Tierquälerei: Grosse kantonale Unterschiede bei der Strafverfolgung
Wallis als Negativbeispiel

Besonders Hunde sind von Tierquälerei betroffen (Symbolbild)
Foto: Keystone
Die Zahl der Strafverfahren wegen Tierquälereien hat in der Schweiz einen neuen Höchststand erreicht: Im Jahr 2012 wurden 1404 Strafverfahren durchgeführt, das sind 158 mehr als im Vorjahr. Ein Rekord, der für die Stiftung Tier im Recht allerdings ein positives Zeichen ist. Das Wallis wird bezüglich Tierschutzvollzug als negatives Beispiel aufgeführt.
Es sei unwahrscheinlich, dass in der Schweiz mehr Tiere misshandelt würden, sagte Christine Künzli von der Stiftung Tier im Recht am Donnerstag in Zürich. Der Anstieg der Verfahren bedeute vielmehr, dass die Täter konsequenter verfolgt würden. In mehr als jedem zweiten angezeigten Fall war ein Hund das Opfer. Dann folgten Nutztiere, Wildtiere und Katzen.
Nach wie vor wird jedoch das Tierschutzgesetz nicht von allen Kantonen gleich konsequent angewendet. Obwohl Übertretungen und Vergehen gegen das Tierschutzgesetz als Offizialdelikte gelten und somit in jedem Fall verfolgt werden müssen, gibt es gemäss Angaben der Stiftung immer noch zahlreiche Kantone, in denen Tierquäler problemlos davonkommen.
Tierschutzvollzug in einigen Kantonen "klar unzureichend"
Negativbeispiele sind Genf, Appenzell Innerrhoden, Nidwalden, Glarus, Uri und der Kanton Wallis. "In diesen Kantonen geht gar nichts", sagte Künzli. Der strafrechtliche Tierschutzvollzug müsse in diesen Kantonen als klar unzureichend bezeichnet werden.
Oft regle der Kantonstierarzt die Angelegenheit direkt mit dem Tierhalter - was natürlich kein Strafverfahren zur Folge habe. Gemäss Künzli gab es auch schon einen Kantonstierarzt, der sich explizit geweigert habe, Anzeigen gegen Tierhalter zu bearbeiten.
Es komme sehr auf die Struktur des Behördenapparates an und darauf, ob die Leute beim Veterinäramt, bei der Polizei und bei der Staatsanwaltschaft Tiere leiden könnten.
Die Stiftung, die seit 2004 alle Tierschutz-Strafverfahren in der Schweiz auswertet, fand in den Fallzahlen 2012 aber auch positive Beispiele: Spitzenreiter ist der Kanton Bern, in dem die Spezialabteilung "Tierdelikte" der Kantonspolizei für eine konsequente Strafverfolgung sorgt.
Auch im Kanton St. Gallen müssen Tierquäler häufig mit einem Verfahren rechnen. Dort ist ein spezialisierter Staatsanwalt vollamtlich für die Verfolgung von Tierschutzverstössen zuständig.
Zürich: Es geht auch ohne Tieranwalt
Auch Zürich gehörte im vergangenen Jahr zu den konsequenten Strafverfolgern, obwohl das Volk Ende 2010 per Abstimmung den landesweit einzigen Tieranwalt abgeschafft hatte.
Die Parteirechte der Tiere werden seither vom kantonalen Veterinäramt wahrgenommen, was sich gemäss Stiftung zu bewähren scheint. Erfreulich sei zudem die Entwicklung in den Kantonen Tessin, Luzern, Graubünden sowie Basel-Stadt und Basel-Landschaft.
Habe man diese Kantone vor einigen Jahren noch kritisiert, sei nun eine deutliche Sensibilisierung zu beobachten, sagte Künzli weiter. In mehreren Fällen hätten personelle Wechsel die positive Entwicklung ausgelöst, in Luzern beispielsweise durch den Einsatz einer neuen Kantonstierärztin.
Die Strafen für Tierquälereien sind nach Ansicht der Stiftung immer noch „erschreckend niedrig“. Die meisten Strafen, die im vergangenen Jahr ausgesprochen wurden, waren Bussen zwischen 250 und 500 Franken. Jemand, der eine Katze mit einer Bratpfanne erschlagen hatte, wurde beispielsweise mit 200 Franken bestraft. "So werden Tierquälereien natürlich bagatellisiert."
Gemäss Strafgesetzbuch können für Übertretungen Bussen von bis zu 20'000 Franken verhängt werden. Für Vergehen, also drastischere Taten, sind Geldstrafen von bis zu 360 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen möglich. Nur 14 Mal wurde laut Stiftung allerdings eine unbedingte Geldstrafe verhängt. Hinter Gitter musste niemand.
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