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So werden Höhlen erforscht

Das einzige schweizerische Höhlenforschungs-Museum befindet sich in Grugnay oberhalb von Chamoson.
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Das einzige schweizerische Höhlenforschungs-Museum befindet sich in Grugnay oberhalb von Chamoson.
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Im Wallis gibt es weit mehr Höhlen als nur den unterirdischen See von St-Léonard. Eine Marmorhöhle im Zwischbergental war lange nur Einheimischen bekannt.

Winzer nutzten das kalte Wasser, um ihren Fendant zu kühlen. Doch erst nachdem Sitten im Jahr 1946 von einem starken Erdbeben erschüttert wurde, konnte die Höhle richtig erforscht werden, weil der Wasserspiegel deutlich gesunken ist. Seither rudern in St-Léonard Jahr für Jahr 75 000 Besucher über den mit rund 6000 Quadratmetern grössten befahrbaren unterirdischen See Europas. Andere Höhlen sind bereits seit Urzeiten bekannt und dienten als Zufluchtsorte. Zu diesen zählt die Grotte aux Fées in St-Maurice, die bereits seit über 100 Jahren auf einer Länge von etwas mehr als 500 Metern für jedermann zugänglich ist.

Einziges Museum der Schweiz

Das Wallis hat jedoch noch weit mehr Höhlen, viele sind noch unerforscht. Einen Einblick in den Alltag von Höhlenforschern bietet das einzige schweizerische Museum für Höhlenforschung in Grugnay oberhalb von Chamoson. So werden die Anzüge gezeigt, welche die Forscher seit Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute getragen haben, und Tiere, die in den Höhlen hausen. Das sind längst nicht nur Fledermäuse. In Slowenien lebt etwa der blasse, reptilienartige Grottenolm ausschliesslich in Höhlen. Herauszuheben ist auch eine Ausrüstung, welche in der Schweiz entwickelt wurde, um in der Dordogne (Frankreich) durch einen mit Wasser gefüllten Siphon von 4200 Meter Länge zu tauchen. «Elf Stunden braucht man, um diese Stelle zu durchtauchen, und für die Dekompression, das heisst das Wiederauftauchen, nochmals 13 Stunden», erklärt Mario Croci, der das Museum in Chamoson betreut. Möglich wird dies mithilfe einer zusätzlichen, sehr grossen Sauerstoffflasche, welche sich der Höhlenforscher ausser auf den Rücken auch noch um den Bauch gebunden hat, dazu drei Lampen, von denen eine selbst im Notfall Licht geben soll.

Einzigartige Marmorhöhle bei Gondo

Trotzdem sei es ungewöhnlich, mit derart grossen Sauerstoffflaschen zu tauchen, erklärt Geologe Philipp Häuselmann. Er gehört zu den wenigen, die Höhlen im Oberwallis erforscht haben. Speziell eine Höhle im Zwischbergental, die nur Einheimischen bekannt und noch namenlos war, sodass Häuselmann sie Camoscella-Höhle nannte. «Genau das macht den Reiz der Höhlenforschung aus», meint Häuselmann. «Die einzigen Orte dieser Welt zu entdecken, wo noch nie zuvor je ein Mensch seinen Fuss gesetzt hat.» Zu den Einheimischen, welche die Höhle bereits kannten, gehört Klaus Jordan, heute wohnhaft in Steffisburg BE. «Mein Vater hat sie schon im Licht einer Kerze betreten, doch war bereits nach 50 Metern Schluss», erzählt er. Als er als Jugendlicher jedoch im Kollegium war, erzählte er Roger Zurbriggen davon, der später Geologie studierte und heute im Kanton Luzern wohnt. Dieser wiederum erzählte seinem Studienkollegen Philipp Häuselmann davon. Zurbriggen erzählt: «Lediglich auf den Plänen, auf denen die Goldminen von Gondo eingezeichnet sind, ist der Eingang der natürlichen Höhle mit einem Kreuz markiert, bei der Schweizerischen Gesellschaft für Höhlenforschung (SGH) wusste man von diesem Bijou, dieser einmalig schönen Marmorhöhle, noch nichts.» Inzwischen sind über 30 Jahre vergangen, seit die drei die Höhle erstmals betreten haben. Häuselmann dagegen forschte weiter. Momentan sei allerdings nach 1600 Metern Schluss – nicht weil die Höhle zu Ende wäre, sondern weil die nötigen Hilfsmittel fehlten. «Um weiter zu kommen, müssten wir eine Bohrmaschine mitnehmen und einen Klettermast einsetzen», erklärt er. Stellenweise wird es in Höhlen so eng, dass man nur robben kann.

Gefahren richtig einschätzen

Bei der Erforschung von Höhlen ist das Ende jedoch spätestens dann erreicht, wenn ein Expeditionsteilnehmer nicht mehr mag, weil vielleicht die Kräfte aufgebraucht sind – immerhin dauern Expeditionen nicht selten tagelang, wobei an geeigneten Stellen in der Höhle Biwaks eingerichtet werden, um zu ruhen und zu schlafen. «Eigenverantwortung wird in der Höhlenforschung grossgeschrieben», betont Häuselmann. Je nach Erfahrung ist diese Grenze sehr individuell, «doch man respektiert es, wenn einer nicht mehr weiterkann.» Die Unfallgefahr würde zu gross, doch gerade diese gilt es tunlichst zu vermeiden. Nicht selten sind Hunderte Retter tagelang beschäftigt, um einen einzigen verunfallten Forscher zu retten. Unfälle, etwa durch herabstürzende Steine, können nie ausgeschlossen werden. Gerade in diesem Juli ist bei Salzburg (Österreich) eine erfahrene Höhlenforscherin von einem Stein tödlich getroffen worden. Auch Häuselmann ist als aktiver Höhlenforscher für Rettungseinsätze ausgebildet, hat auf seinen Touren aber glücklicherweise noch nie einen ernsten, schweren Notfall erlebt.

Christian Zufferey

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