Landwirt Helmut Bitz testet auf seinem Hof im Talgrund Herdenschutzhunde
«Bevölkerung für Herdenschutz sensibilisieren»

Seit Oktober beschützt der zehnjährige Rüde «Terremoto» der Rasse Maremmano Abruzzese die Schafe von Landwirt Helmut Bitz vor Angriffen vor Füchsen, Kolkraben und wenns sein muss vor Wölfen.
Foto: zvg
Auf dem «Helmerhof» in Gampel schützt seit einigen Monaten der zehnjährige «Terremoto» Schafe und Lämmer vor Angriffen von Füchsen, Kolkraben und Wölfen - und kann schon einige Erfolge verbuchen.
Der «Helmerhof» in Gampel ist ein grösserer landwirtschaftlicher Betrieb im Talgrund. Auf seinem Hof hält der 40-jährige Nebenerwerbslandwirt Helmut Bitz, welcher die Oberwalliser und Unterwalliser Schäfer als Vorstandsmitglied im Schweizerischen Schafzuchtverband vertritt, neben Schottischen Hochlandrindern, Galloways, Pferden, Maultieren und Eseln rund 250 Weisse Alpenschafe.
Seit Oktober beschützt der zehnjährige Rüde «Terremoto» der Rasse Maremmano Abruzzese aus der Zucht von Walter Hildbrand die Schafherde. Hildbrand gelte mittlerweile auch ausserhalb der Landesgrenzen als anerkannter Herdenschutzexperte, dessen Erfahrungen er jetzt auch auf seinem Hof einfliessen lassen wolle, schätzt Bitz das Know-how des Walliser Herdenschutz-Pioniers.
Erfahrungen bei der Alpsömmerung
«Ich will den Herdenschutz auf meinem Hof in den Frühjahrs- und Herbstweiden testen. Denn die Anschaffung eines Hundes ist nur das eine. Der Aufwand für Pflege und Haltung eines solchen das andere», begründet Bitz, der den Umgang mit Hunden von Kindesbeinen an gelernt hat, den Neuankömmling auf Probe.
Erfahrung im Umgang mit Schutzhunden bei der Alpsömmerung hingegen hat Bitz als Präsident der Niwenalp bereits seit einigen Jahren. «Rund 800 Schafe auf der Alpe Niwen in den Leuker Sonnenbergen werden nach dem System der behirteten Koppelhaltung mitsamt zwei Herdenschutzhunden gesömmert.» Wolfsrisse wurden dort bisher keine verzeichnet.
Mehr Probleme schaffe wie andernorts auch das unverhoffte Zusammentreffen von Wanderern und Schutzhunden. Deshalb wurden die Wanderwege in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftlichen Beratungszentrale Agridea im letzten Sommer mit Hinweisen, wo sich die Schafe und ihre Beschützer jeweils befinden, neu ausgeschildert, was den Konflikt wesentlich entschärft habe.
Erste Erfolge für «Terremoto»
Und auch auf dem Hof in Gampel gestalte sich die Haltung des Hundes mit den Schafen bisher problemlos. «Mehr Schwierigkeiten bereitet uns das Umfeld. Gemeinde, Naturfreunde und Tourismuskreise stehen dem Einsatz der Hunde teilweise sehr skeptisch gegenüber.» Allerdings seien die Reaktionen der Bevölkerung bisher mehrheitlich positiv ausgefallen. «Mein Ziel ist es auch, die Talbewohner für die Anliegen des Herdenschutzes zu sensibilisieren.»
Derweil kann «Terremoto» auf dem Helmerhof bereits erste Erfolge auf seinem Konto verbuchen. «In der Vergangenheit haben Füchse, welche über die Elektrozäune springen, sowie Kolkraben immer wieder Lämmer getötet.» Der Herdenschutzhund habe hier bisher gute Arbeit geleistet und im Herbst etliche Angreifer in die Flucht geschlagen, sagt Bitz.
Zweiter Hund im Frühjahr
Aufgrund dieser Erfahrungen plant der Gampjer auf das kommende Frühjahr die Anschaffung eines weiteren Schutzhundes. «Das entspricht auch dem Wesen des Hundes und zwei Tiere sind bei der Abwehr vorab von Kolkraben effizienter.» Als weiteren Grund sieht Bitz natürlich die derzeitige Machtlosigkeit gegenüber dem Wolf. «Ich will und muss meine Schafe schützen und opfere sie nicht einfach dem Grossraubtier.»
Zumal sich die Wolfsproblematik nicht mehr nur auf die Walliser Alpen, sondern mehr und mehr auch in den Talgrund ausweite. So wie in diesem Frühjahr etwa im Goms bei Münster oder erst kürzlich in Turtmann, wo Wölfe auch in Siedlungsnähe Schafe töteten. «Dass sich jetzt ein Wolf in der Umgebung von Turtmann aufhält, erstaunt mich nicht weiter und war mit dem forcierten Schutz des Grossraubtieres voraussehbar.»
Die Präsenz des Wolfes im Tal werfe zusätzlich weitere Fragen auf wie etwa jene der Sicherheit auf den Strassen. Wie das der Vorfall in Turtmann verdeutlicht habe, wo eingezäunte Pferde von einem Wolf aufgeschreckt wurden und in der Folge aus der Koppel in unmittelbarer Nähe der vielbefahrenen Kantonsstrasse ausbüxten, was sehr schnell zu einem Verkehrsunfall hätte führen können.
Modell nicht für alle Schäfer geeignet
Helmut Bitz sieht aber auch klare Grenzen für den Einsatz von Herdenschutzhunden. «Mein Modell ist nicht in jedem Fall anwendbar. Ein Einsatz muss von Fall zu Fall ausgelotet werden. Dass sich Schafhalter mit kleinen Beständen vor dem grossen Aufwand scheuen, ist verständlich und nachvollziehbar.» Dasselbe gelte für ältere Züchter, die ihre Schafe über Jahrzehnte ohne Hunde gehalten haben.
«Vielleicht aber braucht es bei den Grossschäfern in Bezug auf den Herdenschutz einen Philosophiewandel.» Gerade die Veränderungen mit der Einführung der neuen Schweizer Agrarpolitik 2014 könnten diesen Sinneswandel beschleunigen und die Akzeptanz von Herdenschutz auch im Wallis erhöhen. «In Schäferkreisen wird das Thema zurzeit auf alle Fälle intensiv diskutiert und nach Lösungsansätzen gesucht», weiss Helmut Bitz.
Von der Politik enttäuscht
Der Wiederansiedlung des Wolfes, wie das in jetzigen Form der Fall ist, steht Helmut Bitz allerdings ablehnend gegenüber. «Die Rückkehr der Wölfe in die Schweiz wird richtiggehend forciert, währenddessen die Motion Fournier, die vor zwei Jahren im Parlament angenommen wurde und den strengen Schutz des Wolfes herabsetzen will, bisher nicht umgesetzt wurde.» Beim zuständigen Departement Leuthard vermisst er hier den nötigen Respekt vor dem Volkswillen.
Gleichzeitig seien aber auch die Medien nicht ganz unschuldig, dass Diskussionen rund um den Wolf – etwa in Internet-Foren – oftmals aus dem Ruder liefen und eine sachliche Auseinandersetzung zum Teil verunmöglichten...
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