich komme mit meinem Kater ein klein wenig zur Ruhe. Um 23.00 Uhr darf ich in Mund die Messe zur Heiligen Nacht feiern.
Dann am 25. Dezember sind die drei Messen des Geburtstages von Jesus in Naters auf meiner Agenda und fürs Mittagessen fahre ich traditionellerweise nach Eischoll zu meiner Familie. Gemeinsam feiern dann die Brunners mit Kind und Kegel ein gemütliches Beisammensein.»
Soll man sich zu Weihnachten Geschenke machen?
«Weihnachten ist der Geburtstag unseres Erlösers Jesus. An einem Geburtstag gehören Geschenke dazu. Jedoch darf es nicht zum Zwang werden oder mit enormem Druck verbunden sein. Erwartungen werden vor allem von der Werbung extrem hochgeschaukelt.
Meinen Patenkindern mache ich noch immer ein Weihnachtsgeschenk, etwas, das sie gerne hätten - wobei die oft wunschlos glücklich sind.
Aber unter den Erwachsenen machen wir uns keine Geschenke mehr - sondern versuchen uns das Jahr hindurch immer wieder einmal eine kleine Freude und eine Überraschung zu machen. An Weihnachten erwarten viele ein Geschenk … und es gehört einfach dazu. Ein Geschenk so mitten im Jahr zu machen - ohne kalendarische Vorschrift - das ist eine grössere Überraschung und bereitet oft ungeahnte und echte Freude.»
Wie sehen Sie das: Ist Weihnachten zu kapitalistisch geworden?
«Das Weihnachtsfest selber kann nicht kapitalistisch werden, es ist und bleibt das Fest der Liebe Gottes, die Hand und Fuss bekommen hat und Mensch geworden ist. Jedoch die Vermarktung dieses Festes hat in den vergangenen Jahren beklagenswert zugenommen.
Wenn schon vor Allerheiligen in den meisten Geschäften Weihnachtsmusik durch die Lautsprecher dudelt und überall Christbaumschmuck hängt, dann schüttle ich jedes Mal den Kopf.
Wenn ab Ende Oktober in jedem Werbespot schon Geschenke angepriesen werden, die unbedingt gekauft werden müssten, um ein glückliches Fest zu haben, dann wird dort vorgegaukelt, dass gekaufte Geschenke eine Garantie für ein schönes Fest wären. Aber mit viel Geld ausgeben können wir uns den Frieden in der Familie, die Geborgenheit in Gottes Herz und das glückliche Lächeln des Mitmenschen nicht erkaufen - das wird uns immer noch gratis geschenkt!»
Steht bei Ihnen Daheim eine Krippe und ein Weihnachtsbaum?
«Das Dekorieren eines Weihnachtsbaums und auch das Aufstellen meiner Krippe gehört zu meinen alljährlichen Ritualen dazu.
Wobei ich sagen muss, dass die Krippenlandschaft und auch der natürliche Tannenbaum in den vergangenen Jahren kleiner wurden, weil auch das Wohnzimmer in den verschiedenen Pfarrhäusern kleiner wurde … aber das Christkind kommt erst am 24. abends in die Krippe. Denn ich will ja keinen Brutkasten für ein 'Frühgeborenes', sondern eine Krippe für den Erlöser der Welt in meiner Stube aufstellen.»
Wie zufrieden sind Sie mit dem Messbesuch in der Weihnachtszeit?
«Zuerst einmal eines vorneweg: Ich liebe diesen Ausdruck 'Messbesuch' nicht. Denn eine Messe besuchen wir nicht wie ein Konzert oder eine Ausstellung von Gemälden. Eine Messe feiern wir mit!
Als Pfarrer von Naters, Birgisch, Blatten und Mund bin ich sehr zufrieden mit der Teilnahme der Gläubigen das ganze Jahr hindurch. Die Adventszeit ermöglicht andere Formen der Gottesdienstgestaltung mit viel Licht und Stimmung, was geschätzt wird. In der Adventszeit sind viele Menschen offener für ein klein wenig Besinnlichkeit und daher feiern noch mehr Leute mit.
Wie es in der Weihnachtszeit sein wird, kann ich noch nicht sagen: denn die Weihnachtszeit dauert vom 25. Dezember bis zum 13. Januar, dem Fest der Taufe des Herrn. Und in die Zukunft blicken, das kann ich nicht ;-).»
In der Schweiz wird Weihnachten am Abend des 24. Dezembers gefeiert, im Ausland oft am 25. Dezember. Was ist vom religiösen Standpunkt aus gesehen «richtiger»?
«Es gibt hier kein 'richtig oder falsch'. Jede Familie darf es so handhaben, wie es für sie stimmig und passend ist.
Ein jeder kirchlicher Feiertag beginnt ja nicht erst um Mitternacht, sondern schon um 18.00 Uhr des Vortages. Sie erinnern sich vielleicht noch daran, dass auch der Sonntag 'eingeläutet' wird und zwar am späten Samstagnachmittag. Dies ist eine altrömische Tradition, welche die Kirche übernommen hat.
So feiern wir am 24. zuerst den 'heiligen Abend', dann die 'heilige Nacht' und am 25. den 'heiligen Tag - das Weihnachtsfest'. Wir haben also mehrere Namen - den Weihnachtsabend und den Weihnachtstag … aber gemeint ist beide Male dasselbe: der Geburtstag von Jesus, unserem Erlöser, der ruhig auch mehr als einen Tag lang gefeiert werden darf.»
Was ist Ihrer Ansicht nach das Wichtigste an Weihnachten: Vom kirchlichen Standpunkt her und vom zwischenmenschlichen?
«Das Wichtigste, das leider oft in Vergessenheit gerät, ist der Ursprung dieses Festes. Gott wollte Mensch werden, um uns zu erlösen. Er hat sich ganz klein gemacht, ist ein wehrloses Kind geworden, um unsere Herzen zu gewinnen und sich uns auch 'auszuliefen'.
Mit den weit offenen Händen des Kindes in der Krippe, will er uns umarmen und zeigen, dass er uns liebt. Das ist eine unerhörte Sache: Gott selber wird Mensch wie wir … niemand kann mehr sagen: Gott ist weit weg - denn er ist uns ganz nahe gekommen! Uns immer wieder daran zu erinnern, das ist, so denke ich es, das Wesentliche des Weihnachtsfestes.
Dies geht auch Hand in Hand mit dem Zwischenmenschlichen: wenn Gott Mensch wurde, um unsere Liebe zu suchen und seine Liebe zu schenken, dann dürfen auch wir versuchen, 'Mensch zu werden' und einander diese Liebe zu geben, und im wahrsten Sinne 'menschlich' und barmherzig miteinander umzugehen. Ein Spruch fasst dies gut zusammen: 'Mache es wie Gott - werde Mensch!'»
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